Skin Game: Gefährliche Berührung (German Edition)
Steuer zu sitzen, das gab keine gute Mischung ab. Sie sah sich um, was sie für fünfundvierzig Dollar bekommen hatte. Das Zimmer war schäbig, aber wirkte ziemlich sauber, solange man nicht allzu genau hinschaute. Sie registrierte dankbar, dass eine winzige Kaffeemaschine in dem winzigen Bad stand, denn darin konnte sie sich Wasser für eine Suppe heiß machen. Vorher untersuchte sie jedoch, ob das Teil nicht etwa zum Meth-Kochen benutzt worden war. Doch es war nur staubig, nicht rostig. Also füllte sie Wasser in die Kanne und goss es in den Behälter, schaute in den Filter, spülte ihn aus und schaltete das Gerät ein, das sofort zu fauchen begann.
Während sie sich die Kleidung für den nächsten Morgen herauslegte, prasselten die ersten Tropfen auf das Dach. Kyra unterdrückte ein Schaudern. Regen hatte in ihrem Leben noch nie etwas Gutes bedeutet. In Vegas regnete es selten, aber in jener Augustnacht, in der sie ihren Vater in einer Seitengasse am Strip gefunden hatte, hingeworfen wie einen Sack Müll, da hatte es gegossen.
Mit zitternden Fingern machte sie die Fertigsuppe auf. Sie wollte nicht an damals denken. Das brachte ihr nur Albträume. Es gab nichts mehr, was sie tun konnte. Sie hatte den Mord auf die einzige Weise gerächt, die ihr möglich war, und dennoch keinen Frieden gefunden. Sein regennasses, böse zugerichtetes Gesicht tauchte noch immer in ihren Träumen auf wie eine Leiche, die in einem nachtschwarzen Fluss an die Oberfläche trieb.
»Wer war das?«, hatte sie damals flüsternd gefragt. »Serrano.« Seine Antwort war keuchend gekommen. »Aber hör mir zu, Kleines. Halt dich von ihm fern. Versprich mir das – « Doch er hatte ihr kein Versprechen mehr abringen können. Er war gestorben.
Sie erinnerte sich glasklar an das Gefühl von damals, als sie neben ihm gekniet hatte, in dem Regen, der ein solcher Gegensatz zu der großen Hitze gewesen war. Um sie herum hatten Neonlichter mit kirre machender Regelmäßigkeit geblinkt. Wenn sie die Augen schloss, sah sie noch jede Einzelheit vor sich.
Mühsam schob sie die Erinnerung beiseite. Sie musste jetzt etwas essen, sonst würde ihr schlecht werden. Seit dieses sonderbare Talent in ihr zutage getreten war, lief ihr Stoffwechsel auf Hochtouren, als verbrauchte das, was sie tat, besonders viel Energie. Irgendwie einleuchtend, fand sie. Nicht, dass sie deswegen einen Arzt befragt hätte, sie war seit Jahren in keiner Praxis gewesen.
Kyra nahm die Kanne und goss Wasser über die Nudeln. Echt glamourös. Aber am Morgen würde die Welt schon besser aussehen. So war es immer.
Es war kurz vor drei Uhr früh, als Reyes auf den Parkplatz einbog. Den Marquis sah er sofort, hatte sein Ziel also wieder im Visier. Er wäre allerdings nicht überrascht gewesen, wenn sie den Sender entdeckt und an ein anderes Auto geheftet hätte.
Der Auftrag wäre dadurch erheblich verkompliziert worden, denn es hätte bedeutet, dass sie ihn durchschaute und er ihr die Information nicht mehr abschwatzen konnte. In dem Fall hätte er sie nötigen, ihr Schmerzen zufügen müssen.
Das Ortungsgerät erleichterte ihm die Arbeit; doch jetzt musste er sich überlegen, warum sie ihm aus freien Stücken einen Platz in ihrem alltäglichen Leben geben sollte. Ein Mal hatte er sich aufgedrängt und sie war ihn anschließend losgeworden, trotz des heißen Sex. Vermutlich lief das bei ihr immer so. Er bezweifelte, dass sie noch einen Gedanken an ihn verschwendet hatte, seit sie abgehauen war.
Ein anderer Mann hätte sich vielleicht erniedrigt gefühlt, er aber nahm das lediglich als Herausforderung, als ein Problem, das es zu lösen galt. Offenbar hatte sie mehr drauf als gedacht und war nicht bloß eine hübsche Kleine, die es aufs Geld abgesehen hatte. Er war von Foster gewarnt worden, sie habe verborgene Tiefen und sei überaus gefährlich. Wie es aussah, hatte sie ihren Vater umgebracht, um dessen Beute an sich zu bringen; Reyes war an dem Grab gewesen.
Vielleicht hätte er lieber nicht mit so einem üblen Miststück schlafen sollen, aber er war davon ausgegangen, er könnte auf diese Weise an sie herankommen. Frauen, die sich nicht emotional manipulieren ließen, waren manchmal mit Sex zu ködern. Ihr geräuschloser Abgang hatte gezeigt, dass sie nicht zu dieser Sorte gehörte. Und das machte die Sache verflixt schwierig, schließlich musste er etwas aus ihr herauskriegen, bevor er den Auftrag zu Ende brachte.
Im Moment brauchte er jedoch zunächst ein Zimmer. Sie wusste
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