Skin Deep - Nichts geht tiefer als die erste Liebe (German Edition)
schwierige Teil.
Er runzelte die Stirn. »Gerade hierhergezogen?«
»Ja.«
»Und woher stammst du dann?«
Ich stieß einen Seufzer aus. Genauso gut konnte ich gleich gehen. »Nirgendwoher. Wir ziehen rum. Den Winter über bleiben wir hier.«
Er rieb sich das Kinn. »Du bist einer dieser Nichtsesshaften? Ohne festen Wohnsitz?«
Ich nickte.
»Bist du polizeilich bekannt?«
»Nein.«
»Vorstrafen? Irgendwelche Verwarnungen?«
»Nichts von alledem.«
»Also, du sagtest, du hättest ein Boot. Das heißt, du wohnst da drauf?«
»Ja, ich und meine Mutter. Sie macht Schmuck. Gute Sachen, nicht so wertloses Zeug.«
Seine Lippen kräuselten sich nachdenklich. »Du hast ehrlich gesagt, was los ist. Du hättest auch lügen können«, sagte er schließlich.
»Ich lüge nicht.«
»Ich habe zwar keine Hilfe gesucht, doch jetzt, wo du vor mir stehst und mir welche anbietest – ich könnte hier doch gut ein Paar Hände mehr gebrauchen. Die Urlaubssaison ist fast vorbei, und ich kriege bald Boote rein, die komplett überholt werden müssen. Ich könnte noch mehr Hausboote annehmen, wenn ich jemanden hätte, der sich damit auskennt.« Er nickte langsam. »Du siehst nicht aus, als ob du beim Abpumpen des Abwassertanks umkippst oder zusammenbrichst, wenn du mal was Schweres tragen musst.«
Ich schüttelte den Kopf und fragte mich im gleichen Augenblick, ob ich besser nicken sollte.
Trotzdem hatte er mich verstanden. »Einen festen Vertrag kann ich dir nicht geben. Du fängst als Gelegenheitsarbeiter an, und wenn du dich hier beweist, gebe ich dir ein gutes Empfehlungsschreiben mit auf den Weg.«
»Damit bin ich einverstanden.«
»Höflich genug bist du auch. Ich könnte dich samstags im Laden gebrauchen. Wir haben ziemlich viel Laufkundschaft am Wochenende. Kann ich dir die Kasse anvertrauen?«
Ich biss die Zähne zusammen. »Ja, das können Sie.«
Er schmunzelte. »Wie ich sehe, kannst du dich auch gut beherrschen. Das ist wichtig im Umgang mit Kunden, vor allem mit einigen dieser eingebildeten Saukerle, mit denen du hier zu tun hast. Nur die Ruhe, Junge. Ich bin nicht blöd. Ich kann Ärger sozusagen riechen. Und bei dir rieche ich nichts. Du kannst es bei mir versuchen, wenn du willst. Es tut gut, jemanden in deinem Alter zu sehen, der den Arsch hochkriegt und arbeiten will.« Er streckte mir die Hand hin. »Ich heiße Pete und das da drüben ist Bill.«
Ein Grinsen stahl sich auf mein Gesicht, als ich ihm die Hand schüttelte. »Ryan. Und vielen Dank auch!«
Mein erster Job. Mann!
7_Jenna
Am Montagmorgen warteten Charlie und ich an der Kreuzung am Rand des Dorfes auf den Schulbus. Als er auftauchte, stupste Charlie mich mit dem Ellbogen an.
»Was ist?«
»Kannst du im Bus auf meinen Koffer aufpassen?«
Sein Trompetenkoffer – er hatte heute Unterricht. Mum und Dad wollten, dass er ein Instrument lernte, also hatte er sich das Allerlauteste ausgesucht. »Was kriege ich dafür?«
Er grinste mich an. Seine blonden Locken waren mit Gel an den Kopf geklatscht, weil Mum ihm nicht erlaubte, sich die Haare so kurz schneiden zu lassen, dass sie ganz verschwanden. »Heute Abend übe ich erst, wenn du aus dem Haus bist und die Ponys fütterst.«
»Das ist ein Deal.« Charlie war nicht gerade ein Naturtalent. Wenn er übte, hatten wir alle zu leiden.
Der Bus fuhr vor, und Charlie ließ mich stehen, um sich zu seinen Freunden zu gesellen. Ich suchte mir vorn einen Fensterplatz und stellte meine Tasche und Charlies Trompetenkoffer neben mich, damit sich dort niemand hinsetzen konnte. Dann zog ich ein Buch hervor. Jetzt, wo ich nicht mehr mit Lindz quatschen konnte, las ich immer. Die Fahrt von Strenton zur Schule dauerte fünfundvierzig Minuten, der Bus schlängelte sich über schmale Landstraßen, um die Schüler in Whitmere und all den anderen Käffern aufzusammeln. Ab und zu schaute ich aus dem Fenster und kontrollierte, wo wir waren, doch ansonsten hielt ich den Kopf gesenkt.
Nachdem er ausgestiegen war, schenkte mir Charlie nicht mehr Aufmerksamkeit als im Bus. Er schnappte sich im Vorbeigehen seine Trompete. Zu Hause konnte man mit seiner großen Schwester prima spielen, doch wenn Kinder aus seiner Klasse dabei waren, beachtete er mich nicht. Die Grundschule befand sich in einem Extragebäude, und er rannte mit seinen Freunden los, um auf dem Hof dort noch ein bisschen Fußball zu spielen, bevor es läutete. Ich ging direkt zum Raum mit den Spinden der Mädchen. Lärm schlug mir entgegen, als ich hineinging,
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