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Sklaven der Begierde

Sklaven der Begierde

Titel: Sklaven der Begierde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tiffany Reisz
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schlecht.“
    „Nanu, was höre ich denn da? Mein Bruder – Monsieur Paris-ist-die-einzige-Stadt-auf-der-Welt – will in Amerika bleiben? Wie heißt sie?“
    Kingsley machte große Augen.
    „Guck nicht so unschuldig.“ Sie pikste ihren Finger in seine Brust. „Wie heißt sie? Du musst verliebt sein, sonst würdest du nicht in diesem Land bleiben wollen.“
    Er stöhnte auf, um sein Unbehagen zu verbergen, und drehte ihr sein Gesicht zu. „Ich schwöre dir – es gibt in ganz Amerika kein Mädchen, in das ich verliebt bin. Noch nicht mal in Kanada, das nur einen halben Meter entfernt in dieser Richtung liegt.“ Er deutete nach Norden. „Ich mag Amerika. Paris ist dekadent, luxuriös, aber Amerika … hat immer noch so etwas Ungezähmtes, Wildes.“
    Sie seufzte. „Wenn es dir hier gefällt, würde es mir hier auch gefallen. Und im Moment ist sowieso das Wichtigste für mich, dass du hier bist.“
    „Ich und fünfzig Jungen, die seit Monaten kein hübsches Mädchen mehr gesehen haben?“
    Sie hob die Brauen. „Darüber werde ich mich bestimmt nicht beklagen. Aber jetzt solltest du mich wohl mal herumführen, immerhin ist das jetzt für einen Monat mein Zuhause.“
    „Einen Monat?“
    „Länger kann ich nicht bleiben. Ich musste den Ballettdirektor ohnehin schon belügen und behaupten, ich hätte eine Verstauchung, die vier Wochen braucht, um zu heilen. Wenn ich länger weg bin, verliere ich meinen Platz im Chor.“
    „Da solltest du sowieso nicht tanzen. Du bist eine Primaballerina.“
    „Ich werde eine sein. Eines Tages. Aber wir müssen uns alle hocharbeiten. Außerdem könnte Laurent mich jetzt noch gar nicht zur Primaballerina machen. Das wäre verdächtig …“
    „Eine deiner Eroberungen?“
    Marie-Laure klimperte kokett mit den Wimpern. „Männliche Tänzer haben so herrlich kräftige Beine.“
    Kingsley wedelte abwehrend mit der Hand. „Keine Details, bitte. Du bist zwar wunderschön, aber doch auch immer noch meine Schwester.“
    Sie zogen ihre Mäntel wieder an und machten sich auf den Weg nach draußen.
    „Also, ich möchte alles über dein Liebesleben wissen, jede Einzelheit. Oh, warte, du bist an einer reinen Jungenschule. Du hast ja gar keins!“
    Sie klopfte ihm neckisch auf die Wange und eilte ihm voraus in die Kälte.
    Ah, Marie-Laure … Kingsley seufzte leise in sich hinein. Wenn sie wüsste, was er so trieb …
    Arm in Arm schlenderten sie durch die Schule. Er zeigte ihr den Speisesaal und stellte sie Father Aldo vor. Marie-Laure und der Priester diskutierten mehrere Minuten lang über das Abendmenü. Er wollte ein Soufflé machen. Sie schlug eine Quiche vor. Kingsley tat so, als ob er gleich einschlafen würde, und seine Schwester kniff ihm in den Arm. Das hatte sie schon gemacht, als sie beide Kinder waren.
    Kingsley zuckte derart spürbar zusammen, dass Marie-Laure ihn verblüfft anstarrte.
    „Seit wann bist du denn so empfindlich?“, fragte sie, als sie den Speisesaal verließen. „Ich habe dich doch nur ein bisschen gekniffen.“
    „Alles in Ordnung. Du hast mich nur ausgerechnet da gekniffen, wo ich schon einen blauen Fleck hatte. Aber ich werd’s überleben.“
    „Dann suche ich mir beim nächsten Mal besser eine Stelle aus, an der du keinen blauen Fleck hast. Oui?“
    „Oui.“ Er lächelte, dachte aber, dass sie da wohl ziemlich lange suchen musste.
    Letzte Nacht war Søren ganz besonders gnadenlos gewesen. Erst schienen die Schläge kein Ende zu nehmen, und dann hatte der Sex noch länger gedauert. Jetzt, im Nachhinein, wurde ihm klar, dass ihre Begegnung deshalb so intensiv verlaufen war, weil Marie-Laures Anwesenheit ab sofort alles verkomplizieren würde. Es wäre nicht mehr so leicht, sich in ihrem Versteck zu treffen. Aber sie würden einen Weg finden, da war er ganz sicher. Søren und Kingsley mussten einfach zusammenkommen. Sie gehörten zusammen.
    „Was ist das?“ Marie-Laure blieb vor der Kapelle stehen.
    Kingsley legte den Kopf schräg und lächelte. Von drinnen hörte er Klavierklänge. Den packenden Rhythmus von …
    „Bolero“ , sagte er. „Ravel.“
    „Ravel …“ Sie seufzte und sah ihren Bruder mit einer Mischung aus Sehnsucht und Traurigkeit an. Er wusste, dass sie sich in derselben Erinnerung verlor wie er. Papa und seine Platten. Papa, der mit geschlossenen Augen auf dem Fußboden ihres Apartments lag, auf einem warmen Fleck, den die Sonne aufs Parkett gezaubert hatte, und die Melodie mitsummte …
    „Ich vermisse ihn“, flüsterte er

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