Skinchanger: Wildes Blut - Winter, P: Skinchanger: Wildes Blut
danach.
„Ich kann nicht. Ich habe so viel Unsinn in meiner Jugend verzapft, bin mehrmals im Knast gelandet und hab mich selbst oft in Gefahr gebracht. Aber dich zu verletzen und dir dein Leben zu stehlen, das kann ich mir nicht verzeihen.“
Devin dachte über ihr bisheriges Leben nach, bevor das alles geschehen war. Sie hob Reece’ Kinn mit den Fingerspitzen an.
„Sieh mich an.“
Er zögerte, kam der Bitte jedoch nach und erwiderte ihren Blick.
„Du hast mir nichts gestohlen. Ich habe in einer Bikerbar gearbeitet und in dem Haus meines Bruders gewohnt, den ich nicht mehr kenne. Ich wusste nichts mit mir anzufangen, und ohne dich hätte ich Jackson nie kennengelernt. Die Dinge geschehen aus bestimmten Gründen. Das alles wirkt noch immer wie ein nicht enden wollender Traum.“
Er schnaubte kalt.
„Ein Alptraum, ja.“
„Nein, kein Alptraum. Skinchanger! Wolfsmenschen! Infizierte! Ich bin als Mensch geboren, schwächer und unwissender als ihr. Jetzt bin ich selbst ein Skinchanger. Ich kann die Wölfin in mir spüren, hier im Clan nochdeutlicher als dort draußen. Da ist eine Kraft in mir, ein altes Wissen, das ich nicht erklären kann.“
„Das nennt man Instinkt.“
Sie nickte mit einem leichten Lächeln.
„Hör auf, dich selbst zu quälen. Es gibt nichts zu verzeihen, denn es gab nichts davor. Du hast mir ein Leben geschenkt, etwas Wertvolles und Bedeutendes.“
Sie erhob sich und blieb am Fenster stehen. Draußen waren die Clanmitglieder mit den Vorbereitungen beschäftigt.
„Als ich dieses Gut betreten habe, ist ein Ruck durch mich gegangen. Seit ich hier bin, fühle ich mich anders, und ich spüre, dass ich dazugehöre.“
Devin wandte ihm ihr Gesicht zu.
„Es fühlt sich an wie ein Zuhause, Reece. Selbst in diesem verdammten Käfig habe ich die Verbindung gespürt. Anfangs habe ich mich dagegen gewehrt, aus Angst vor heute Nacht. Es ist dumm, sich davor zu fürchten, was man nicht weiß. Egal was geschehen wird, es hat seinen Sinn und seinen Grund.“
„Selbst wenn es deinen Tod bedeutet?“
Sie sah wieder zum Fenster hinaus und schwieg. Selbst wenn es für sie hieße, heute Nacht sterben zu müssen. Alles schien zu passen, an seinen Platz zu fallen, als wäre es vorherbestimmt. Sie fürchtete mehr um Jacksons Seelenheil, seinen Vater töten zu müssen, als um ihr eigenes Leben. Reece stand auf und klopfte auf eine schmale Schachtel auf dem kleinen Beistelltisch.
„Die Lupa hat dir das geschickt. Du sollst es heute Nacht zur Zeremonie tragen. Wenn du hungrig bist, das Mädchen unten in der Küche kann dir etwas bringen.“
Er klang nüchtern, und sie spürte, dass ihre Besänftigung gegen seine Selbstzweifel nicht angekommen war. Devin überbrückte die Distanz zwischen ihnen und griff nach seinem Unterarm.
„Bitte, Reece. Du musst mir noch so viel beibringen, und wenn es dir hilft, dann verzeih ich dir. Es gibt keinen Grund, dass du dich selbst bestrafst. Hätte ich die Wahl gehabt, dann hätte ich mich hierfür entschieden.“
Reece berührte zärtlich ihre Wange.
„Es gibt nie eine Wahl.“
Freudlos zuckte er mit den Schultern und zog seinen Arm zurück.
„Das ist das Problem.“
Diesmal wich er ihrem Versuch, ihn zurückzuhalten aus, und verließ den Raum. Devin seufzte geschlagen und musste sich eingestehen, dass er recht behielt. Nur Unbeherrschtheit gegenüber dem inneren Tier infizierteMenschen wie sie. Es gab niemals eine freiwillige Entscheidung, und es war stets ein Wunder, wenn ein Mensch die Attacke überlebte. Wie zufällig berührte sie die verheilte Narbe an ihrem Oberschenkel, betastete die kleinen Erhebungen. Die Betriebsamkeit auf dem Gut riss sie aus ihren dunklen Gedanken. Devin öffnete die Schachtel auf dem Tisch und zog das Seidenpapier beiseite. Der Stoff war dünn und weich fließend. Sie hielt die Tunika mit ein wenig Abstand vor sich. Das Kleid war kurz geschnitten und schien sehr alt. Das weiße Gewebe würde ihre Haut durchscheinen lassen und kaum etwas von ihrem Körper verbergen. Ein weiterer Blick durch das Fenster nach unten zeigte bereits einige Frauen des Clans in ähnlichen Gewändern. Die rituelle Kleidung schien praktisch, denn sie ließ sich leicht ausziehen. Zwei Spangen hielten die Träger auf den Schultern, und wenn man sie öffnete, fiel der zarte Stoff sofort hinab. Für eine Weile saß Devin auf dem Sessel, das Kleid auf den Schenkeln und den Blick ins Leere gerichtet. Als sich die Zimmertür öffnete, glitt ein Lächeln
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