Skinwalker: Fluch des Blutes (German Edition)
das Knurren in meiner Stimme.
»Nein. Ist es nicht.« Sie schnüffelte wieder. »Jetzt haben Sie drei anständige Kleider, und ich nehme diesen Lumpen mit und werfe ihn weg. Und wenn die Mithraner Sie heute Abend fragen, wer Sie eingekleidet hat wie eine Königin, werden Sie Ihnen antworten: Madame Melisende. Und dann werden die Ältesten und die Alten endlich wieder zu mir kommen, so wie es sein sollte.«
Der letzte Satz ließ mich aufhorchen. Die Assistentin kam zurück und stapelte Kleider auf der Couch, ging dann wieder hinaus, um mit noch mehr Kleidern zurückzukehren, während ich versuchte, ihre Bemerkung zu deuten. Diese Frau, die so gebieterisch und streng war, brauchte … Hilfe? Sie hatte Kunden verloren? Ich wollte gerade nachfragen, als Madame Melisende den Blick hob, mir in die Augen sah und befahl: »Ausziehen.«
Rick brüllte vor Lachen. Molly kicherte.
»Raus«, sagte ich zu Rick. Immer noch lachend bedachte er die Schneiderin und mich mit einem amüsierten, erfreuten Blick und verließ mit laut knallenden Stiefeln den Raum. Ich zog die Fensterläden zu, verschloss die Tür und zog mich aus. Und wurde zur Schneiderpuppe. Die nächste halbe Stunde war reine Folter, als ich Kleid um Kleid anprobierte, mich im Schlafzimmerspiegel begutachtete und feststellte, dass es mir gefiel, nur damit die Drachenkönigin es dann heruntermachte. Irgendwann hörte ich auf, in den Spiegel zu gucken. Meine Meinung zählte ja ohnehin nicht. Schließlich wählte Madame Melisende drei Kleider aus, holte eine tragbare Nähmaschine und begann mit den Änderungsarbeiten.
Ich schlüpfte in eines der Kleider, ließ mich auf das Sofa fallen, streckte mich darauf aus und nahm eine Tasse Tee von einer lachenden Molly entgegen. Ich schloss die Augen. »Lieber würde ich erschossen, erstochen oder von einem Rogue aufgefressen werden«, flüsterte ich ihr zu, »als noch einmal eine Anprobe für eine Abendrobe durchzumachen.«
Molly gluckste nur, als sie sich neben mich in den Ohrensessel setzte, den Rick frei gemacht hatte. »Es tut dir gut, ab und an mal eine Frau zu sein«, sagte sie. »Außerdem brauchst du jetzt eine andere Frisur.«
Ich stöhnte. Molly lachte wieder, aber dieses Mal glaubte ich das Timbre eines Folterers darin zu hören. Minuten später saß ich auf einem Hocker, und Molly bürstete mein Haar und flocht winzige Goldperlen hinein. Dann nahm sie die Zöpfe zusammen und legte sie um meinen Kopf zu einer eleganten Frisur, in der sich das Licht fing. Anschließend begann sie mit dem Make-up.
Es war schlimmer, als ich gedacht hätte. Ich hasste es. Es war reine Folter, egal wie gut ich laut Molly angeblich aussah. Molly schminkte mir große Kleopatra-Augen, puderte meine Haut mit etwas, das wie Goldstaub glitzerte, und legte so viel Mascara auf, dass sie schwer auf meine Lider drückte. Und sie ließ nicht zu, dass ich ihr Werk begutachtete, sondern drehte mich immer wieder mit fester Hand vom Spiegel weg. Natürlich hätte ich mich wehren können, aber Molly ist meine Freundin, und sie amüsierte sich so gut, dass ich ihr nicht den Spaß verderben wollte.
Es war schon spät, als Madame Melisende und ihre namenlose Assistentin fertig mit Nähen, Säumen, Auslassen und Engermachen waren. Sie stopften mich in ein Kleid, trugen alle Lampen herein und führten mich mit geschlossenen Augen vor den großen Spiegel. Molly, Madame, die Maus, deren Namen ich nicht kannte, und eine schläfrige Angelina, die man zur Abschlussvorstellung geweckt hatte, versammelten sich um mich. In vollkommenem Schweigen. Und ich öffnete die Augen. Dann stand ich dort, in meinem einzigen guten Paar Tanzschuhen, nur mit dem Goldnugget als Schmuck, in einem Kleid, das sich an meinen Körper schmiegte … wie nichts, das ich jemals schon erlebt hatte, und starrte mein Spiegelbild an.
Ich riss die Augen auf. Drehte mich um mich selbst. »Heiliger … Bimbam«, flüsterte ich, mit Rücksicht auf Angie. Ich sah fantastisch aus. Stylish, elegant und weiblich.
Mit den Absätzen war ich noch einmal sieben Zentimeter größer. Das seidene Strickkleid war vom Spann bis zu den Hüften ein lockerer Schlauch und wurde in der Taille von Satin zusammengehalten wie von einem engen Kummerbund. Über diesem breiten Streifen war ein tiefer Ausschnitt, ein großes V, über das im Kreuzmuster Satinbänder verliefen. Auch der Nackenträger war ein ungefähr zweieinhalb Zentimeter breites Satinband. Oh, und der absolut heiße Schlitz über dem linken Bein
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