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Sklaven der Begierde

Sklaven der Begierde

Titel: Sklaven der Begierde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tiffany Reisz
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Französische, die Sprache, in der sie in ihren privatesten Momenten kommunizierten. Französisch war seine Muttersprache, und er fiel unwillkürlich in sie zurück, wenn er müde war oder schwach, in seinen verwundbarsten Augenblicken. Bei anderen benutzte er sie als Munition, um sie zu entwaffnen, oder als Schutzschild, um sie abzuwehren. Mit Søren war sie Ausdruck seiner Unterwerfung. Er hatte als kleines Kind französisch gesprochen. Und bei Søren war er ebenso schutzlos.
    „ Je suis le vôtre. J’étais toujours le vôtre, monsieur.“
    Ich gehöre Ihnen. Ich habe immer Ihnen gehört, Meister .
    „Oui. Tu es le mien.“
    Ja, du gehörst mir .
    Kingsley erstarrte, er war weder willens noch in der Lage, sich zu rühren. Zum ersten Mal seit dreißig Jahren hatte Søren „Du gehörst mir“ gesagt. Er hatte Jahrzehnte auf diesen Moment gewartet.
    Langsam zeichnete Søren Kingsleys Lippen mit der Fingerspitze nach. Kingsley dachte an jene erste Nacht auf dem Waldboden – wie Søren seinen geschundenen Körper auf den Rücken gedreht hatte; diese perfekten Pianistenfinger auf seinem Mund. Und wie den Fingern dann Lippen folgten. Der Kuss war ihm weniger persönlich erschienen als die Finger. Er hatte seine Mutter geküsst, seine Schwester, seinen Vater, seine Freunde. Franzosen küssten sich andauernd. Ein Kuss bedeutete nichts. Aber mit der Fingerspitze die Lippen eines anderen zu berühren – das war so erotisch, so besitzergreifend, so intim. Kingsley hatte in seinem Leben locker tausend Frauen und fünfhundert Männer geküsst. Aber es gab nur drei Menschen, denen er je erlaubt hatte, sein Gesicht mit ihren Händen zu berühren. Nora, Juliette und Søren.
    „Ich liebe dich immer noch so wie in der Nacht, als du mich gebrochen hast.“ Kingsley sprach dieses Bekenntnis laut aus. „Du kannst mich wieder brechen.“
    „Ich kann dich nicht brechen.“ Søren schüttelte den Kopf. „Das konnte ich nie. Deinen Körper, ja. Aber du hast einen Kern, den ich niemals berühren, niemals erreichen, niemals zerbrechen konnte. Es ist der Teil von dir, der nie Angst vor mir hatte.“
    „Liebst du deshalb sie und nicht mich?“
    „Sie hat auch so einen Kern. Und deshalb habe ich von allen Menschen auf der Welt nur dich und sie je geliebt.“
    Kingsleys Herz machte einen Sprung, angetrieben von Hoffnung. Dass Søren ihn und seine Kleine überhaupt in einem Atemzug nannte, bedeutete ihm mehr als jede Berührung.
    „Ich habe nichts in mir, das du nicht brechen kannst. Ich würde mich von dir zerstören lassen und dann aus meiner eigenen Asche wieder auferstehen, nur um die Ehre zu haben, noch einmal von dir gebrochen zu werden.“
    „Deine Schwester ist unseretwegen gestorben. Wegen dem, was wir, du und ich, füreinander waren. Ich kann nicht riskieren, Eleanor auf dieselbe Weise zu verlieren wie Marie-Laure.“
    „Marie-Laure hat mich wie verrückt geliebt. Ich war ihr Bruder. Und dich hat sie noch wahnsinniger geliebt. Du warst ihr Ehemann. Wir sind weder das eine noch das andere für deine Eleanor. Und sie hat uns beide verlassen. Schließ die Augen, Monsieur. Kannst du sie sehen? Sie ist in seinem Bett, genau jetzt, und spreizt die Beine für ihn. Sie liegt unter ihm. Er ist in ihr drin. Sie ist von uns gegangen. Nein. Sie ist nicht gegangen. Sie ist gerannt.“
    Søren lehnte sich im Sitz zurück und schloss die Augen. „Ich glaube, du bist der Teufel, Kingsley.“
    Mit einem bedauernden Lachen küsste Kingsley Sørens Knie und schob sich auf seinen Sitzplatz zurück. Binnen Sekunden wurde er wieder der berüchtigte französische Dom, die ausgestreckten Beine provozierend auf dem Lederpolster übereinandergeschlagen.
    „Bekanntlich ist der Teufel der Prinz der Lügen.“ Er sprach jetzt wieder Englisch. „Und du weißt genauso gut wie ich, dass ich die Wahrheit und nichts als die Wahrheit sage.“
    Diese brutal ehrliche Erkenntnis hing für den Rest der Rückreise nach New York zwischen ihnen. Kingsley drängte nicht weiter. Wenn es passieren sollte, dann auf Sørens Initiative hin, nicht auf seine. So war es immer gewesen. Der organisierte Untergrund hatte inzwischen die Wildheit aus Beziehungen wie ihrer genommen, hatte ihre Art der Liebe gezähmt, domestiziert. Die Szene benutzte jetzt Etiketten wie Dom und Sub und verbreitete Slogans à la „sane, safe and consensual“ , sicher, gesund und einvernehmlich . Und alle hatten Safewords. Selbst die Gewalttätigsten und Perversesten respektierten die Regeln,

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