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Sklavin des Herzens

Sklavin des Herzens

Titel: Sklavin des Herzens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johanna Lindsey
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sich der Herrscher entspannt ausgestreckt hatte. Im übrigen war der Raum nicht menschenleer. Ein Kaffeekoch war anwesend, Jamils Pfeifenträger und ein halbes Dutzend anderer Diener, alles persönliche Sklaven. Eine von Jamils Konkubinen, die in den zehn Sekunden nach Omars Anklopfen genügend Zeit gehabt hatte, sich zu verschleiern, saß mit demütig gesenktem Kopf neben Jamil.
    »Hatten wir eine Verabredung, Omar, die ich vergessen habe?« fragte Jamil in das Schweigen hinein, das mit dem Eintreten des Fremdlings entstanden war.
    »Durchaus nicht, mein Herr. Doch wir bitten um ein privates Wort, falls es Ihnen nicht lästig ist. Ich denke, daß sogar Ihre Wächter hinausgehen sollten.«
    Jamil hob die Brauen bei diesem Anliegen, doch er stellte keine Fragen. Er nickte nur, und die Diener verließen den Raum rückwärts sich verneigend, wie es in der Gegenwart des Herrschers üblich war. Die Frau verhielt sich ebenso, wobei sie ihre Enttäuschung darüber verbarg, daß der Großwesir ihre Stunde mit dem Gebieter unterbrochen hatte. Jamil achtete nicht mehr auf sie. Er betrachtete Omars geheimnisvoll verhüllten Begleiter, der seinerseits den Herrscher nicht aus den Augen ließ.
    Als der Raum leer war, fragte Jamil: »Nun? Taucht hier endlich jemand auf, der mir über die gemeinen Anschläge Informationen bringt? Was wußte er Ihnen zu berichten, Omar?«
    »Daß er eine angenehme Reise hatte, wenn man mehr als einen Monat auf See ohne Frauen an Bord, die einen Mann verwöhnen, als angenehm bezeichnen kann.«
    Jamil sah seinen Großwesir zürnend an. »Soll das ein Scherz sein, alter Freund?«
    Omar konnte sich nicht zurückhalten; er lachte entzückt, prustete noch ein wenig und riß sich dann zu einem Grinsen zusammen, als Jamils Gesichtsausdruck immer finsterer wurde. »Offenbaren Sie sich, ehe er mich für verrückt hält«, sagte er mit vor Lachen feuchten Augen.
    Derek hob die Hand und schob die Kapuze zurück, dabei ging er auf Jamil zu. Dieser richtete sich auf, ehe er sich erhob. Mit einem Schritt kam er von dem Podium herab und blieb dann stehen. Derek hatte ihn erreicht. Sie maßen sich mit den Blicken – ein grünes Augenpaar ungläubig, das andere identische Paar voller Rührung.
    »Jamil«, sagte Derek einfach, doch eine Welt von Bedeutung lag in diesem Wort.
    Jamil lächelte langsam, dann stieß er einen Schrei aus und drückte Derek in einer Bärenumarmung, die einen schwächeren Mann zerquetscht hätte, an sich. Derek erwiderte die Umarmung nicht weniger heftig.
    »Allah ist gnädig, Kasim! Ich habe nicht geglaubt, dich je wiederzusehen.«
    »Und ich habe dasselbe von dir angenommen.«
    Sie brachen in Gelächter aus, denn einer mußte nur in den Spiegel blicken, um den anderen zu sehen – so ähnlich waren sie sich.
    »Neunzehn Jahre«, fuhr Derek fort und musterte den Zwillingsbruder. »Gott, habe ich dich vermißt.«
    »Nicht mehr, als ich dich vermißt habe. Ich glaube, ich konnte unserer Mutter nie verzeihen, daß sie uns trennte.«
    »Es machte einen alten Mann sehr glücklich«, gab Derek mit gedämpfter Stimme zu bedenken.
    »Was bedeutet mir das, wenn mich der Kummer beinahe umgebracht hat?« stieß Jamil mit einer Verbitterung hervor, die er nie ganz hatte überwinden können. »Wußtest du, daß sie auch mich, wie jeden anderen, zu überzeugen versuchten, du seist tot? Jawohl, mich! Als hätte ich die Wahrheit nicht gespürt! Ich dachte, ich würde wahnsinnig, als sogar Rahine darauf bestand, du seist gestorben. Dabei wußte ich – ich wußte es hier …«, er schlug sich auf die Brust, » … daß das nicht wahr sein konnte. Schließlich mußte sie zugeben, was sie getan hatte.« An diesem Tag hatte er aufgehört, sie Mutter zu nennen.
    »Das hättest du mir sagen sollen.«
    Jamil machte eine wegwerfende Handbewegung. »Ich war fünfzehn, als sie mir endlich verriet, wie ich Kontakt mit dir aufnehmen konnte. Ich wollte Gefühle nicht wieder wecken, die fünf Jahre begraben gewesen waren, Gefühle, die jeder hätte lesen können, ehe meine Briefe dich erreicht hätten.«
    »Und ich wagte es nicht, zu fragen, warum du meine Briefe nie beantwortet hast, obwohl ich sofort zu schreiben begann.«
    »Ich habe sie nie bekommen! Dafür hat unser Vater gesorgt, wieder auf Rahines Wunsch hin.«
    »Warum?« fragte Derek, und sein eigener Groll stieg nach Jahren an die Oberfläche.
    »Sie wollte keine Erinnerungen. Uns gab es doppelt, also konnte man leicht einen opfern. Und sie wollte nicht daran

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