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Skelett

Titel: Skelett Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Forbes
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erklärte sie Paula. »Wenn ich jetzt gehe, sperre ich die Tür hinter mir ab, stecke den Schlüssel in diesen Umschlag und werfe ihn dann durch den Briefschlitz in der Tür. Mehr kann ich nicht tun. Ich hoffe, dass John nichts zugestoßen ist.«
    Als sie aus dem Haus traten, sahen sie, dass Harry Butler an der gegenüberliegenden Hauswand lehnte und so tat, als würde er Zeitung lesen. Newman und Nield kamen mit dem Wagen herangefahren und ließen Butler einsteigen. Tweed fuhr Jenny Oxton ans Ende der Parson Street und drückte ihr, bevor sie ausstieg, noch einen Zehnpfundschein in die Hand. Nachdem er ihre überraschten Dankesbezeugungen verlegen abgewinkt hatte, beobachtete er sie noch eine Weile, wie sie in das Café eilte und sich dort neben einen kräftig gebauten jungen Mann an einen der Tische setzte.
    »Manche Menschen haben ein hartes Leben«, bemerkte Paula.
    »Sie wird schon zurechtkommen«, entgegnete Tweed. »Immerhin ist sie eine waschechte Londonerin. Solche Leute mag ich. Sie sind hundertmal mehr wert als alle Aubrey Greystokes dieser Welt. Tja, heute Nachmittag werden wir wohl nach Wensford fahren, um uns auf die Suche nach diesem Hausboot zu machen.«
     
    Oben im Büro hatte Tweed noch eine Auseinandersetzung mit Newman, der ihn und Paula unbedingt nach Wensford begleiten wollte. Erst ein ausdrücklicher Befehl konnte ihn von seinem Vorhaben abhalten.
    Gegen ein Uhr mittags fuhren Tweed und Paula schließlich die M3 entlang. Als sie an der Gantia-Anlage vorbeikamen, bestand Paula darauf, dass Tweed anhielt und sie ein paar Fotos machen ließ. Während Tweed im Auto auf sie wartete, ertappte er sich dabei, dass er an Lucinda und ihren Abschied in der Tiefgarage dachte. Hätte er doch im Aufzug mit ihr nach oben fahren sollen?, fragte er sich ein wenig wehmütig. Nein, er hatte die richtige Entscheidung getroffen. Oder etwa doch nicht?
    »Worüber grübeln Sie denn nach?«, fragte Paula ihn, als sie wieder ins Auto stieg.
    »Ich musste gerade daran denken, dass ich Jenny Oxton davor hätte warnen sollen, in Jacksons Büro zurückzukehren.«
    »Wie soll sie denn hineinkommen? Sie hat doch den Schlüssel durch den Briefkastenschlitz geworfen.«
    »Ach, stimmt ja. Das habe ich ganz vergessen.«
    »Wirklich?«, sagte Paula mit einem misstrauischen Blick.
    »Das sieht Ihnen aber gar nicht ähnlich.«
     
    Bei Wensford handelte es sich um eine unscheinbare Ortschaft mit Sozialbauten zu beiden Seiten der Straße. Es gab nur wenige Ladengeschäfte. Als sie sich einer alten, steinernen Bogenbrücke näherten, bremste Tweed den Wagen auf Schrittgeschwindigkeit ab, um das Schild davor lesen zu können: RIVER LEY. Sie überquerten den Fluss, und Tweed parkte den Wagen schließlich am anderen Ufer vor einem Gasthof.
    »Na, dann sehen wir uns hier einmal um«, sagte er.
    Hintereinander stiegen sie eine Böschung zu einem schmalen Uferweg hinunter, wo ein bunt bemaltes Hausboot vertäut lag. Eine breite Planke führte hinüber auf das Schiff, an dessen Bug in weißen Buchstaben der Name Mary Lou zu lesen war. Am Fluss war es bis auf das trostlose Krächzen einiger Krähen still. Das Vogelgeschrei schallte aus dem kahlen Geäst der an der Uferböschung stehenden Bäume über das Wasser und rief in Paula ein unbestimmtes Unbehagen hervor.
    »Ich gehe an Bord und sehe mich um«, sagte Tweed. »Sie bleiben hier und halten Wache.«
    »Nein, das werde ich nicht tun«, erwiderte Paula verärgert und stemmte trotzig die Hände in die Hüften. »Wann werden Sie endlich kapieren, dass ich genauso zur Mannschaft gehöre wie Newman, Harry oder Pete.«
    »Na schön, dann kommen Sie eben mit«, brummte Tweed, nachdem er ihr erbostes Gesicht gesehen hatte.
    Vorsichtig ging er über die Planke hinüber auf das Schiff und suchte das Deck nach Fußspuren ab. Dann streifte er sich ein Paar Latexhandschuhe über. Paula folgte seinem Beispiel.
    »Hier geht es hinein«, sagte sie und deutete auf die Tür an der Stirnseite des Kabinenaufbaus.
    Tweed wollte die Tür öffnen, aber sie ließ sich nicht bewegen. Nach näherer Untersuchung entdeckte er, dass jemand sie mit einem Holzkeil fixiert hatte. Auf der Suche nach einem Werkzeug fand er einen an der Wand befestigten Lederköcher, aus dem eine dünne Eisenstange herausragte. Er zog sie heraus. Es handelte sich um eine Harpune, an der ihm sofort die bräunlichen Flecken unten am scharf geschliffenen Haken auffielen. Er sagte Paula nichts davon, sondern machte sich unverzüglich daran,

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