Skinwalker: Fluch des Blutes (German Edition)
noch von ihren Erinnerungen bleibt.«
»Und nach fünfzig Jahren werden sie alle vernichtet?«
Bruiser zögerte. Er wirkte distanziert, verschlossen, so als würde er aus einem Korb voller Geschichten, Klatsch und Mythen auswählen, was er an mich weitergeben durfte. Mir wäre es lieber gewesen, wenn er mit dem Stuhl gekippelt oder mit den Fingern auf den Tisch getrommelt hätte. Oder irgend so etwas. Aber er war so reglos wie Leo, nur, dass er noch atmete und sein Herz noch schlug. »Es gibt Gerüchte, dass manche Geschöpfe, vor allem geliebte Menschen, länger behalten werden. Doch es gibt keine Beweise dafür.«
»Wenn also einer der Lang-Angeketteten, der, sagen wir mal, sehr viel länger als fünfzig Jahre am Leben gelassen wurde, schließlich doch wieder gesund wird, kennt er vielleicht noch die alten Methoden des ersten Meisters. Und hat vielleicht wieder mit den Experimenten angefangen. Das könnte der Grund sein, warum Sabina niemanden gerochen hat, den sie kannte, weil es nämlich ein alter Rousseau war.« Als ich Bruisers verwirrten Blick sah, erzählte ich ihm von den Grabstätten und den Kreuzen, von LeShawn und den entführten Hexenkindern. Und dass die Priesterin sich sicher war, dass ein Hexenkind an der Stätte gestorben war.
Als ich alles erzählt hatte, sagte Bruiser: »Es geht ein Gerücht um, dass Renée Damours aus dem Rousseau-Clan vor der Säuberung zu Verstand kam und ihr Bruder Tristan nicht lange danach. Ihre Kinder hatten nicht so viel Glück.« Bruiser musste meine Reaktion bemerkt haben. »Ja, Tristan war ihr Bruder und ihr Ehemann. Das Zuchtprogramm betraf nicht nur die Sklaven ihres Meisters. Den Gerüchten zufolge sind zwei ihrer Kinder und ein weiterer Bruder noch am Leben und irgendwo unter den Lang-Angeketteten zu finden.«
»Diese Kinder, wie alt wären sie heute?«
Bruiser zeigte die Zähne und grüßte mit seiner Kaffeetasse. »Ungefähr dreihundert Jahre – plus/minus ein paar Jahrzehnte.«
Wieder in der Stadt, machte ich zu Hause Halt und rief Jodi Richoux an. »Was ist, Yellowrock?«, meldete sie sich. »Ich wate gerade knietief in Blut.«
Das hörte sich an wie einer von meinen schlimmsten Tagen, doch mein Mitleid hielt sich in Grenzen. Ich brachte sie auf den neuesten Stand. Sie stritt es nicht ab, als ich behauptete, sie habe in den Fällen der verschwundenen Hexenkinder nach dem Tod ihrer Tante weiterermittelt. »Ich muss noch einmal in den Raum mit den Hokuspokus-Akten und habe im Tausch sachdienliche Informationen anzubieten«, sagte ich. »Der Clansitz der Rousseaus ist verlassen, die Tür steht auf, und es sieht so aus, als habe dort ein Kampf stattgefunden. George Dumas sagt, die Alarmanlage wurde um zwei Uhr morgens abgeschaltet. Es braut sich ein Vampkrieg zusammen – damit muss es etwas zu tun haben.«
Jodi fluchte. »Vermutlich hätte ich nie etwas davon erfahren. Ich arbeite an einem Gang-Mord im Warehouse District. Die Crips haben ein paar MS -13-Anführer und zwei Vamps niedergemetzelt, das hängt vielleicht irgendwie mit deinem Vampkrieg zusammen. Zu dem Hokuspokus-Raum hast du jederzeit Zutritt. Aber sei um fünf Uhr da, ich will dich bei einer Besprechung dabeihaben.« Sie legte grußlos auf.
Ich seufzte. Südstaatler waren doch eigentlich bekannt für ihre Höflichkeit. Bisher konnte ich das nicht bestätigen. Als Rick mich zurückrief, bat ich ihn, noch einmal einen Blick in die Vampakten werfen zu dürfen. Ich musste wissen, was sonst noch darin über die Rousseaus zu finden war. Als er mich nach dem Grund fragte, erzählte ich ihm dieselbe Leier wie Jodi. Er sagte, ich könne kommen, und versprach mir freien Zugang. Ich Glückspilz. Ohne mir Zeit für eine Dusche oder ein Nickerchen zu nehmen, packte ich ein paar Sachen zusammen, die ich vielleicht brauchen würde, schwang mich auf das Bike und machte mich auf den Weg ins NOPD . Beinahe wäre ich am Lenkrad eingedöst. Doch schlafen konnte ich später. Wenn die Kinder in Sicherheit waren.
»Wie wäre es, wenn Sie mir dieses Mal einfach die Schlüssel daließen? Oder einen Stuhl in die Tür stellten?« Ich gab einem der kleinen Plastikstühle einen Stoß, der kreischend über die stumpfen Fliesen schabte.
Rick lächelte und lehnte sich mit der Schulter in den Türrahmen, sodass er mir den einzigen Ausgang versperrte, verschränkte die Arme und schenkte mir sein bestes Bad-Boy-Grinsen. Wenn ich mir nicht solche Sorgen um die Welpen gemacht hätte – die Kinder, meine Güte –, hätte ich
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