Skiria: Am Berg der Drachen (German Edition)
Ratte hielt jäh in ihrer Bewegung inne, als bemerke sie, dass etwas nicht stimmte und ließ erschrocken von Skiria ab. Ihr Fell nahm einen grünlichen Farbton an, die kleinen Augen quollen aus den Höhlen und ihr Leib schwoll auffallend an, bis die Kreatur die Größe eines kleinen Kätzchens erreicht hatte. Entsetzt verfolgte Skiria, wie sie zerplatzte und Myriaden von Bluttröpfchen auf den Boden hernieder regneten, die sich dort in eine Heerschar sich windender Maden verwandelten.
„Danke!“, sagte Skiria zu Gwendol, während sie angewidert über die wabernde Masse stieg, erleichtert und voller Ekel zugleich.
„Wir sollten jetzt zurück in die Herberge gehen, bevor wir noch einmal solchen Halunken begegnen!“, schlug sie vor.
Gwendol, dem der Stolz über seine gelungene Zauberei ins Gesicht geschrieben stand, entgegnete: „Aber was wird aus Hazaar? Wir können ihn nicht einfach seinem Schicksal überlassen!“
„Höre besser auf deine Freundin!“, ordnete eine lang gezogene Stimme an. Hazaar lehnte an der Hauswand und wirkte, als beobachte er die beiden schon seit einer geraumen Zeit.
„Meister!“, rief Gwendol begeistert. „Ihr seid unversehrt! Wer waren diese Schurken?“
„Lumpenpack, das sich nachts in dieser Gegend gerne herumtreibt“, antwortete Hazaar knapp, doch Skiria ahnte insgeheim, dass er etwas verschwieg. Für gewöhnliche Landstreicher verfügten die beiden über ungewöhnliche Fähigkeiten.
„Geht nun schlafen! Dies hier ist kein Ort, an dem sich Frauen und Kinder um diese Zeit aufhalten sollten.“
Wortlos begleitete er Skiria und Gwendol bis zu dem Eingang der Schenke, doch als Skiria sich umdrehen wollte, um sich noch einmal für seine Hilfe zu bedanken, konnte sie ihn nirgends mehr entdecken. Schulterzuckend schob sie Gwendol durch die Tür. Vermutlich benötigte ein so großer Magier wie Hazaar keinerlei Schlaf. Eine Gabe, an der Gwendol wohl noch arbeiten musste, denn er gähnte mehrmals herzhaft, bevor er die Stiege erklomm, um sich in seinem Gemach erschöpft in sein Bett fallen zu lassen.
XVII.
Irian schrie auf, als die Heilerin eine grünliche Flüssigkeit auf seine Wunde goss, die sofort zischend verdampfte. Das Mittel brannte wie Feuer.
„Mein Geheimrezept. Hilft gegen Verletzungen wie diese in kurzer Zeit“, erklärte die Frau begeistert, sichtlich angetan über die Wirkungsweise des magischen Elixiers.
Zufrieden verfolgte Hazaar das Geschehen. Alijas Heilkünste waren bis weit über die Grenzen der Stadt hinaus bekannt. Ihre Haarspitzen kitzelten Irians nackte Oberschenkel, als sie sich über ihn beugte und abschließend eine zähe Paste großzügig auf seinem Bein verteilte.
„So, bis morgen früh sollte der Spuk vorüber sein. Dann wirst du wieder laufen wie ein Wiesel“, prophezeite sie und lachte derb, während sie die zwei Münzen entgegen nahm, die Hazaar ihr reichte.
„Recht schönen Dank auch, Meister. Wenn Ihr mal wieder Hilfe braucht, wisst Ihr ja, wo Ihr mich finden könnt.“
Hazaar nickte ernst und geleitete sie zur Tür hinaus. Als er zurückkehrte, fühlte sich Irian bereits etwas besser.
„Habt Dank, verehrter Magier.“
Hazaar nickte knapp aber nicht unfreundlich, bevor er das Zimmer verließ und sich auf die Suche nach Gwendol begab.
Er fand ihn in Skirias Zimmer vor, wo er mit gekreuzten Beinen auf dem Bett thronte und lautstark von den Erlebnissen der letzten Nacht berichtete. Seine Zuhörerschaft bestand neben Skiria aus Janus, der staunend die stark ausgeschmückte Erzählung verfolgte und Agata, die seltsam abwesend wirkte.
„Die beiden waren schwarze Zauberer, dessen bin ich mir gewiss. Sie haben Kenntnis von meinen Zauberkünsten erlangt und werden mich künftig unermüdlich verfolgen. Hier bin ich nicht mehr sicher!“, sprudelte Gwendol atemlos hervor.
Janus grinste und strich ihm liebevoll eine Locke aus der Stirn.
„Nichts als ein paar Landstreicher, denen es langweilig wurde“, beruhigte er ihn. „Du solltest nicht allein und vor allen Dingen nicht nachts auf die Straße gehen! Das gilt übrigens auch für dich, Skiria.“
Gerade wollte Skiria zum Protest ansetzen, denn schließlich hatte sie sich lange Zeit ohne menschliche Hilfe im einsamen Wald zurechtgefunden, als eine tiefe Stimme sie herumfahren ließ.
„Ganz recht. Ich erinnere mich, erwähnt zu haben, dass ihr euch nicht ohne Begleitung herumtreiben solltet, nicht wahr, Gwendol?“
Erstarrt vor Schreck wandte sich Gwendol langsam um
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