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Skorpione im eigenen Saft

Skorpione im eigenen Saft

Titel: Skorpione im eigenen Saft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Juan Bas
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Gefallen daran, ihn so zu nennen – kam mit der Geschwindigkeit, in der Milch überläuft, und mit dem Ausdruck eines Piraten beim Entern aus dem Kabuff geschossen; der Zeigefinger seiner linken Hand war blutig und in der Rechten hielt er ein großes Kochmesser von Sabatier aus Stahl mit Kohlenstoffanteil, Dem Betrunkenen blieb gerade noch Zeit, ein angsterfülltes »O« mit seinem Mund voller Pferdezähne zu formen. Asti hob das Messer über seinen Kopf, und ohne hinzuschauen, stieß er es in den Tresen, zwischen den Ring- und den Mittelfinger der Hand, die der Saufbold auf die hölzerne Oberfläche gelegt hatte. Ich werde wohl nie erfahren, ob genau das seine Absicht war oder ob er den armen Kerl eigentlich verletzen wollte.
    »Arschloch! Jammerlappen! Wegen deinem blöden Gemecker hab ich mich geschnitten!«, tobte er und hob den verletzten Finger in die Höhe, um ihm gleich darauf den Mund mit Blut zu beschmieren. »Raus aus meiner Kneipe, und zwar auf der Stelle, du Misthaufen!«
    Doch der Besoffene war verwegen und antwortete ihm mit Sinn für die klassische Tragödie:
    »Ich will nicht dein Blut, du Wichser! Ich will Wein!«
    Asti ließ das Messer los, das im Tresen stecken blieb, und spannte seinen Arm wie ein Katapult, um ihm eine rechte Gerade zu verpassen, doch er hatte ausgesprochenes Pech und versetzte dem Zinken der stillen Wiederkäuerin, die unglücklicherweise hinter ihm stand, einen Stoß. Im gleichen Augenblick, in dem der Säufer die Rechte auf seinen Kolben kriegte, schlug die Wiederkäuerin mit dem Nacken gegen das Schnapsregal. Während eine Flasche Gordon’s, eine JB und eine mit Cacique-Rum zu Bruch gingen, geriet der Betrunkene ins Taumeln, bis er mit einem der bereitstehenden Stammgäste zusammenstieß, der ihn mit einem kräftigen Schubs hinaus auf die schmale verkehrsberuhigte Straße beförderte, die er stolpernd im Rückwärtsgang überquerte, bis er mit dem Kopf an ein Plakat des Innenministers mit Dreispitz und dem Gesicht von Tiberius VIII. knallte, das an der gegenüberliegenden Wand klebte, wo er schließlich sein spärliches Bewusstsein verlor.
    »Entschuldigen Sie die Störung, meine Herrschaften«, wandte sich Asti an das Dutzend Gäste, die dem Aussehen nach aus dem Viertel sein mussten und bestimmt nicht zimperlich waren. »Die nächste Runde geht aufs Haus, bestellen Sie, was Sie wollen … Du! Räum das da weg und kümmre dich um die Gäste …«, befahl er der folgsamen Wiederkäuerin, die, ohne sich über den ungewollten Schlag zu beklagen, angefangen hatte, die Scherben zusammenzufegen, und über der Oberlippe eine Röte aufwies, als hätte sie sich mit einer Rolle Stacheldraht geschneuzt.
    Wenn man davon absieht, dass er sich in betrunkenem Zustand in ein reizbares Wesen verwandelte, legte Astigarraga nüchtern gegenüber denen, die er für Seinesgleichen hielt – das waren ich und wenige andere –, ausgefeilte Manieren an den Tag und ein rüdes, despotisches und demütigendes Verhalten gegenüber Untergebenen und Angestellten.
    Nachdem Asti die harmlose Wunde am Finger versorgt hatte, gesellte er sich zu mir.
    »Schön, Sie zu sehen, Pacho. Tut mir Leid, dass Sie diesem unwürdigen Spektakel beiwohnen mussten. So, wie wir uns kennen gelernt haben, und mit dieser Sache eben müssen Sie ja einen großartigen Eindruck von mir haben.«
    Während der ganzen Zeit unserer Bekanntschaft – den heutigen Tag ausgenommen – hörten wir nicht auf, uns zu siezen.
    »Keineswegs, mein Freund. Ich halte mich an den vom letzten Abend, als wir geschmaust haben … Es war ausgesprochen angenehm, und es hat mir großen Spaß gemacht.«
    Überrascht zog er die Augenbrauen hoch, doch ich glaube, er war geschmeichelt, dass ich ihn einen Freund genannt hatte, was ihm wahrscheinlich nicht allzu häufig passierte.
    »Wie ich sehe, haben Sie den Hund mitgebracht, den Foxterrier. Wie heißt er denn?«
    Als er den Namen wusste, rief er mein geliebtes Maskottchen zu sich und streichelte es liebevoll. Dann richtete er sich auf, nahm den bereits vertrauten Ausdruck des Menschenfressers wieder an und wandte sich erneut an die Wiederkäuerin, deren Zinken stendhalianisch von Rot nach Schwarz wechselte.
    »Bring ein Häppchen Geflügelbrust für das Tier. Ich bin mir allerdings nicht sicher, ob die Dinger überhaupt genießbar sind, so, wie diese Schlampe sie heute zubereitet hat …«, sagte er mit dröhnender Stimme.
    Die Schlampe, das heißt die Köchin, hörte ihn – nur ein Toter hätte das

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