Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Skiria: Am Berg der Drachen (German Edition)

Skiria: Am Berg der Drachen (German Edition)

Titel: Skiria: Am Berg der Drachen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fran Rubin
Vom Netzwerk:
auf.
    Ramin teilte seine Euphorie nicht. Zu sehr quälte ihn die Sorge um Skiria, genauso wie die Trauer um seine tote Mutter. Schweigend führte er den Jungen zum Eingang der Drachenwege. In deren Innerem angekommen, legte Gwendol staunend seinen Kopf in den Nacken und betrachtete ehrfürchtig die erhabenen Felsformationen. Beeindruckt wanderte der Knabe schließlich an der Seite Ramins, der sich weiterhin recht einsilbig verhielt, die Gänge entlang.
    Gwendol gewöhnte sich schnell an die neue Umgebung, sodass ihn auf dem Marsch durch die Düsternis bald Langeweile überfiel. Da Ramin nicht gewillt wirkte, ihn zu unterhalten, begann der Junge stattdessen, sich aufregende Abenteuer auszumalen. Schon sah er im Geiste die Schatten unheimlicher Gestalten an den Wänden tanzen. Doch als angehender Zauberer zeigte er keine Furcht.
    „Komm nur her, Troll! Ich verwandle dich in einen Winzling!“, rief er enthusiastisch.
    Mit apathischem Blick setzte Ramin scheinbar gleichmütig eine seiner Riesenpranken vor die andere, ohne sich um die wilden Kämpfe seines jungen Begleiters zu kümmern, die dieser leidenschaftlich gegen imaginäre Wesen ausfocht. Als jage ihn ein Ungeheuer, rannte Gwendol durch die Gänge, fuchtelte dabei unablässig mit seinen Händen in der Luft herum und spie kuriose Zaubersprüche aus.
    „Oh nein, ich habe kein Mitleid für dich übrig. Warum musstest du uns auch angreifen? Weißt du nicht, wen du vor dir hast? Doch in meiner grenzenlosen Güte werde ich den Zauber nur vierundzwanzig Stunden wirken lassen. Sei dankbar, dass ich dich nicht für alle Ewigkeiten als Blumenkohl schmoren lasse! Und wenn du Glück hast, kommt im Laufe des nächsten Tages niemand vorbei, der gerne Gemüse isst.“
     
    An Ramin schienen Gwendols Worte abzuprallen. Tief vergraben in seine eigene Gedankenwelt, sah er immer wieder seine Mutter vor sich. Leblos, mit Blut überströmt. Warum ausgerechnet sie? Hätte es nicht irgendeinen anderen Drachen treffen können? Die Drachenkönigin kam ihm plötzlich in den Sinn. Sie trug Schuld an Ramiras Tod. Ohne die sinnlose Forderung nach Menschenopfern hätte Ramins Mutter noch leben können.
    Plötzlich gesellte sich blinde Wut zu seiner Trauer. Die sonst eng anliegenden Schuppen klappten eine nach der anderen auf, sodass sie bald abstanden wie das gesträubte Fell einer Raubkatze. Der jäh aufkeimende Zorn ließ Ramin spüren, dass er noch lebte und dieses Leben dazu nutzen musste, um gegen die grausame Anordnung der Drachenkönigin zu kämpfen. Ein gehöriger Schwall Rauch quoll aus seinen Nüstern, als wolle er beweisen, dass er es ernst meinte. Überrascht hielt Gwendol inne, um den unvermittelt rauchenden Drachen zu betrachten. Endlich sprach Ramin zu seinem Begleiter. Beinahe schon hatte Gwendol vergessen, wie es klang, wenn sich eine andere Stimme als die eigene an den Felswänden brach.
    „Wir werden bald ankommen. Bist du bereit, einem überaus großen Drachen gegenüberzutreten?“
    Gwendol nickte zuversichtlich.
    Wenig später betraten sie Hojomors Höhle.
     

     

     

    Als Rabanus in den frühen Morgenstunden zurückkehrte, wirkte er regelrecht vergnügt. Gut gelaunt löste er Skirias Fesseln, die tiefe Furchen in ihre Haut gegraben hatten. Die Gefangene rieb sich die schmerzenden Stellen, als sie plötzlich Blutspritzer auf Rabanus’ Wams entdeckte. Auf die Flecken weisend, rief sie anklagend: „Was hast du getan?“
    Der Hüne grinste amüsiert und griff betont langsam unter das Kleidungsstück, von wo er vier blutverschmierte Reißzähne hervor beförderte, die er triumphierend hoch hielt. Skiria schlug die Hände vors Gesicht, als wollte sie sich damit den grausigen Anblick ersparen. Sie betete zu allen Göttern, dass es sich nicht um die Gebissteile Ramins handeln mochte.
    „Ehre gebührt meiner Treffsicherheit!“, lobte sich Rabanus selbst. „Das Vieh lag tot an der Absturzstelle, von meinen wohl platzierten Pfeilen durchlöchert.“ Lachend drehte er einen der Zähne zwischen seinen Fingern und begutachtete ihn wie ein kostbares Juwel.
    „Und der andere Drache?“, wagte Skiria atemlos zu fragen.
    „Ich habe die ganze Nacht nach ihm gesucht. Ist wohl geflüchtet, das kleine Biest.“
    Doch er schien sich nicht lange über die entgangene Chance zu grämen, denn die wertvollen Trophäen entschädigten ihn reichlich. Erleichtert schloss Skiria die Augen und beruhigte sich etwas. Ramin war nichts geschehen. Dennoch überfiel sie tiefe Traurigkeit. Die

Weitere Kostenlose Bücher