Sklaven der Begierde
rauskommen“, sagte Wesley. „Das ist der aufregendste Teil bis zum Finish. Die Pferde sind jetzt so high mit Adrenalin, dass sie wie Höchstgeschwindigkeitsgeschosse lospreschen.“
„Klingt gefährlich.“
„Ist es auch. Dabei passieren viele Unfälle. Und viele Pferde sind schon direkt vor der Startmaschine zu Tode gekommen. Gebrochene Knöchel, gebrochene Beine. Auch Jockeys verletzen sich oft beim Start.“
„Arme kleine Kerle.“
„Es gibt auch weibliche Jockeys, Nora.“
„Arme kleine Mädchen.“
„Galopprennen sind kein hübscher Sport“, räumte Wesley ein. „Die Pferde werden auf Geschwindigkeit gezüchtet, nicht auf Gesundheit. Sie haben spindeldürre Beine, die leicht brechen, und durch die gewaltige Anstrengung beim Rennen kommt es manchmal zu Lungenblutungen. Es sind zerbrechliche Tiere.“
„Zerbrechlich – also ganz nach meinem Geschmack. Warum sagt man eigentlich ‚Ich muss pinkeln wie ein Rennpferd‘? Pinkeln die wirklich so viel??“
„Wenn es zu Lungenblutungen kommt, kriegt das Pferd Lasix, das ist ein harntreibendes Mittel. Dann kann es schon mal über siebzig Liter pinkeln.“
„Hmmm, siebzig Liter. Wenn ich genug Chardonnay intus habe, kann ich das locker überbieten.“
„Wir können nachher in die Bar gehen. Oder du kannst. Ich darf ja noch nicht.“
„Reib nur weiter Salz in meine Wunden, Junior.“ Nora drehte ihm das Gesicht zu und lächelte boshaft. Dann wandte sie sich wieder dem Rennen zu. Wesley errötete. Er hatte versucht, nicht an heute Nacht zu denken. Schließlich wollte er hier nicht in aller Öffentlichkeit mit einer unübersehbaren Erektion in der Hose herumlaufen. „‚Spanks For Nothing‘ führt. Wie viel gewinne ich, wenn er als Erster durchs Ziel geht?“
„Ein paar Tausend Dollar. Er hat eine hohe Gewinnquote.“
„Super. Ich kann das Geld gebrauchen. Ich habe im Souvenirladen eine Reitgerte gesehen, die ich unbedingt haben muss.“
„Nora, wie viele Reitgerten brauchst du denn?“
„Nur noch die eine. Wie immer.“ Sie stand auf und rief „Go, Spanks!“, aber ihre Stimme ging im Aufschrei der Menge unter, als die Pferde sich dem Finish näherten. „Spanks For Nothing“ schien tatsächlich für den Sieg prädestiniert, er lag um mindestens zwei Längen vorn.
Er überquerte die Ziellinie anderthalb Längen vor dem Zweitplatzierten.
Nora stieg auf ihren Sitz und brüllte „Fuck yeah!“ Wes wand sich vor Scham und bebte gleichzeitig vor Lachen.
„Lass uns dein Geld einsammeln.“ Er nahm sie bei der Hand und zog sie mit sich. Dann lösten sie den Wettschein ein, und sie brachte die Hälfte von ihrem Gewinn im Souvenirladen durch, indem sie stapelweise T-Shirts kaufte.
„Für wen sind die denn alle?“, wollte er wissen. Nora trug selten T-Shirts, und wenn, dann bestimmt nicht in Größe L.
„Eins für Griffin.“
„Natürlich.“
„Eins für Michael.“
„Wer ist Michael?“
„Sein Sub.“
„Warum stelle ich überhaupt solche Fragen?“
„Eins für Juliette.“
„Für wen?“
„Kingsleys Sekretärin. Er ist weiß und Franzose. Sie ist schwarz und Haitianerin … und sein sexuelles Eigentum.“
„So was sollte gesetzlich untersagt sein.“
„Sie sind aber so niedlich zusammen.“
„Deine Freunde machen mir Angst.“
„Sie sind völlig harmlos. Es sei denn, du machst sie wütend. Und das hier ist für Talel. Er sollte ein Andenken an seinen großen Sieg haben.“ Sie warf sich das Shirt über die Schulter und ging nach draußen.
„Er kriegt hunderttausend Dollar Preisgeld, einen Kranz aus Rosen und einen Pokal. Reicht das nicht als Souvenir?“
„Wer hätte nicht gern ein T-Shirt?“
Wesley antwortete nicht. Er vermutete, dass Nora nur einen Vorwand suchte, um mal wieder mit jemandem aus ihrer SM-Welt zu plaudern. Er führte sie zu den Ställen zurück, und sie gingen zu „Spanks’“ Box. Vermutlich würden sie gar nicht bis zu Talel vordringen, dachte er. Nach so einem Sieg wäre er garantiert von Gratulanten und Sportreportern umringt – und von den Leuten, die immer da waren, wenn es die Gelegenheit gab, sich ein bisschen in fremdem Ruhm zu sonnen. Der Hengst hatte sich heute als exzellente Investition erwiesen. Seine Decktaxe hatte sich vermutlich verdreifacht. Mindestens.
Doch als sie näher kamen, war da keine Siegesfeier im Gange. Stattdessen Tierärzte, Uniformen, Funktionäre … Er wusste aus Erfahrung, was solche Szenen bedeuteten.
„Lass uns gehen, Nora.“
„Nein, ich will
Weitere Kostenlose Bücher