Sklaven der Begierde
zwar ein guter Lügner, aber selbst ihm fiel keine glaubhafte Erklärung dafür ein, dass er und Søren mitten in der Nacht hier herumschlichen.
Schweigend hasteten sie über die Flure, die Kacheln fühlten sich unter Kingsleys nackten Füßen kühl an. Er ging hinter Søren, nicht neben ihm. Zwar hatte Søren das nicht von ihm verlangt, aber seine gebieterische Haltung machte auch ohne Worte klar, dass er wünschte, vorauszugehen. Und aus irgendeinem seltsamen Grund liebte Kingsley es, sich ihm unterzuordnen.
Er spürte eine gewisse Anspannung, als sie die Haustür erreichten. Søren öffnete sie, und Kingsley senkte dankend den Kopf, als er hindurchschritt. Die Tür fiel hinter ihnen ins Schloss. Sie waren allein hier draußen, über sich nur Gott und die Sterne.
„Wohin gehen wir?“, fragte Kingsley, als sie vorsichtig über das kühle nasse Gras gingen. Zum Glück war der September in Maine noch ziemlich warm, sie würden also höchstens kalte Zehen kriegen. Kingsley atmete die Nachtluft ein und versuchte, sich ihren Duft einzuprägen. Kiefern … so viele Kiefern. Es war schwer, etwas anderes zu riechen. Aber er konnte einen Hauch des nicht allzu weit entfernten Ozeans wahrnehmen und Rauch von einem Feuer. Wie schön war doch das Parfum dieser Nacht – er würde es nie vergessen, versprach er sich, während er Søren an den Rand des Waldes und einen gut ausgetretenen Weg hinunter folgte.
„An einen Ort, zu dem ich manchmal gehe, um zu lesen. Du wirst dort sicher sein.“
„Du sorgst dich um meine Sicherheit?“ Kingsley hätte fast gelacht.
Søren blieb stehen und drehte sich zu ihm um. „Selbstverständlich sorge ich mich um deine Sicherheit.“ Er ging weiter. „Diese Nacht … Ich werde mich nicht dafür entschuldigen.“
„Das ist auch nicht nötig.“
„Ich will … Es ist schwer zu erklären, was ich will.“
„Kannst du es versuchen?“
Søren atmete heftig aus, und Kingsley zuckte zusammen. Eigentlich kümmerte ihn nicht, warum Søren wollte, was er wollte – solange er selbst irgendwo in diesen Wünschen vorkam. Aber er war neugierig.
„Ich muss dir Schmerzen zufügen. Das ist seit Jahren mein einziger sexueller Genuss oder zumindest der einzige Weg, überhaupt erst erregt zu werden. Ich nehme an, dass das, was mir passiert ist, als ich jünger war, es mir unmöglich macht … normal zu sein.“
„Gut“, sagte Kingsley mit ehrlicher Überzeugung. „Ich verbringe sowieso zu viel Zeit mit normalen Leuten. Mir gefällt, dass du nicht normal bist. Und mir gefällt, dass du mir Schmerzen zufügen willst. Ich hatte so viele Mädchen. Du wirst nicht glauben, wie viele. Fünfzig vielleicht? Nicht nur Mädchen, auch Frauen. Einmal sogar eine Lehrerin. Und jetzt dann wohl auch noch einen Lehrer.“
Er grinste, und Søren lachte leise.
„Ich nehme an, dass du noch nie mit einem Mädchen zusammen warst. Das macht nichts. Du hast nicht viel versäumt. Sie liegt da und kichert und seufzt, während du deinen Schwanz in sie hineinsteckst. Meistens bin ich mit meiner eigenen Hand besser bedient. Nur manchmal, wenn sie ein bisschen Angst vor mir hat oder wenn sie noch Jungfrau ist und viel Angst vor mir hat … dann macht es mir mehr Spaß. Diese Angst könnte ich trinken, so köstlich ist sie.“
„Das geht mir genauso.“ Søren wich vom Hauptweg ab und führte sie einen schmalen zugewachsenen Pfad entlang. „Nur eben mit Schmerzen. Die Vorstellung, das, was du eben beschrieben hast, mit wem auch immer zu tun, lässt mich völlig kalt. Ich glaube nicht, dass ich jemals so mit jemandem zusammen sein könnte. Nicht ohne ihm vorher wehzutun. Aber eines solltest du wissen. Ich war schon mal mit jemandem intim.“
„Wer war er?“ Kingsley zuckte zusammen, als er auf einen scharfen Stein trat. Søren blickte über seine Schulter zurück und lächelte. Dann ging er weiter. Ah, das war bereits Teil seines Plans. Kingsley ohne Schuhe, auf einem Weg, den er nie zuvor beschritten hatte. Wenn sie am Ziel wären, würden seine Füße bluten. Und er wusste, dass er Søren mit jedem Schmerzenslaut mehr erregte.
Kingsley hörte auf, darauf zu achten, wohin er trat, und überließ seine Füße dem gnadenlosen Waldboden.
„Es war kein Er.“
„Ein Mädchen? Ich dachte, du bist schon seit Jahren in St. Ignatius.“
„Ich bin mit elf Jahren hergekommen.“
„Mit elf? Das einzige Mädchen, mit dem ich geredet habe, als ich elf war, war meine eigene Schwester.“
Søren blieb stehen und drehte
Weitere Kostenlose Bücher