Sklaven der Begierde
zumindest in Gedanken.
„Warte, bis du ihn kennenlernst.“ Sie hatte tief durchgeatmet und gequält gelächelt. „Dann wirst du sehen, dass ich recht habe.“
Sie hatte recht gehabt.
Noras Schlafzimmer war eigentlich der letzte Ort, an dem er damit gerechnet hätte, diesen Mann zu treffen. Damals, als Wesley mit Nora zusammengelebt hatte, war er am Sonntagmorgen manchmal schwer versucht gewesen, den Gottesdienst in der Sacred Heart zu besuchen. Doch ein unbestimmtes Bauchgefühl hatte ihn stets davon abgehalten. Er wusste, dass Nora ihren Priester noch immer liebte, und Wesley hatte nicht die geringste Lust, den Mann spüren zu lassen, dass er eine Bedrohung für ihn war.
Zumal Søren sich durch Wesley nicht im Geringsten bedroht fühlte.
Ab sofort würde er sich ebenfalls nicht mehr von einem abwesenden Priester – oder Noras Gefühlen für besagten abwesenden Priester – aus der Ruhe bringen lassen, beschloss Wesley.
Schließlich stand sie doch leibhaftig hier … auf dem Sattelplatz, nur ein paar Meter entfernt, und flirtete mit Jon Huntley, einem der Trainer hier auf Camulet. Nora Sutherlin, die Frau seiner Träume. Seine Nora, hier mit ihm in Kentucky.
Und das hatte er Søren zu verdanken.
Er konnte sich noch gut daran erinnern, wie schockiert er gewesen war, als er die Worte hörte. Er hatte sich gerade an Søren vorbeigedrängt, um aus Noras Haus zu flüchten – und von dem Mann wegzukommen, der es sich zur Gewohnheit gemacht hatte, ihre makellose blasse Haut grün und blau zu schlagen.
Aber Søren hatte jene Worte gesprochen, die sein Leben verändern sollten.
„Wesley, ich muss Sie um einen Gefallen bitten.“
Langsam hatte er sich umgedreht und den Priester angesehen.
„Was für einen Gefallen?“ Er konnte den Hass in seiner Stimme hören. Sie klang so fremd. Wesley hasste niemanden. Er hatte nicht geglaubt, jemals jemanden hassen zu können. Bis zu diesem Moment.
„Wie ich bereits sagte, geht irgendetwas vor. Und ich fürchte, dass Eleanor durch die aktuellen Entwicklungen gefährdet sein könnte. Ich möchte daher, dass sie für eine Zeit von hier verschwindet. Ich hatte ja gehofft, dass es Kingsley und mir gelingen würde, die Situation im Laufe des Sommers, den sie auf dem Lande verbracht hat, zu bereinigen, aber leider …“
„Einen Moment mal. Sie wollen, dass ich …“
„Ich weiß, wer Sie sind, Wesley. Ich weiß, was Sie sind. Das wusste ich bereits, bevor ich Ihnen erlaubt habe, bei Eleanor einzuziehen.“
„Erlaubt? Was soll das denn heißen? Sie haben mir nicht ‚erlaubt‘, bei Elea… bei Nora einzuziehen. Sie hat mich gefragt. Ich habe Ja gesagt.“
Søren lächelte, und dieses Lächeln fühlte sich an, als ob jemand einen Eiszapfen an Wesleys Rückgrat entlanggleiten ließ.
„Eleanor steht unter Beobachtung.“
Wesley war außer sich vor Wut. „Sie sind wirklich ein unglaubliches Arschloch“, zischte er und machte einen Schritt auf den Priester zu. „Sie spionieren Ihre eigene Freundin aus?“
„Das kann man wohl kaum Spionieren nennen, Wesley. Eleanor ist mein Eigentum. Also bin ich dazu verpflichtet, auf ihre Sicherheit zu achten. Sie schließen doch auch jedes Mal Ihre Autotür ab, wenn Sie den Wagen verlassen. Und Sie würden ihn gewiss nie in einer gefährlichen Straße parken. Und warum nicht? Damit er nicht gestohlen wird. Ich lasse Eleanor beobachten, damit ihr nichts passiert. Dasselbe Prinzip.“
„Mit dem kleinen Unterschied, dass Nora kein Auto oder Haus ist. Sie ist ein Mensch.“
„Ja. Und daher unendlich viel kostbarer als jede andere Sache. Aus genau diesem Grunde habe ich, sobald sie Interesse an Ihnen zeigte, Kingsley gebeten, alles Wissenswerte über Ihre Person herauszufinden.“
Wesley erwiderte nichts darauf. Er fürchtete ernsthaft, dass er Søren am Ende noch töten würde – oder von ihm getötet werden würde –, wenn er dieses Gespräch fortsetzte. Wie konnte er es wagen, Nora als Sache zu bezeichnen. In diesem Moment fiel seine Entscheidung. Wesley würde alles in seiner Macht Stehende tun, um Nora von diesem Mann loszulösen. Und dann von ihm fernzuhalten – für immer.
„Der Prinz von Kentucky. So werden Sie doch genannt, nicht wahr?“
Wesleys Kiefermuskeln verkrampften sich. „Leider.“
Søren hob eine Braue. „Warum haben Sie Eleanor eigentlich nie erzählt, dass Ihre Familie über ein Vermögen von rund einer Milliarde Dollar verfügt, junger Mann? Sie sind doch sonst eher der aufrichtige Typ.“
„Die
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