Skinwalker 01. Feindesland
Arm fallen, um ihn dann wieder zu heben, damit ich zweimal eine einfache Drehung machte, sofort gefolgt von einer zweifachen Drehung. Dann hatten wir unseren Rhythmus gefunden, und es wurde heiß. Der Mann konnte tanzen! Halb wirkte es wie Verführung, halb wie Wettstreit – als würde er mich in sein Bett einladen und gleichzeitig meine Fußarbeit, meine Reflexe und meine Fähigkeit testen, mit seiner außergewöhnlichen Schnelligkeit mitzuhalten, die er dem Vampblut verdankte. Unsere Blicke trafen sich. Ich sah in seine braunen Augen und ließ mich von ihm führen. Verführungspheromone, seine und meine, füllten die Luft. Ich wollte mit den Fingern durch sein dunkles Haar fahren und vielleicht den kleinen Leberfleck berühren. Mit den Lippen.
Die Musik schwoll an. Schneller, schneller, schneller – Beast hatte die Kontrolle über meine Reflexe, was Bruiser viel über mich verriet. Doch das war mir egal. Die Lautstärke stieg an, sank wieder, und das Tempo wurde langsamer. Ich geriet kurz ins Stolpern, nicht, weil ich die Schrittfolge nicht kannte, sondern weil ich nicht daran gewöhnt war, wie er mich führte. Mir tief in die Augen sehend, ließ Bruiser seine Hand über meine Seite zu meiner Hüfte gleiten. Dann riss er mich an sich – ein Tangoschritt, den ich seit dem Tanzkurs nicht mehr getanzt hatte.
Die Musik erstarb. Wir standen in perfekter Position, Brust an Brust, schwer atmend. In die Stille hinein klatschte jemand einmal in die Hände. Dann noch einmal. Bruiser trat einen Schritt zurück, schneller als eben während des Tanzes. Meine Hände hingen in der Luft. Ich drehte mich zur Tür.
Dort stand Leo. Hinter ihm fiel die Tür ins Schloss. Sein Blick war auf Bruiser gerichtet. Spannung lag in der Luft. Herausforderung. Wut. Beast grollte. Vamp und Mann wandten sich mir zu. Ich spürte, wie Beasts Fell sich erwartungsvoll unter meiner Haut bewegte, und lachte auf. Es klang grausam und ein wenig wild. »Bruiser ist gut. Sind Sie besser ?« Ich/wir forderten das Raubtier heraus.
Die Luft knisterte vor Wut, Gereiztheit, Aggression und Alpha-Pheromonen. Der Geruch von Gewalt war verlockend. Für einen Augenblick glaubte ich, dass die beiden Männer die Beherrschung verlieren würden, doch dann holte Leo einmal tief Luft, musterte mich, und auf einmal roch er nicht mehr nach Missbilligung, sondern nach Erstaunen, Neugierde und … Verlangen. Ich spürte eine gespannte Erwartung, so stark wie die von Beast. Sie kam von Leo. Bei Bruiser nahm ich einen Hauch von Bedauern, vielleicht Enttäuschung wahr, aber das wurde überschattet von der Ungeduld seines Meisters.
Das nächste Stück begann, eine weiche, sexy Rumba. Die Rumba ist langsamer und formeller als Salsa. Leo kam auf mich zu, als tanzte er bereits. Lang, kurz, kurz, lang, kurz, kurz. Die Schrittfolge der Rumba. Er ergriff meine Hände, legte eine auf seine Schulter und begann mit der Achteldrehung des Grundschritts. Als die Musik lauter wurde, ließ er eine schnellere Vierteldrehung folgen und dann eine Serie von Drehungen und Dips. Jedes Mal zog er mich näher an sich, bis uns nur noch Millimeter trennten. Er führte mich in eine schwierige Cucaracha-Schrittfolge, die ich bisher nur mit meinem Tanzlehrer getanzt hatte, aber er war gut, viel besser als Raul, und bewegte sich mit einer solchen Sicherheit, dass es ein Hochgenuss war, sich von ihm führen zu lassen. Wir endeten mit einer schnellen, gedrehten Brezel mit einem Dip. Als ich mich mit dem Rücken über seinen Oberschenkel bog, bohrten sich seine Augen in meine – das Raubtier und seine Beute.
Beast sprang hoch und stieß ihn zurück. Ihr Grollen verlor sich im Applaus. Schwer atmend sahen wir uns in die Augen. Ich war mir vage bewusst, dass Vamps in der Tür standen und klatschten. Jubelten. Und dann wandelte sich Leo.
Seine Augen wurden blutrot, seine Pupillen weiteten sich. Die Fangzähne fuhren aus. Und er knurrte Beast an. Die Gruppe in der Tür verstummte mit einem Schlag und wurde unheimlich still, wie immer, wenn Vamps Gewalt witterten. Plötzlich drängte sich Bruiser zwischen uns, nahm erst Leos Hand, dann meine, zwang uns, die Arme zu heben wie Schauspieler nach einer Aufführung. Seltsamerweise und völlig unerwartet lösten Leo und ich die Blicke voneinander und überließen Bruiser die Regie. Er verbeugte sich tief und zog uns mit hinunter.
»Mithraner, darf ich vorstellen: Leo Pellissier und seine … menschliche Tanzpartnerin, Jane Yellowrock .« Die Pause vor
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