Skinwalker: Fluch des Blutes (German Edition)
es vielleicht sogar zu schätzen gewusst. Ich blies mir die Haare aus dem Gesicht und stemmte die Fäuste in die Hüften. »Was ist?«
»Wie lange haben Sie nicht geschlafen? Sie sehen sch … sehr müde aus.«
»Oh, vielen Dank auch. Sie verstehen es, einer Frau Komplimente zu machen. Jetzt fühle ich mich doch gleich viel hübscher.«
»Hübsch? Nein, hübsch sind Sie nicht. Interessant, ja. Faszinierend. Hübsch, das klingt zu … « Er legte das Gesicht in nachdenkliche Falten und blickte hinauf zu den ausgeblichenen Kacheln an der Decke. »Zu weich für Sie.«
Plötzlich wich die ganze Wut, die meinen Körper statt Schlaf am laufen gehalten hatte, in einem einzigen gewaltigen zornigen Seufzer aus mir. Und weil außer der Wut nichts da war, was mir Halt und Stärke gegeben hätte, brach ich in Tränen aus.
Als ich schließlich wieder zu Atem kam, saß ich an Rick gelehnt auf dem Tisch, das Gesicht an seiner Brust. Meine Tränen hatten sein Hemd bis auf die Haut durchnässt. Es roch wunderbar. Leicht nach Hemdstärke, Aftershave, Seife, Waffenöl und Mann. Ich packte seine Jacke fester, wollte ihn nicht loslassen. Es war dumm und schwach und … Aber ich fühlte mich sicher, zum ersten Mal seit … seit Langem. Seine Hände beschrieben große Kreise auf meinem Rücken und meinen Schultern, massierten mich durch den T-Shirt-Stoff hindurch. Ich legte das Gesicht an seine Schulter, damit ich nicht zu ihm hochblicken musste. Damit er mich nicht sah. Ich sah hässlich aus, wenn ich weinte. Rote Nase, geschwollene Augen, bäh.
»Tut mir leid.« Meine Stimme war heiser vom Weinen. Ich räusperte mich und versuchte es noch einmal. »Tut mir leid, dass ich dein Hemd nass gemacht habe.« Sanft schob er mich von sich weg. Als er mich schließlich ansehen konnte, sah ich nicht mehr den Bad Boy, sondern etwas Tieferes, Ernsteres. Ein seltsames Kitzeln, wie Fell auf der Haut, glitt meinen Rücken hinunter, erwartungsvoll, wartend.
Langsam näherte sich sein Mund, hielt kurz vor meinem inne. Ich konnte seinen Atem riechen, Kaffee und etwas Süßes, wie Gebäck. Er hielt meinen Blick fest, fragend, als würde er um Erlaubnis bitten. Als sich meine Finger um sein Hemd schlossen, trat er näher. An den Rand des Tisches, mit gespreizten Beinen. Er sah mir in die Augen, als er noch ein bisschen näher rückte. Ich hob ihm mein Gesicht entgegen, ganz leicht nur. Ein vorsichtiger, langsamer Tanz der Annäherung. Wärmend. Und dann war sein Mund auf meinem.
Es war eine sanfte Berührung, ganz zart strichen seine Lippen über meine. Dann lösten sie sich wieder, fragend, und berührten mich wieder kaum merklich. Seine Lippen öffneten sich sachte. Langsam. Ich seufzte. Schloss die Augen. Und die Sorge und die Angst und die Anspannung fielen von mir ab. Ich ließ mich in seine Arme sinken.
Statt, wie ich erwartete hatte, den Kuss zu vertiefen, strich er langsam über meine Lippen. Murmelte: »Ist gut, Janie. Es ist alles in Ordnung.« Seine Arme schlossen sich fester um mich. Lippen pressten sich auf meine. Er zog mich näher an sich. Schließlich legte ich die Arme um seinen Hals und klammerte mich an ihn, während ich Beast unablässig schnurren spürte. Als seine Zunge meine berührte, wurde mein Seufzen zu einem vibrierenden Summen. Eine Hand umfasste meinen Nacken, der Daumen lag auf meiner Wange. Die andere strich langsam über mein Haar und meinen Rücken hinunter.
Nach einer Weile lächelte ich, die Lippen auf seinen, und spürte, wie auch sein Mund sich verzog. Der Bann war gebrochen. Ich rückte von ihm ab und begegnete seinem warmen Blick, mit dem er mich aufmerksam musterte. »Danke«, sagte ich mit heiserer Stimme.
Er lächelte und trat zurück. Als ich wankte, stützte er mich, bis ich mein Gleichgewicht gefunden hatte. »Das wollte ich schon lange tun. Aber – «, er warf einen Blick auf seine Uhr, » – wir haben einiges zu besprechen.«
Ich berichtete ihm alles, was geschehen war, alles, was ich in Erfahrung gebracht hatte, von meiner spontanen Geschichtsstunde bis zu meinen Vermutungen. Ich fasste alles noch einmal zusammen, nicht nur für Rick, sondern auch für mich, die ganze Geschichte, von dem Geruch an Bettinas Händen auf der Vampparty bis zu der Auferstehung eines mit Kreuzen tätowierten Gangsters. »Ich glaube, die Damours – Renée, Tristan und vielleicht ihr Bruder – waren alle Hexen, waren alle länger als die übliche Zeit in Ketten und sind wieder aufgewacht. Möglicherweise haben sie
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