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Sklaven der Begierde

Sklaven der Begierde

Titel: Sklaven der Begierde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tiffany Reisz
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christlich.“
    „Ich weiß.“ Jetzt lächelte Søren, und dieses Lächeln brachte ihn fast um den Verstand.
    „Wer bist du?“ Die Frage rutschte ihm heraus, bevor er sich auf die Zunge beißen konnte.
    Søren sah ihn nur an.
    „Ich meine … dein Name, Søren. Woher kommt der? Sie sagen, dass du Marcus Stearns bist. Aber das stimmt nicht.“
    Søren schwieg eine Weile, und Kingsley betete, dass er antworten, dass er es ihm erzählen würde. Sein Verlangen nach Antworten von Søren war sogar noch größer als sein Verlangen nach Sex.
    „Marcus ist der Name meines Vaters“, sagte Søren, und seine Stimme verriet keinerlei Emotion. „Er hat meine Mutter vergewaltigt, und so wurde ich gezeugt. Er hat mir seinen Namen gegeben. Aber sie gab mir einen anderen, den Namen ihres Vaters. Niemand nennt mich Marcus, außer meinem Vater.“
    „Wer nennt dich Søren? Hier in der Schule, meine ich.“
    Søren berührte ganz leicht Kingsleys Lippen.
    „Nur du.“
    „Und warum ich?“ Diese Frage hatte ihn in den letzten zehn Wochen umgetrieben, seit jener Nacht, als er auf dem Waldboden vergewaltigt worden war. Von allen Jungen an der Schule, warum ausgerechnet er? Warum hatte Søren ihn auserkoren, seine Geheimnisse und seinen Körper mit ihm zu teilen?
    „Weil …“ Søren umfasste Kingsleys Hüften, legte seine Stirn an Kingsleys Stirn und holte zweimal tief Luft. „Weil du keine Angst vor mir hast.“
    Mit diesen Worten entzog er sich und verschwand in den Tiefen des dunklen Flurs. Kingsley blieb vor der Tür des Schlafsaals stehen, lehnte sich gegen die steinerne Wand und atmete schnell und heftig durch. Dann legte er eine Hand über seine Augen und schob die andere in seine Shorts. Er streichelte sich ein paarmal und kam keuchend zum Höhepunkt.
    Dann ging er wieder ins Bett, ohne sich vorher zu reinigen. Søren hatte ihm die Erektion geschenkt – und beinahe auch den Orgasmus. Deshalb wollte er die Spuren seiner Lust nicht abwaschen, ebenso wenig, wie er nach der Nacht im Wald ein Bad hatte nehmen wollen. Das Bewusstsein, das Søren in ihm gekommen war, war damals alle Angst und alle Qualen wert gewesen.
    Und schon bald würde er das wieder erleben können.
    Aber wie bald?
    Er taumelte durch den nächsten Tag, nahm kaum etwas um sich herum wahr. Er unternahm ernsthafte Versuche, aufmerksam zu erscheinen. Er beteiligte sich am Unterricht. Er unterhielt sich beim Mittagessen mit seinen Klassenkameraden. Er meldete sich sogar freiwillig, um in der Kapelle zu lesen. Aber in Wahrheit existierte er allein für Søren.
    Als er durch die zweite Etage der Bibliothek ging, hörte er seine Stimme. Aber war das wirklich Søren? Es klang wie er. Und dann wieder nicht. Die Stimme klang glücklich, aufmunternd, humorvoll. Konnte das sein? Kingsley musste ehrlicherweise einräumen, dass die Gesamtsumme seiner sämtlichen Gespräche mit Søren sich immer noch auf einen Zeitraum von unter einer Stunde belief. Und jedes dieser Gespräche war von einer gewissen Anspannung beherrscht gewesen. Er blieb im Flur stehen und spähte in einen der Klassenräume. An der Tafel stand Søren. Er trug braune Hosen, eine braun gemusterte Weste und ein weißes Hemd mit elegant geschnittenen Ärmeln. Vor ihm saß ein Dutzend Elf- und Zwölfjähriger, die allesamt die spanische Konjugation von „sprechen“ vor sich hin murmelten.
    Yo hablo … tú hablas … él habla … nostros hablamos …
    „Gut. Sehr gut“, sagte Søren, als seine Schüler fertig waren. „Und jetzt versuchen wir das noch mal … aber diesmal so, dass man auch etwas hören kann. Sprecht, bitte. Könnt ihr sprechen? Oder nix hablas inglés?“
    Nervöses, aber echtes Lachen tönte durchs Klassenzimmer. Søren nickte lächelnd. Die Schüler wiederholten ihre Konjugation, diesmal hörbar enthusiastischer.
    „Viel besser. Gracias.“
    Die Klasse antwortete wie aus einem Munde. „De nada.“
    Kingsley presste die Hand vor seinen Mund, um das Lachen zu unterdrücken, das aus ihm herauszuplatzen drohte. Søren, der als Schüler jedem Jungen in der Schule eine Heidenangst eingejagt hatte, schien nun von den Kleinen geradezu verehrt zu werden.
    Moment mal. Von seinen Schülern?
    Die Erkenntnis traf Kingsley wie ein Donnerschlag, und das Lachen verging ihm auf der Stelle. Er spürte, wie er zitterte, als er sich vorsichtig vom Unterrichtsraum entfernte. Er brauchte jetzt dringend frische Luft.
    Das Risiko, das sie mit ihrer Beziehung eingingen, war ihm schon gewaltig erschienen,

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