Sklavin des Herzens
eingebildeter Mensch. Ist das das, was du hören möchtest?«
Sein Lächeln brachte ihr Herz fast zum Schmelzen. »Weißt du, wieviel Freude es mir macht zu wissen, daß du nur mir allein gehörst?«
»Ich könnte es mir vorstellen, wenn auch du nur mir allein gehören würdest.« Glühende Röte stieg ihr in die Wangen. Gott, wie hatte sie so etwas sagen können? »Ich meine, daß …«
»Nein, ich lasse dich das nicht zurücknehmen«, unterbrach er sie mit einem leisen Lachen. »Ich hatte recht. Ihr Engländer könnt nicht teilen.«
Ob sie teilen konnte oder nicht – jedenfalls teilte sie seinen Humor nicht. »Wenn du meinst, daß bei uns ein Mann zu einer Frau gehört, ja, dann stimmt es«, sagte sie bissig. »Aber ein Mann, der beinahe fünfzig Frauen besitzt, kann das nicht verstehen.«
»Bist du eifersüchtig, kleiner Mond?«
»Natürlich nicht.«
»Warum könnte es dich sonst stören, wie viele Frauen ich besitze?«
»Es ist unsittlich.«
»Nach euren Maßstäben. Nach unseren ist die Anzahl tatsächlich gering.«
Dagegen konnte sie nichts einwenden, da seine Religion den Männern in diesem Land die Vielweiberei gestattete. Er würde ihre Ansichten nie begreifen und sie sowieso ignorieren, warum sollte sie also ihre Worte verschwenden? Aber es machte sie wütend – bei Gott, das tat es -, daß seine Untreue hier selbstverständlich war, während die Welt unterginge, wenn ein anderer Mann eine seiner Frauen auch nur ansehen würde.
»Ich denke«, sagte sie mit steifem Hochmut, »daß ich in den Harem zurückkehren sollte.«
»Nun bist du mir böse.«
»Überhaupt nicht«, widersprach sie, obwohl ihre aufeinandergepreßten Lippen das Gegenteil bewiesen. »Ich habe deine Wünsche nur vorausgeahnt, denn man hat mir gesagt, daß du eine Frau sofort zurückschickst, wenn du mit ihr fertig bist.«
Chantelle wußte nicht, wie sie den Mut aufbrachte, das zu sagen, nachdem alles, was Vashti ihr verkündet hatte, nicht stimmte. Und Jamil gefiel es offenbar auch nicht, was er da hörte. Unbewußt griffen seine Hände fester nach ihr, er lehnte sich zurück, und sein Gesichtsausdruck wurde finster.
»Wer hat dir das erzählt?«
Bei diesem Ton schwand Chantelles Ärger. Wenn sie Vashti auch nicht mochte und jetzt noch mehr Veranlassung hatte, sie nicht zu mögen, wünschte sie doch niemandem eine Bestrafung, die von Jamil verhängt wurde.
»Ist das nicht egal?« meinte sie ausweichend.
»Wer?«
»Ich erinnere mich nicht.«
Seine Augen verengten sich noch mehr wegen ihres Starrsinns. »Was hat man dir noch erzählt?«
»Nichts.« Dann fügte sie entschiedener hinzu: »Wirklich.« Doch das hätte sie sich sparen können.
»Furchterregendes über mich, um dich zu ängstigen?« vermutete er zutreffend. »Wem verdanke ich die Verlängerung meiner Frustration? Wer wurde dazu bestimmt, dich zu instruieren?«
Sie wußte, daß er das leicht herausbringen konnte – auch ohne ihr Zutun. Wenn er auf jemanden wütend sein wollte, dann sollte er sie aufs Korn nehmen. Schließlich waren Vashtis Lügen nicht für all ihre Ängste verantwortlich.
»Sie irren sich, euer Hoheit.« Momentan war ihre Intimität vergessen, und Chantelle wählte wieder die förmliche Anrede. »Nichts, was man mir gesagt hat, konnte mir mehr Furcht einflößen als Ihre eigenen Handlungen.«
»Denkst du immer noch, ich würde dir weh tun?« fragte er eher verwundert als verärgert.
»Sie tun mir jetzt weh«, erwiderte sie ruhig.
Erst in diesem Moment merkte er, wie er ihre Brüste in seiner Erregung zusammenpreßte, und ließ sie zerknirscht los. Aber sie gab ihm keine Gelegenheit, sich zu entschuldigen.
»Das war jedoch nicht der Grund«, fuhr sie fort, »daß ich zögerte, das Bett mit Ihnen zu teilen. Ich wurde nach dem Grundsatz erzogen, daß eine anständige Frau sich keinem anderen Mann hingibt als ihrem rechtmäßig angetrauten. Ein abweichendes Verhalten würde Schande und Verderben über sie bringen.«
»Ich bin dein rechtmäßiger Herr.«
»Das zählt nicht.«
»Der einzige Mann, den du haben kannst, Haar, genau wie ein Ehemann.«
»Nein, das ist nicht dasselbe. Sie haben mich gekauft. Sie haben mich nicht geheiratet.«
»Möchtest du, daß ich dich heirate?«
Sie war bei dem bloßen Gedanken entsetzt. »Und daß ich Ihre vierte Frau wäre? Nein!«
Sie war ebenfalls entsetzt, als sie zu spät erkannte, daß sie ihn soeben sehr beleidigt hatte. Doch Gott sei Dank gab er sich nicht gekränkt, sondern sagte nur: »Gibt
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