Skinwalker 01. Feindesland
Fleischplatten, legte ein Eckchen Käse und eine Erdbeere dazu, damit es hübscher aussah, und überlegte, was ich als Nächstes tun sollte. Wie feierte man es, wenn man nicht gefressen worden war? Vielleicht konnte ich mir alle anwesenden Vamps einzeln vorknöpfen und sie fragen, ob sie irgendwelche Rogues kannten. Ein adrenalingeschwängertes Kichern sprudelte meine Kehle hoch. Es klang wie ein ängstliches Hiiiii . Der Kellner hinter den Fleischplatten warf mir einen schiefen Blick zu. Ich stopfte mir ein Stück Spanferkel in den Mund und sagte kauend: »Mein Blutzuckerspiegel ist zu niedrig .« Woraufhin er ein Zuckergusstörtchen auf meinen Teller legte.
Immer noch ein wenig zittrig, nahm ich meinen Teller und machte mich daran, das Haus zu besichtigen. Anders als während meines Ausflugs in den Garden District war ich hier ein geladener Gast. Ich fand, das gab mir das Recht, mich nach Belieben umzusehen. Das half mir vielleicht nicht dabei, den Rogue zur Strecke zu bringen, aber bei künftigen Aufträgen und Vertragsverhandlungen mochte es hilfreich sein, zu wissen, wie die Reichen und Nächtlichen lebten.
An den Empfangsraum schloss sich zur Rechten eine Küche in der Größe eines Restaurants an. Dort traf ich auf zwei Köche mit weißen Kochmützen und mindestens ein Dutzend Kellner, die eilig kamen und gingen. Hinter der Küche befanden sich die Speisekammer, die Wäschekammer und ein Korridor. Der führte zum Garten und zu einer Garage für mindestens fünf Autos, die von der Vorderseite aus nicht zu sehen gewesen war. Darin standen mehrere teure Vehikel: Die Limousine, die uns hergebracht hatte, ein alter, kastenförmiger Mercedes, ein Chevy aus den Fünfzigern, komplett restauriert, ein alter Ford aus den Anfängen des Automobilbaus – vielleicht ein Modell T? Mit Oldtimern kannte ich mich nicht so aus. Aber Leo hatte einen Porsche Boxter in Ochsenblutrot, der mir ein Lächeln entlockte. Der Anblick des Porsche half mir, mich endlich zu entspannen. Und das Protein. Das Spanferkel war das beste, dass ich je gegessen hatte.
Hinter der Eingangshalle stieß ich auf einen kurzen Flur und eine verschlossene Tür. Dahinter schien es noch ein gutes Stück weiterzugehen. Leos Privatgemächer? Unter der Schwelle hervor drang die Witterung frischen menschlichen Blutes von mehreren Personen, und Beasts Nackenhaare stellten sich auf. Aber ich roch keine Angst in dem Blut. Neugierig blieb ich im Schatten stehen und wartete eine Weile.
Nach kurzer Zeit verließen zwei Vamps das Zimmer, ein Mann und eine Frau. Sie rochen nach frischem Blut und Sex. Sie verschlossen weder die Tür, noch nahmen sie meine Witterung wahr oder drehten sich zu mir um. Schnell hielt ich die Tür fest, bevor sie zufallen konnte, und warf einen Blick hinein. Es war eine Suite mit einem großen Bett, Sofas, Liegesesseln, einem riesigen Fernsehbildschirm und mehreren Menschen in verschiedenen Stadien des Unbekleidetseins. Zwei schmiegten sich an einen weiblichen Vamp, die abwechselnd an ihnen saugte. Ich verstand. Ich hatte die Blutbar gefunden. Hierher kamen die Vamps zum Hors d’ œ uvre. Und inzwischen wusste ich auch, wie ich die Blutspender nennen sollte. Blut-Junkies. Bäh.
Ohne Aufhebens ließ ich die Tür zufallen. Schließlich war keiner der Menschen gefesselt, zeigte Anzeichen von körperlicher Misshandlung – bei den Bissspuren drückte ich mal ein Auge zu – oder wirkte, als stünde er unter Drogen. Na ja, abgesehen von dem Rausch, den es ihnen brachte, wenn ein Vamp an ihnen saugte. Ich ging weiter. Zügig. Zurück in den Empfangsraum und zu einem weiteren Teller voll mit frischem Spanferkel und Lachs. Dieses Mal dekorierte ich ihm mit einem Cracker und drei Weintrauben und schlenderte weiter.
Ein weiblicher Vamp ohne Begleitung blieb stehen, als sie mich roch. Sie lächelte. Ein Versuch, menschlich zu wirken und mich zu entwaffnen. Mit Erfolg. Neugierig blieb ich stehen. Wartete ab. Als ich nichts sagte, beugte sie sich näher, so nah, dass es mir unangenehm wurde. Ich spannte mich an, aber ihre Fangzähne blieben, wo sie hingehörten. Sie schnüffelte nur an meinem Nacken. Also reagierte ich nicht. Nicht sehr.
Sie trat zurück und legte den Kopf schräg. »Ich bin Bettina, die Blutmeisterin des Rousseau-Clans .« Ich nickte, aber mir fiel keine passende Antwort ein. Es hatte mir die Sprache verschlagen. Wieder stieg ein Kichern in meiner Kehle auf. Rousseau war eine schöne Frau gemischter, vor allem wohl afrikanischer
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