Skinwalker 01. Feindesland
sehr schnell, aber ich war nicht daran gewöhnt und wollte nicht schon angeschickert bei der Party erscheinen. Auf dem Weg zeigte Bruiser mir etliche Hotels und Geschäfte, die Vamps belieferten, sowie die Privatresidenzen der Reichen und Nächtlichen. Ich nickte viel, sagte wenig und versuchte mir den Weg zu merken, falls ich allein zurückfinden musste.
Bruiser fragte mich, wie ich zu meinem Job gekommen war. Ich murmelte etwas von Sicherheitsdienst und dass eines zum anderen geführt hatte. Er fragte mich nach meinem Kleid. Ich sagte ihm, wo ich es gekauft hatte – Ross Dress for Less . Als er lachte, beschloss ich, ihm nicht zu verraten, wie viel es gekostet hatte: zwanzig Dollar im Ausverkauf. Ich fühlte mich unbehaglich. Diese Art von Small Talk lag mir nicht. Letztlich fiel mir nichts anderes ein, als ihm dieselben Fragen zu stellen, natürlich bis auf die nach dem Kleid. »Wo findet die Party eigentlich statt ?« , fragte ich nach einer längeren Gesprächspause.
»Im Clansitz der Pellissiers. Heute werden die beiden neuen Mitglieder von Leos Blutfamilie der Öffentlichkeit vorgestellt. Das könnte interessant für Sie sein .«
»Neue Vamps ?« Meine Neugier war geweckt und mein Interesse ebenfalls. »Neu wie ›dies ist das erste Mal, dass sie von der Kette gelassen werden‹?«
Amüsiert von meiner vorsätzlichen Taktlosigkeit hob Bruiser eine Braue, und ich fühlte mich sofort besser, was die Art unseres Gesprächs betraf. »Ich rate Ihnen dringend, das Wort ›Vamps‹ nicht zu benutzen. Im Übrigen ist Leo nicht die Art von Erzeuger, der seine Geschöpfe in Ketten hält. Aber ja, dies ist das erste Mal, dass sie sich frei unter Menschen bewegen. Hatten Sie Gelegenheit, einen Blick in den Hefter zu werfen, den Katie Ihnen gegeben hat? Haben Sie die Fotos der Blutmeister der Clans gesehen ?«
Als ich nickte, zog er einen ganz ähnlichen schmalen Hefter aus einem Seitenfach in der Wagentür und öffnete ihn. »Dies ist Amitee Marchand « , er zeigte auf das Bild einer bezaubernden Frau mit dunklem Haar und dunklen Augen, einer Haut wie Alabaster und einem Schwanenhals wie der einer Ballerina. »Ihr Bruder Fernand .« Er deutete auf das Foto eines dunkelhaarigen Mannes. Ich erkannte die Familienähnlichkeit, obwohl die Frau elegant und ihr Bruder bloß blasiert wirkte. »Miss Marchand ist Leos Sohn Immanuel als Braut versprochen « , sagte er und zeigte auf das Digitalfoto eines Vamps.
Ich horchte auf, auch wegen des Vornamens. Dann rückte ich ein Stück näher, um die Fotos besser sehen zu können. Leos Sohn, was immer das heißen mochte, hatte kurzes, aschblondes Haar und ein Gesicht wie gemeißelt. Sein Lächeln war ansteckend, selbst auf dem Foto. »Ich will ja nicht gehässig sein « , sagte ich, »aber meinen Sie Sohn wie Blutsohn und Braut wie Frankensteins Braut ?«
Bruiser lachte. »Immanuel ist Leos leiblicher Sohn. Er wurde gewandelt, als er vor einigen Jahren die Volljährigkeit erlangte .«
Vor einigen Jahren – das konnten ebenso gut Jahrzehnte oder Jahrhunderte sein. Außer dem Kinn und der Nase hatte der jugendliche Mann wenig von Leo. Ich wäre niemals darauf gekommen, dass sie blutsverwandt waren. »Ich wusste gar nicht, dass Vamps Kinder zeugen können « , sagte ich interessiert. »Ich dachte, das Sperma und die Eier sterben ab, wenn jemand zum Vamp gewandelt wird .«
Doch Bruiser war jetzt in Schwung gekommen und nicht gewillt, auf meine Wissbegier einzugehen. »Immanuel hat seine Braut in Europa kennengelernt. Daraufhin wurde die Hochzeit arrangiert. Und bitte sagen Sie auf der Party nicht so etwas wie ›Frankensteins Braut‹. Ich möchte mich ungern Ihretwegen duellieren müssen .«
Meinte er das ernst oder nicht? Ich stellte mir Bruiser vor, wie er mit einem Florett oder Pistolen in der Hand zwanzig Schritte Maß nahm. »Ich ziehe Sie nur auf « , räumte ich ein. »Eine arrangierte Hochzeit ?«
»Das ist nicht unüblich in Familien, die so alt und einflussreich sind wie die Pellissiers. Die Marchands sind dem Rochefort-Clan im Süden Frankreichs seit zwei Jahrhunderten als Blutdiener verbunden. Der Zusammenschluss der beiden Familien eröffnet dem Pellissier-Clan neue Geschäftsmöglichkeiten und stärkt die bereits bestehenden Bluts- und Geschäftsverbindungen .«
»Wenn das Mädchen zum Rochefort-Clan gehört, warum haben die sie dann nicht gewandelt ?« Ich wollte so viele Infos wie möglich aus ihm herausholen, solange er so bereitwillig Auskunft gab. Und mir
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