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Sklavin des Herzens

Sklavin des Herzens

Titel: Sklavin des Herzens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johanna Lindsey
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Leibwächtern, die nie weit von Jamils Seite wichen.
    »Einen Moment, Jamil.« Omar genoß das Privileg, den Herrscher immer beim Vornamen nennen zu dürfen, doch er tat es nur privat. Er kannte Jamil seit dessen Geburt, hatte sich von Anfang an für seine Erziehung interessiert und stimmte völlig mit dem Divan, der Gruppe von Jamils Beratern, überein, daß Barka nie zuvor eine solche Blütezeit erlebt hatte wie unter Jamils Herrschaft. Sein Vater, Mustafa, war ein guter Regent gewesen, aber es hatte ihm an Jamils Diplomatie und Schläue im Umgang mit Barkas fremden Elementen und den Konsuln der ausländischen Regierungen gemangelt. Unter Jamil genoß Barka Frieden, nicht aber unter der Herrschaft seines Vaters oder seines älteren Bruders.
    Von Mustafas vielen Kindern waren Jamil und sein Bruder Kasim Omars Lieblinge gewesen, da sie schon früh mit hoher Intelligenz geglänzt hatten, doch wichtiger noch war es dem Großwesir erschienen, daß sie ein Gefühl für Ehre und Gerechtigkeit entwickelt hatten. Sie waren auch die Lieblinge ihres Vaters gewesen -möglicherweise, weil sein Erstgeborener, Mahmud, den er gewiß nicht vernachlässigt hatte, ein habgieriger und rachsüchtiger Charakter gewesen war, der sich während seiner kurzen Regentschaft den Titel »Tyrann« eingehandelt hatte. Doch nach Allahs Willen war Mahmud ohne Nachkommen gestorben, und zu Barkas Segen war Jamil der nächste in der Erbfolge gewesen.
    Er gab einen prächtigen Herrscher ab, sowohl von seinem Wesen als auch von seinem Erscheinungsbild her, und keine seiner Konkubinen fand etwas an ihm auszusetzen. Von seinem Vater hatte er die außergewöhnliche Größe und das kohlschwarze Haar geerbt, das, gerade unter einem weißen Turban versteckt, doch in einem üppigen Vollbart sichtbar war – dem Stolz der meisten Moslems. Von seiner Mutter besaß er die hohen Backenknochen und Brauen, vom Vater das starke Kinn und die Adlernase. Doch die Augen waren fraglos die von Lalla Rahine – und nicht die eines Türken oder Arabers, Augen, die Jamil das Aussehen eines Europäers gaben und fremde Diplomaten beruhigten.
    Erst seit kurzem hatte Jamil aufgehört, Diplomaten zu empfangen, und die dringenden Geschäfte wurden jetzt nur einmal in der Woche erledigt – alles andere besorgte Omar. Es zeigte Jamils tiefe Weisheit, daß er momentan seine Macht willig delegierte, denn die Frustration über die Einschränkungen, die er zu seinem eigenen Schutz auf sich nehmen mußte, ließ seinen Geduldsfaden von Tag zu Tag dünner werden. Er selbst war der erste, der merkte, daß sein gleichmäßiges Temperament sich negativ verändert hatte, was seine Urteilskraft beeinträchtigte und ihn leicht zu falschen Entscheidungen verleidete – oder dazu, jemanden zu verletzen, den er nicht verletzen sollte.
    »Schleichen Sie jetzt schon in den Hallen herum, Omar?« fragte Jamil, als er sich dem Großwesir näherte.
    Der ältere Mann lachte vor sich hin. »Es scheint so.«
    »Was wünschen Sie?«
    »Nichts Wichtiges«, erwiderte Omar. »Ich dachte nur, Sie sollten vielleicht noch eine Sklavin für den Harem kaufen.«
    Jamil furchte die Stirn. »Ich darf wohl meinen Ohren nicht trauen, oder? Sie meinen doch nicht …«
    »Hören Sie mich bis zum Ende an, mein Herr.« Omar trat zurück, damit er sich den Hals nicht verrenken mußte, um zu Jamil aufzusehen. Das war der einzige Grund seiner Distanz, denn er liebte Jamil wie seine eigenen Söhne und glaubte, das Gefühl beruhe auf Gegenseitigkeit. Jamils finsterer Gesichtsausdruck schüchterte ihn keineswegs ein. »Ich weiß, daß Sie der Meinung sind, bereits zu viele Frauen zu besitzen, aber ich dachte bei der einen auch nicht, daß sie für Sie sein sollte.«
    Ein Grinsen erhellte Jamils strenge Züge. »Sie wollen, daß ich Ihnen eine Frau kaufe und sie in meinem Harem verstecke? Bereiten Ihre Frauen Ihnen wieder Ärger, alter Freund?«
    Omar lachte geradeheraus. »Nein, mein Herr, nicht für mich. Ich dachte an jemand anderen, der sie vielleicht gern hätte. Sie soll Engländerin sein, deshalb kam mir die Idee. Sie wurde gestern nacht heimlich bei Hamid Sharif abgeliefert. Daß er sie so versteckt, kann nur bedeuten, daß sie entweder so häßlich ist, daß er sich schämt, oder sie ist so schön, daß sie einen Volksauflauf verursachen würde, wie wir es schon erlebt haben. Der Grund, warum ich die Frau erwähne, ist, daß er sie Ihnen diesmal eventuell nicht anbietet, weil Sie ihm in den vergangenen Monaten so viele

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