Skinwalker: Fluch des Blutes (German Edition)
Wort beschreiben. Madame Melisende dagegen wurde man mit einem einzigen Wort wohl kaum gerecht. Ich betrachtete die Karte, die sie mir gegeben hatte, und las, dass sie Madame Melisende, Modistin der Mithraner, sei. Sie war größtenteils menschlich, knapp über einsfünfzig groß und hatte weißes Haar und Augen wie Stahl. Sie sah aus wie siebzig, musste mindestens hundert sein, besaß die Energie einer Zwanzigjährigen und roch nach vielen verschiedenen Vamps, wie ein Blutjunkie. Was meine Neugierde weckte. Doch mir fiel nicht ein, wie ich sie fragen konnte, warum sie so roch. Menschen können Vamps nicht riechen oder zumindest nicht so, wie ich es konnte.
An den meisten Blutdienern haftet der Duft von nur einem Vamp, das ist das Resultat der inneren Verbindung, die sich mit der Zeit bildet. Ein Blutdiener und ein Vamp bleiben jahrzehntelang zusammen, wobei der Diener für eine sichere und ständig verfügbare Blutquelle und emotionale Stabilität sorgt und seine Dienste zur Verfügung stellt – Dienste, die in einem menschlichen Haushalt eventuell von Liebhabern, Angestellten und bezahlten Dienstboten übernommen werden und auf die sich beide Partner in gegenseitigem Einvernehmen einigen, als Gegenleistung für die Übernahme ihrer Lebenshaltungskosten und winzige Schlückchen Vampblut. Das Blut sorgt dafür, dass die Diener jünger und gesünder bleiben, und garantiert ihnen ein langes und vitales Leben, vorausgesetzt, sie überleben Wutanfälle, Trauer oder andere mentale Aussetzer ihres Vamps.
Ein Blutsklave trifft ein ähnliches, aber weniger verbindliches Arrangement und wird eventuell innerhalb eines Clans herumgereicht, weswegen er nach mehreren Vampiren riecht, doch gewöhnlich nur nach einem Clan. Blutjunkies rangieren einige Stufen tiefer, denn sie bieten sich auf Partys für alles an, wonach einem Vamp der Sinn steht – von einem schnellen Snack bis zu schnellem Sex. Sie sind die Blutsüchtigen der Vampwelt und in Städten, die reisende Vamps anlocken wollen, ein wachsender Markt, ähnlich wie Callgirls. Nur ein Blutjunkie riecht nach mehreren Vamps aus unterschiedlichen Clans. Madame Melisende roch wie ein Blutjunkie, aber ohne den Geruch von Sex. Das war seltsam, aber nichts, worum man sich Sorgen machen musste.
Die Frau schob mich in die Mitte des Raums und musterte mich von Kopf bis Fuß. Leise vor sich hin brummend ging sie um mich herum und rückte mich immer wieder neu zurecht – Arme erst ausgestreckt, dann lose an der Seite, Füße zusammen, dann auseinander. Als sie endlich zufrieden war, nahm sie meine Maße an Taille, Brust, Oberkörper, über der Brust, Hüften, Po, Schultern, dann Armlänge und Schrittlänge, wobei sie sie der Assistentin zurief, die sie notierte.
Als sie fertig war, nahm Madame Melisende das Klemmbrett, studierte es einen Moment und sah mich dann an, als würde sie ein Urteil fällen. Schockiert sagte sie mit französischem Akzent: »Hmmpf. Sie sind eine Amazone. Wie soll ich nur in der angegebenen Zeit das Passende für Sie finden?«, wollte sie wissen.
Ich wurde rot vor Verlegenheit. Rick jubelte. Molly kicherte.
Obwohl ich in einem christlichen Kinderheim aufgewachsen bin und eigentlich besser erzogen war, starrte ich Melisende böse an, als ich sagte: »Schon gut, Lady. Ich bin mir ziemlich sicher, dass ich Sie mir gar nicht leisten kann. Sie können also gern die Biege machen. Außerdem habe ich schon ein Kleid.«
»Zeigen Sie mir dieses Kleid, das Sie behaupten zu haben«, sagte sie mit einem säuerlichen Schnüffeln.
Sie folgte mir, als ich in mein Zimmer marschierte, und nahm mir das Kleid aus der Hand, noch bevor ich es richtig aus dem Schrank holen konnte. Ich ging hinter ihr her zurück ins Helle. Sie hielt es hoch und erstarrte. » Mon dieu . Das ist schauderhaft, noch schauderhafter, als ich sagen kann.« Und dann gab sie einen Schwall Französisch von sich und warf das Kleid quer durch den Raum.
Beast sprang in meine Augen. Molly guckte erschrocken, Ricks Belustigung schwand, und an ihre Stelle trat etwas sehr Ruhiges und Nachdenkliches. Meine Stimme senkte sich eine Oktave. »Das ist mein einziges Kleid.«
Ungerührt von dem, was die anderen vielleicht in meinen Augen sahen, reckte Madame Melisende sich zu ihrer vollen Größe von fast ein Meter fünfzig auf. »Gut! Du chiffon! Des déchetes!« Und sie spuckte ihrer Assistentin ein paar Worte zu, die nach draußen huschte.
»Das. Ist. Mein. Einziges. Kleid«, sagte ich noch einmal und hörte
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