Skiria: Am Berg der Drachen (German Edition)
aufhielten. Erste Zweifel an seinem Tode stellten sich ein, als Hojomor erkannte, dass er sich noch immer in der heimatlichen Höhle befand. Er musste geträumt haben. Ramin, wie er so vor ihm stand und auf ihn einredete, wirkte durchaus lebendig.
Ramin sorgte sich sehr um seinen Onkel, der nur bedingt ansprechbar schien. Zum wiederholten Male fragte er ihn, was sich zugetragen hätte. Unendlich langsam öffnete sich schließlich Hojomors Maul, um mit gequälter Stimme zu verkünden: „Es geht zu Ende mit mir. Ich muss diese Welt verlassen.“
Ramin und Gwendol sahen sich entsetzt an. Sollte Ramin nach seiner Mutter nun auch noch den Onkel verlieren?
„Das lasse ich nicht zu!“, widersprach Ramin den Worten des kranken Drachen. „Ich werde dich wieder gesund pflegen!“
Er besah sich seinen Onkel genau. Zum Bersten trockene Schuppen. Geschwollener Hals.
„Hast du verdorbenes Fleisch gegessen?“
„Nein, bestimmt nicht“, flüsterte Hojomor heiser. Ramin überlegte, welche Ursache sonst noch in Frage käme. Plötzlich drängte sich ein zwar sehr unwahrscheinlicher, jedoch nicht völlig abwegiger Gedanke auf. Vorsichtig hob er mit einer Pranke eine Schuppe Hojomors an, um zu prüfen, wie es darunter aussah. Kleine weiße Bläschen hatten sich dort gebildet.
Ein untrügliches Zeichen.
„Hast du in der letzten Zeit regelmäßig von deinem Drachenkraut gegessen?“
Hojomor schien trotz seiner Krankheit tief entrüstet. Was für eine respektlose Frage! Seit hunderten von Jahren aß er stets regelmäßig davon.
„Natürlich!“
Hojomor recherchierte.
„Drachenkraut. Drachenkraut? Aber wenn ich es mir recht überlege...“
„Wann hast du es zum letzten Mal zu dir genommen?“, unterbrach Ramin.
„Ich kann mich gar nicht erinnern. Ich glaube, einige Tage vor deinem letzten Besuch.“
Es sprach für die gute Konstitution Hojomors, dass er diese lange Zeitspanne ohne die lebensnotwendige Substanz überlebt hatte. In seiner Sorge um Ramin, dessen Mutter und Skiria hatte er es schlichtweg vergessen.
Ramin reagierte schnell: „Gwendol – nimm etwas von dem Drachenkraut an meinem Hals und gib es meinem Onkel!“, ordnete er an und beugte sich vornüber, damit der Junge das Kraut erreichen konnte.
Gwendol pflückte einige Halme aus dem geflochtenen Kranz, näherte sich damit vorsichtig dem Drachenonkel und legte die getrockneten Gräser vor ihm auf den Boden. Hojomor nahm es mit seiner Schnauze auf und kaute genüsslich auf dem Lebenselixier herum, bevor er es hinunterschluckte.
„Das tut gut!“, seufzte er, setzte sich auf seine Hinterläufe und verkündete, es ginge ihm bereits jetzt schon viel besser.
XI.
Als Irian und Janus den vereinbarten Treffpunkt erreichten, hatten sich Rabanus und der Rest der Truppe bereits eingefunden. Erstaunt registrierte Irian, dass sich scheinbar ein weiteres Mitglied zu den Drachentötern gesellt hatte.
„Sei gegrüßt, schöne Maid“, begrüßte er das Mädchen höflich, während Janus völlig verblüfft seine Schwester anstarrte, als sei sie einem Traum entsprungen.
Skiria war derart perplex, dass sie Irians Gruß überhaupt nicht wahrnahm. Ihre bis vor kurzem noch ausweglos erscheinende Situation schien sich unverhofft zum Guten zu wenden. Nachdem der erste Überraschungsmoment vorbei war, rannten die Geschwister aufeinander zu, um sich innig zu umarmen. Irritiert verfolgten alle anderen das merkwürdige Verhalten der beiden. Irian begriff zuerst.
„Ich vermute“, verkündete er beinahe feierlich, „Janus hat seine Schwester wiedergefunden.“
Rabanus wirkte zunächst erstaunt, aber dann wandelte sich seine Miene, denn er rechnete damit, dass sie sich bei ihrem Bruder über sein Verhalten beschweren würde. Nun denn, dachte er bei sich, schließlich hätte es auch irgendein anderes Mädchen sein können. Wie sollte er auch wissen, dass es sich um die Schwester eines Kameraden handelte? Insgeheim ärgerte sich Rabanus jedoch darüber, dass er nicht einen Gedanken an ihre Herkunft verschwendet hatte. Der Hüne machte sich auf unbequeme Zeiten gefasst, doch das ängstigte ihn nicht sonderlich. Sollte Janus’ Zorn, der sich gewiss einstellte, sobald sie über die vergangenen Tage berichtete, nicht bald verfliegen, so konnte er immer noch alleine weiter ziehen. Schließlich brauchte er die anderen nicht.
Sollten die Narren doch zusehen, wie sie sich ohne ihn zurechtfanden.
Skiria erzählte nichts. Der Vorfall am Bach rief
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