Sklaven der Begierde
Leute sehen einen mit anderen Augen, wenn sie wissen, dass man reich ist. Ich wollte, dass sie mich als Menschen betrachtet, als Mann, nicht als …“
„Millionär.“
Er nickte, auch wenn es ihn Überwindung kostete, Søren zuzustimmen.
„Zu Hause kann ich nirgends hingehen, ohne in den bescheuerten Klatschspalten zu landen. Einmal habe ich ein paar Kinder im Krankenhaus besucht, und eine der Krankenschwestern hat Fotos von mir bei Facebook gepostet. Ich hasse das. Ich hasse es, John Wesley Railey zu sein, der Sohn von Jackson Railey, dem Inhaber des Gestüts The Rails in Kentucky. Jeder, der mich anschaut, kriegt Dollarzeichen in die Augen. In der Highschool hatte ich eine Freundin, Madison. Eines Tages hörte ich, wie sie einem unserer Freunde gestand, sie sei nur mit mir zusammen, weil sie dadurch auf die tollsten Partys der Stadt käme. Ich wollte nicht, dass Nora mich so sieht.“
„Sie wissen doch, dass Eleanor sich ebenso wenig aus Geld macht wie ich.“
Wesley zuckte mit den Schultern. „Damals wusste ich das nicht. Und es machte sie so glücklich, mir helfen zu können.“
„Oh ja, sie liebt ihre Streuner. Und Sie waren ihr liebster Welpe.“
Sørens spöttischer Ton brachte das Fass zum Überlaufen. Wesley sah rot. Und sehr bald, nachdem er rot gesehen hatte, wurde ihm schwarz vor Augen. Er war vorwärts gestürmt, um den Priester gegen die Wand zu drücken. Er würde ihm schon zeigen, dass der „Welpe“ groß geworden war. Doch Søren glitt mit einer einzigen schnellen Bewegung zur Seite, umfasste Wesleys Hals mit einer Hand und stieß ihn hart gegen die Tür.
Sein Kopf knallte gegen das Holz, und für den Bruchteil einer Sekunde sah er Sterne. Er war derartig rasch ausgebremst worden, dass er nicht mal dazu kam, sich zu wehren. Mit körperlicher Gewalt würde er Søren niemals beikommen, so viel war ihm jetzt klar. Der Mann war außerordentlich stark und hatte langjährige Übung darin, Leute zurechtzuweisen. Aber Wesley hatte etwas, das Søren nicht hatte. Und in diesem Augenblick, als er die Finger des Priesters um seine Kehle spürte und die Tür im Rücken, wusste er, was er zu tun hatte.
„Benehmen Sie sich bitte, junger Mann. Eleanor hat Sie sehr gern, und ich würde nur sehr ungern eins ihrer Lieblingsspielzeuge zerbrechen. Das soll sie schon selber tun, mit meiner ausdrücklichen Erlaubnis … Wenn Sie bereit sind, sie mit nach Kentucky zu nehmen und bei sich zu behalten, während Kingsley und ich uns um diese heikle Angelegenheit hier kümmern.“
Wesley schluckte und fühlte, wie seine Halssehnen unter Sørens Hand anschwollen.
„Gewinnen Sie auf diese Weise auch Ihre Auseinandersetzungen mit Nora?“ Wesley kämpfte gegen eine Welle der Panik, die ihn zu überwältigen drohte. „Indem Sie sie würgen und ihren Kopf gegen die Wand schlagen?“
„Ich halte Sie nicht fest genug, um Ihnen auch nur ansatzweise die Luft abzuschnüren. Und den Kopf haben Sie sich selbst angeschlagen, weil Sie so heftig zusammengezuckt sind. Wenn ich das hier mit Eleanor mache, wird ihre Hose nass – was Ihnen zwar auch beinahe passiert wäre, aber aus einem komplett anderen Grund.“
„Sie sind ein Sadist. Ich weiß, dass Sie das hier genießen. Aber ich habe keine Angst vor Ihnen, diese Befriedigung verschaffe ich Ihnen nicht.“
„Das hier genießen?“ Søren lehnte sich vor und brachte seinen Mund ganz nah an Wesleys Ohr. „Ich bitte vielmals um Vergebung, junger Mann, aber Sie sind wirklich nicht mein Typ.“
Dann drückte er seine Finger noch tiefer in Wesleys Hals.
„Oder vielleicht ja doch …“, flüsterte Søren. Und dann ließ er ihn so plötzlich wie er ihn gepackt hatte, wieder los und trat ein paar Schritte zurück.
Wesley rieb seinen Hals und atmete tief ein und aus. „Wenn sie mit mir kommt, werde ich dafür sorgen, dass sie nie mehr zu Ihnen zurückkehrt“, schwor er.
„Sie kommt immer zu mir zurück, Wesley. Das wissen Sie doch.“
„Sie haben meine Welt nicht gesehen. Sie haben eine Kirche. Ich habe ein Schloss. Sie haben ein Armutsgelübde abgelegt. Ich bin reicher als Gott. Sie können sich in der Öffentlichkeit nicht mit ihr sehen lassen. Ich kann mit ihr vor tausend Kameras treten und sie vor aller Welt küssen.“
Wesley holte noch einmal tief Luft und starrte Søren herausfordernd an. Und er sah etwas in den Augen des anderen.
Ein Aufblitzen von Angst.
Plötzlich da. Plötzlich wieder weg. Aber er hatte es gesehen. Und das gab ihm alle Hoffnung,
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