Skorpion
der Tür des kleinen Büros regte sich Isaac, schüttelte benommen den Kopf. Marsalis warf ihm einen Blick zu, sah dann wieder zu Greta und streckte ihr warnend einen Finger entgegen. Dann ging er zu dem Samoaner hinüber. Isaac knurrte, spuckte Blut und sah funkelnd und in ungläubiger Wut zu dem schwarzen Mann auf. Er winkelte die Arme zu beiden Seiten an und stemmte die gewaltigen Pranken auf den Boden.
»Stehst du auf«, meinte Marsalis leidenschaftslos, »bringe ich dich um.«
Der Samoaner hörte anscheinend nicht. Er spannte die Arme an, den Mund zu einem Grinsen verzogen.
»Isaac, das meint er so.« Greta beugte sich über den Schreibtisch und sagte eindringlich zu ihm: »Er ist ein Dreizehner. Unglück. Du bleibst, wo du bist. Ich regele das schon.«
Marsalis schoss ihr einen Blick zu. »Wie großzügig von Ihnen!«
»Verdammt, Marsalis! Einigen von uns wird Loyalität über die Bezahlung hinaus entgegengebracht.« Ein jähes, nicht zu unterdrückendes breites Gähnen. »Erwarte nicht von Ihnen, dass Sie das verstehen.«
»Halte ich Sie wach?«
»Schnauze. Sie wollen mir Fragen stellen, also nur zu! Dann verschwinden Sie.«
»Sie haben heute mit Manco gesprochen?«
»Nein.«
Er ließ sich auf der Schreibtischkante nieder. »Gestern?«
»Bevor er sich mit Ihnen getroffen hat. Danach nicht mehr.«
»Warum würde er die Armee beauftragen und keine Jungs aus der familia?«
»Sie vermuten, dass er es war.«
»Er war nahe daran, mich selbst umzulegen, oben in Sacsayhuaman. Ja, ich vermute, dass er es war.«
»Sie haben keine anderen Feinde?«
»Wir waren, glaube ich, zu der Übereinkunft gekommen, dass ich hier die Fragen stelle.«
Sie zuckte mit den Schultern. Wartete.
»Hat Manco irgendwelche Interessen in Jesusland?«
»Von denen ich weiß? Nein.«
»Im Rim?«
»Nein.«
»Er hatte einen Cousin, der in Florida gesessen hat. Trug anscheinend eine Jacke, genau wie die hier. Wissen Sie was davon?«
»Nein.«
»Ihr befördert überhaupt Medizintech?«
Sie unterdrückte ein weiteres Gähnen. »Wenn es sich lohnt.«
»Von einem Knaben namens Eddie Tanaka gehört?«
»Nein.«
»Texaner. Eindeutig ein kleines Licht.«
»Ich habe ›nein‹ gesagt.«
»Was ist mit Jasper Whitlock?«
»Nein.«
»Toni Montes?«
»Nein.«
»Allen Merrin?«
Sie warf die Hände hoch. »Marsalis, was soll das, zum Teufel? Haben Sie ’n Bad in der Menge genommen? Sehe ich für Sie wie Shannon Doukoure aus? Wir sind keine verdammte Vermisstenstelle!«
»Also kennen Sie Merrin nicht?«
»Nie von ihm gehört.«
»Was ist mit Ulysses Ward?«
Sie setzte sich in den Sessel zurück. Seufzte. »Nein.«
»Manco behandelt Sie so weit gut, Greta?«
Erneut ging sie hoch, diesmal richtig. »Das geht Sie einen absoluten Scheißdreck an!«
»He, ich hab mich nur so gefragt.« Er gestikulierte. »Ich meine, Sie sehen gut aus und so, sind aber letztlich eine Verdrehte, genau wie ich, und…«
»Ich ähnele Ihnen in nichts, Sie Unglücksrabe«, sagte sie kalt.
»… wir alle kennen die Gefühle der familias gegenüber Verdrehten. Ich kann mir nicht vorstellen, dass sich Manco in dieser Hinsicht von den andern Taytas unterscheidet. Muss schwer für Sie sein.«
Greta schwieg.
»Nun?«
»Ich habe nicht gehört, dass Sie mir eine Frage gestellt hätten.«
»Nein?« Er grinste gnadenlos. »Meine Frage, Greta, war, wie es dazu kommt, dass eine Gringa- Hib-Verdrehte wie Sie am Ende hier in einem Außenbüro für die familias arbeitet?«
»Weiß ich nicht, Marsalis. Vielleicht, weil einige von uns Verdrehten das transzendieren können, was in unseren Gehen geschrieben steht, und einfach weitermachen und ihre Arbeit erledigen. Ist Ihnen das je in den Sinn gekommen?«
»Greta, Sie schlafen vier Monate von zwölfen. Das verursacht bei jedem einen ernsthaften Knick in der Produktivität. Fügen Sie noch hinzu, dass Sie weiß, eine Frau und nicht von hier sind. Die familias sind nicht für ihre progressive Haltung bekannt. Also sehe ich keine Möglichkeit, wie das funktionieren könnte, außer meine Quellen haben recht, und Sie bumsen den Boss.«
Auf der anderen Seite des Raums wurden Isaacs Augen in ungläubiger Wut riesig groß. Sie fing seinen Blick auf und schüttelte den Kopf, dann fixierte sie Marsalis eindringlich.
»Ist es das, was Sie gern glauben würden?«
»Nein, es ist das, was Stéphane Névant mir sagt.«
»Névant?«, fragte Greta höhnisch. »Dieser Pisser? Verdammter Möchtegern- Pistaco, zu dumm, um zu
Weitere Kostenlose Bücher