Skiria: Am Berg der Drachen (German Edition)
und blickte in das gelassen wirkende Gesicht Hazaars. Er nickte benommen.
„Verzeiht, Meister“, brachte er schließlich hervor. „Doch ich konnte nicht schlafen und es war so langweilig im Zimmer, da habe ich mich...“
„Langweilig?“
Hazaars Stimme brauste unvermittelt auf, sodass Gwendol glaubte, ein kalter Windstoß entlüde sich aus dem Mund des Zauberers und fegte über seinen Lockenkopf. Unwillkürlich strich er sich die Haare glatt und blickte betreten auf die Bettdecke.
„Das nächste Mal werden dich diese Männer vielleicht töten. Ich kann nicht überall zur gleichen Zeit weilen, um kleinen Möchtegern-Zauberern zu helfen!“
Gwendols Augen füllten sich mit Tränen.
„Und was hast du diesem armen Tier angetan?“
Ein letzter Rest verletzten Stolzes flammte auf.
„Ich habe Skiria vor der Ratte gerettet. Sie hatte Angst vor ihr. Mein Zauber hat gewirkt. Und wie!“, fügte Gwendol trotzig hinzu, doch der Magier schüttelte nur verständnislos den Kopf.
„Diese Ignoranz!“, schimpfte er. „Was du dir damit erlaubt hast, ist nicht wieder gut zu machen!“
„Aber warum denn?“, warf Skiria ein, die sich ein wenig schuldbewusst fühlte, da Gwendol nun ihretwegen in Schwierigkeiten geriet, doch Hazaar nahm ihren Einwand überhaupt nicht wahr.
„Komm mit!“, forderte er Gwendol stattdessen barsch auf und trat auf die Tür zu. Verunsichert blickte der Knabe zu Skiria und Janus, bevor er sich vom Bettrand herunter schob und hinter Hazaar her schlich wie ein geprügelter Hund. Durch die geschlossene Tür drangen gedämpfte Worte, zu leise, um ihre Bedeutung zu verstehen. Kurze Zeit später heulte Gwendol unvermittelt auf, als durchdränge ihn ein schrecklicher Schmerz. Für einen Moment herrschte Stille, bevor ein leiseres, klägliches Wimmern einsetzte.
„Ich schaue mal nach ihm“, flüsterte Skiria.
Als er sie sah, schlug Gwendol die Hände vors Gesicht und begann heftig zu schluchzen. Hazaar konnte sie nirgends entdecken.
„Was ist geschehen?“
Auf der anderen Seite des Ganges streckte eine blasse Frau erstaunt den Kopf aus ihrer Zimmertür. Skiria legte beruhigend eine Hand auf Gwendols Schulter. Er erzitterte und gab einen erschreckenden Laut von sich, der klang, als stieße jemand ein Schwert mitten in seine Brust.
„Ist er krank?“, erkundigte sich die Zimmernachbarin, doch bevor Skiria antworten konnte, unterbrach Gwendol seine Weinkrämpfe und brachte stockend hervor: „Er hat mich verstoßen! Ich darf nicht mehr auf sein Schloss.“
Janus und Agata traten neugierig aus der Kammer. Janus zog die Augenbrauen hoch. „Nur weil du einmal ausgebüchst bist?“
Die Antwort darauf verzögerte sich etwas, da Gwendol erneut vor Kummer erbebte.
„Hör endlich auf zu flennen!“, forderte Agata ihn barsch auf. „Das hilft dir auch nicht weiter.“
„Nun erzähl’ schon!“, verlangte Janus ungeduldig, während Skiria ihm aufmunternd zunickte.
Schließlich hatte er sich soweit gefasst, dass er von dem Vorfall berichten konnte: „Es ist wegen der Ratte. Ich habe angeblich gegen eine sehr wichtige Regel der weißen Magie verstoßen – die Verwandlung von Lebewesen gegen ihren Willen. Aber ich dachte nicht, dass dies auch für Ratten gilt! Außerdem wollte ich doch damit doch nur etwas Gutes bewirken. Und jetzt will er mich zurück in mein Dorf zu meiner alten Großmutter schicken. Aber ich kann nicht zurück. Sie wird mich gewiss Tage lang einsperren, weil ich davongelaufen bin.“
Mit bleichem Gesicht blickte er klagend und ein wenig bittend, als hoffte er insgeheim auf die Hilfe seiner Kameraden.
Skiria zeigte Verständnis: „Du hast mit guten Absichten gehandelt. Das sollte Hazaar doch honorieren. Ich werde mit ihm sprechen, vielleicht zeigt er sich einsichtig und sieht von dieser, wie ich finde, viel zu strengen Strafe ab.“
„Wirklich?“
„Aber natürlich“, versicherte Skiria.
Gwendol atmete erleichtert auf.
Murrend zog sich Agata daraufhin wieder in das Gemach zurück.
„Dieser alberne Zauberkram. Der Junge sollte etwas Anständiges lernen.“
Zur gleichen Zeit, als Skiria mit Hazaar über Gwendols Fehltritt debattierte, erreichte auch Rabanus die Stadt. Forsch marschierte er durch die Straßen Umienas und ließ seinen Blick selbstgefällig über die Straßen und Gebäude streifen, als handele es sich um seinen Besitz. Eine auskunftswillige Frau schickte ihn auf seine Frage nach einer Unterkunft zum „feurigen Drachen“, die größte
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