Sklavin des Höhlenmenschen
diesen Stamm“, sagte Siri. „Wir glauben, dass wir es für alle Lebewesen tun, damit alles weiterbestehen kann.“
„Was ist das für ein Ritus?“ Gandar ließ sich nicht abbringen.
Siri musste ihm klar machen, wie wichtig das Ritual war. Wichtiger als sie beide. Sie wollte so sehr, dass er blieb, aber in diesem Fall würde er nicht zusehen, wie die drei auserwählten Krieger sich zu einem letzten Kampf zusammenfanden, damit einer übrig blieb, der nach weiteren Prüfungen Stellvertreter der Gottheit wurde. Gandar würde sich dagegen auflehnen, gegen die anderen wüten, vielleicht sogar mitkämpfen wollen. Siri schauderte bei dem Gedanken daran. Gandar war ein mächtiger Krieger und Jäger, aber selbst wenn er gegen die drei anderen gewann, so konnte er danach versagen. Und das bedeutete so viel wie seinen Tod.
„Vor unzähligen Zyklen, die viele Leben umfassen, war es kalt hier“, sprach Siri weiter. „So sehr, dass fast alle Menschen und Tiere ausstarben. Nur noch wenige von unserem Volk überlebten. Sie zogen sich in diese Höhlen zurück, lernten, anstatt von den Wurzeln und Beeren zu leben, Tiere zu jagen. Tiere, die groß und mächtig waren und viele töteten.“
Sie erhob sich, zog einen brennenden Ast aus dem Feuer, ging in der Höhle umher und zeigte auf die Malereien. Gandar war ebenfalls aufgestanden und folgte ihr. Auch hier waren Bilder, wie er sie schon auf dem Weg in die Höhle gesehen hatte. Die Wände waren voll davon.
„Vor sehr langer Zeit hat mein Volk begonnen, diese magischen Zeichen zu malen. Damals war diese große Kälte. Die Alten erzählen auch heute noch davon, geben es an die Jungen weiter und die wieder an die Kinder. Die Sklavinnen und Dienerinnen der Gottheiten sind die Hüterinnen dieser Geheimnisse und der Magie. Wir leben, sterben und werden neu geboren. Wie die Gottheiten, die uns Kälte und Wärme schicken, auch alles sterben lassen, damit es wieder wächst und uns Nahrung spendet. Alles ist da, nichts vergeht. Alles kehrt wieder. Der Ritus der Vereinigung ist das Zeichen dafür. Aber wenn wir ihn nicht vollziehen, dann ziehen sich die Götter zurück und entziehen uns ihre Gunst.“
„Du sprichst so anders“, sagte Gandar zögernd.
„Ich spreche als Dienerin.“ Sie wandte sich ihm zu und sah ihn traurig an. „Es wird Zeit, ich fühle es. Ich muss mich zurückziehen und mich auf das weitere Ritual vorbereiten. Heute beginnt der letzte Kampf um die Dienerin. Die Sklaven der Dienerin sind schon auserwählt. Sie haben gekämpft, und die drei Stärksten werden am Ritual teilnehmen.“
„Das Ritual“, begann Gandar, plötzlich hellsichtig geworden, „besteht darin, dass dich diese Männer begatten?! Ich werde sie töten!“
„Nein, das darfst du nicht. Du kannst hierbleiben, bis das Ritual vorbei ist, wenn du willst, und wir können uns danach immer sehen, sogar auch eine Hütte teilen. Aber erst, wenn die Gottheiten besänftigt sind.“
„Das lasse ich nicht zu!“ Gandar wollte nach ihr greifen, aber plötzlich verloschen Fackel und Feuer zugleich. Gandar brüllte vor Zorn laut ins Dunkel, stieß wütend gegen die Höhlenwand, tastete sich entlang und verirrte sich schließlich vollkommen in dem Labyrinth aus Kammern. Aber Siri war fort.
Es dauerte lange, bis er wieder einen Lichtschein sah. Es war die alte Dienerin, die ihn mit mehreren Kriegern holte. Als er ihr die Fackel entreißen und Siri nachlaufen wollte, hielten ihn die Jäger auf. Er machte Anstalten, mit ihnen zu kämpfen, aber die alte Frau hielt ihn davon ab.
„Du solltest froh sein, wenn du gehen darfst.“
„Ich soll erlauben, dass ein anderer sie besitzt?“ Gandars Augen glühten vor Wut. „Niemals!“
„Du kennst das Ritual nicht.“ Die Alte klang höhnisch. „Es sind drei männliche Sklaven der Gottheit ausgewählt, aber nur derjenige, der am Ende übrig bleibt, darf für die Dauer des Rituals der Gatte der Dienerin werden.“
„Das werde ich sein!“, fuhr Gandar sie an. Er schob sie zur Seite, wollte aus der Höhle, aber die Krieger bedrohten ihn abermals mit ihren Speeren. Er ging auf sie los.
Die Alte fasste nach seinem Arm. „So wirst du Siri niemals wiedersehen.“
Gandar ging endlich mit. Aber plötzlich stießen die Männer ihn in einen kleinen Gang hinein, der in einem Raum mündete, der so lang und breit war, dass er mit vier Schritten nach jeder Seite durchmessen werden konnte. Bevor Gandar sich zur Wehr setzen konnte, krachte auch schon ein schweres Geflecht
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