Skorpion
zurück ins Hotel bringen könnte. Er schritt durch die Kühle des Abends über große, aufeinander folgende Rechtecke kristallinen violetten Lichts von den LCLS-Straßenlampen oben. Es war ein Gefühl, als würde er eine Reihe kleiner Theaterbühnen überqueren, jede für eine Vorstellung erhellt, für die er nicht stehen bleiben und die er nicht geben wollte. Sein Gehirn war aus Schlafmangel völlig benebelt. In der Erschöpfung ein Wirbel aus nicht enden wollenden Spekulationen, die, zusammen mit einem gewaltigen, leer laufenden Ärger, darum kämpften, ihre richtige Position einzunehmen.
Verdammter di Palma!
Ihm war nicht klar, wie viel Ärger sich auf seinem Gesicht zeigen musste, bis er mit einer Straßenkünstlerin zusammenstieß, die ihm entgegenkam und mit etwas beladen war, das wie zusammengesuchte Teile aus dem Müll aussah. Sie prallten mit den Schultern gegeneinander, und seine Körpermasse stieß sie um. Der Müll fiel scheppernd zu Boden und verteilte sich über dem Pflaster. Ein einzelnes stählernes Rädchen von einem Kinderfahrrad rollte davon, glitzernd im LCLS-Schein, traf auf die Bordsteinkante und kippte jäh in die Gosse dahinter. Die Künstlerin schaute zu ihm auf, das geschminkte Gesicht verdrossen.
»Warum passen Sie nicht…«
Und ihre Stimme erstarb.
Einen schweigenden Augenblick lang sah er auf das in schreienden Farben bemalte Clownsgesicht und die starre, kupferfarbene Pagenschnittperücke hinab, dann ging ihm auf, dass er die Lippen fest zusammengepresst und die Kieferknochen angespannt hatte; so groß war sein Ärger über di Palma, dem er noch nicht Luft gemacht hatte, über Onbekend, über eine ganze Schar schattenhafter Ziele, die er nach wie vor nicht deutlich erkennen konnte.
Ja, keines davon ist dieses Mädchen. Reiß dich zusammen, Carl!
Er brummte und bot ihr die Hand.
»Tut mir leid. Hab nicht aufgepasst. Meine Schuld.«
Er hievte sie hoch. Die Angst verblieb in ihren Augen, und sie zog ruckartig die Hand zurück, sobald sie auf den Beinen stand. Er wollte ihr schon dabei helfen, die zerstreuten Stücke und Teile vom Pflaster aufzusammeln, sah dann, wie sie zusammenzuckte, weil sie nach wie vor Angst vor diesem großen schwarzen Mann auf der verlassenen Straße mit den violetten Lichtpaneelen hatte. Gereiztheit flammte in ihm auf.
»Dann mach deinen Dreck doch alleine!«, sagte er barsch zu ihr.
Er bekam das Gefühl, dass sie ihm nachsah, während er davonging. Etwas an dieser Begegnung nagte an ihm, aber er konnte sich nicht damit abgeben, diesen Strang weiter zu verfolgen.
Ein Taxi kam auf der nächsten Querstraße vorbei, und er rief und gab Zeichen. Die Sensoren registrierten ihn, und das Taxi vollführte eine schicke, maschinenperfekte U-Wende über den Gegenverkehr und fuhr gelassen neben ihm heran. Die Tür öffnete sich.
Er stieg ein. Schwache Beleuchtung und Schlitzfenster, Sitze aus Lederimitat. Jäh stürzte die Erinnerung an die Taxifahrt in der Nacht zuvor herein, an das Taxi, in dem ihn Sevgi Ertekin entdeckt hatte und dem sie gefolgt war, und sorgte für einige winzige, unerklärliche innere Verletzungen.
Das generierte weibliche Interface tauchte auf. »Willkommen bei Merritt-Taxi. Was soll…«
»Red Sands International«, sagte er grob.
»Die Red-Sands-Kette hat Filialen auf beiden Seiten der Bay. Zu welcher wollen Sie?«
»San Francisco.«
»Unterwegs«, sagte das ’face glatt. Nachdem die Züge sich zusammengesetzt hatten, dachte er erneut an Carmen Ren und ihre generierte Rimstaaten-Schönheit, die glatte…
Der Clown.
Der verdammte Clown!
»Anhalten!«, fauchte er.
Sie kamen zum Stehen. Er kämpfte mit der Tür.
»Willst du mich rauslassen, verdammt?«
»Die Bezahlung steht noch aus«, erwiderte das Taxi zaghaft. »Ungeachtet der Fahrstrecke behält Merritt-Taxi sich vor…«
»Ich komme zurück, ich komme zurück, verdammt! Bleib nur hier stehen!«
Die Tür öffnete sich und stellte sich fest. Er schoss heraus und sprintete über die Kreuzung zur Ecke zurück. Bevor er sie erreichte, wusste er bereits, was er vorfinden würde. Er jagte trotzdem um die Ecke und rannte die lange Strecke der kristallinen violetten Bühnenbeleuchtung zurück zum COLIN-Gebäude.
Die Straße war leer, genauso, wie er es gewusst hatte. Teile und Stücke des Mülls lagen nach wie vor dort, wo sie hingefallen waren. Das Fahrrad hockte kläglich und verlassen in der Gosse. Die Frau mit dem geschminkten Gesicht war verschwunden.
Er machte auf dem
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