Skinwalker: Fluch des Blutes (German Edition)
denn für ein Versammlungsraum sein?« Er schloss das Handy und schob es zurück in die Tasche. »Wird auch Zeit, dass ich was anderes als Papierkram zu tun bekomme. Ich hasse Papierkram. Was ist?«
Ich runzelte die Brauen und blickte angestrengt in die Akte. »Nichts. Kann ich Kopien von diesen Akten bekommen? Es ist ganz schön lästig, immer wieder hierher kommen zu müssen, wenn ich etwas nachsehen will.«
»Du wirst mich vermissen, aber ich will mal sehen, was ich tun kann.«
»Ich habe seit zwei Tagen nicht mehr geschlafen. Ich gehe jetzt ins Bett.«
Rick beugte sich vor zu mir und strich mir das Haar von der Wange zurück hinter das Ohr. Seine Fingerspitzen waren warm auf meiner Haut. »Allein?«
Ich brach in Gelächter aus. Dieser Typ konnte aus allem eine Zweideutigkeit machen. »Versteh mich nicht falsch, aber das möchte ich doch sehr hoffen.«
So müde, dass ich kaum einen klaren Gedanken fassen konnte, schaffte ich es nach Hause und in mein zerwühltes Bett und ganze vier Stunden ohne Unterbrechung zu schlafen, bis jemand an die Haustür klopfte, drei Mal, laut und vernehmlich, und die Banne zu knistern anfingen. Ein Lieferant oder Verkäufer konnte es nicht sein, dazu war das Klopfen zu fest gewesen, so fest, dass es wehgetan haben musste. Gebieterisch. Ich hatte Besuch. Oder sogar hohen Besuch. Die Queen würde so klopfen – um sich anzukündigen, nicht um sich Zutritt zu erbitten.
Ich wickelte mich in einen Chenille-Bademantel, der zum Haus gehörte, knotete ihn fest zu und ging zur Tür. Als ich durch die Scheibe in dem neuen Bleiglasfenster in der Tür spähte, war ich nicht überrascht, Mols älteste Schwester Evangelina Everhart zu sehen. Evangelina war die größere, breitere und herrischere Ausgabe von Molly, eine Drei-Sterne-Generalin in Businesskostüm, Strumpfhose und mit einer so aufrechten Haltung, dass es aussah, als wäre sie mit einem Hexenbesen im Hintern geboren worden.
Sie trug einen Koffer in der Hand. Mein Herz machte einen Sturzflug. Hinter ihr wuchtete ein Taxifahrer zwei weitere Koffer auf den Bürgersteig. Evangelina hob den Kopf und begegnete meinem Blick durch die Glasscheibe. Jetzt war es zu spät, so zu tun, als wäre ich nicht zu Hause.
Ich öffnete die Tür und trat zur Seite. Evangelina musterte mich von meinen nackten Füßen bis zu dem zerrauften Haar. Sie schürzte missbilligend die Lippen, weil ich schlief, während ihre Schwester im Krankenhaus lag und ihre Nichte und ihr Neffe vermisst wurden. Ich grinste säuerlich und ging ohne ein Wort ins Haus. Die Tür ließ ich offen. Evangelina und ich mochten uns nicht besonders. In ihren Augen war ich ein Hells Angel, eine Biker-Braut und hatte damit einen schlechten Einfluss auf ihre jüngere Schwester.
Ich setzte Teewasser auf und hörte, wie Evangelina den Taxifahrer bezahlte und ihr Gepäck über die Schwelle trug. Die Haustür schloss sich mit einem gedämpften Laut. Mollys Bann war noch aktiv, aber offenbar erkannte er das Familienmitglied. Sie betrat das Haus ohne Probleme und kam in die Küche. Schnüffelnd blieb sie im Eingang stehen und betrachtete die Überreste von Mollys gebrochenen, zerrissenen Bannen. Ich konnte immer noch den versengten Geruch der gesprengten Energien riechen.
»Da hätte normalerweise niemand durchkommen dürfen.« Sie klang überrascht. Und vielleicht ein wenig ängstlich. »Niemand. Selbst ein ganzer Coven hätte Mühe, diese Banne zu sprengen.«
»Das habe ich auch gedacht. Milch und Zucker? Becher oder Tasse?« Ich wedelte mit der Hand in Richtung Tisch, als Einladung, sich zu setzen.
Evangelina wandte mir ihren forschenden Blick zu. »Beides bitte. Becher. Und wenn du noch einen Schuss Whiskey hineingeben könntest, wäre es nett von dir.«
Ich machte keine Stielaugen, aber nur, weil ich mich so gut in der Gewalt hatte. Bedauernd zuckte ich mit den Schultern. »Ich habe nur Bier da.«
Evangelina antwortete ebenfalls mit einem Schulterzucken, um mir zu sagen »Schon gut«. Dann ließ sie sich am Tisch nieder, streifte ihre vernünftigen Schuhe von den Füßen, zog die Kostümjacke aus und lehnte sich zurück. Ich roch ihre Füße, trockenen Schweiß und Sorge. Sie war schon zu lange auf den Beinen, zu lange gestresst. Sie fuhr sich mit gespreizten Fingern durchs Haar, kratzte sich die Kopfhaut und gähnte. So entspannt hatte ich sie noch nie gesehen – aber vielleicht war sie auch einfach nur erschöpft. »Bier schmeckt nicht in Tee.« Als ich müde lachte, sagte sie:
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