Skorpione im eigenen Saft
verließ Blanca die beiden Kasinos nur, um sich ein paar Grillsteaks, gebratene Leber und riesige Langusten mit Mayonnaise einzuverleiben. Auch verschmähte sie die eine oder andere doppelte Portion Stockfisch à la Biskaya nicht, das einzige Gericht der baskischen Küche, das es in den Restaurants der Queen Elizabeth II. gab. Anscheinend folgte man noch immer der von der Gräfin Parabere, Verfasserin einer Geschichte der Gastronomie von 1943, geschilderten Tradition, dass der Stockfisch nach Biskayaart »das einzige spanische Gericht sei, das auf Kreuzfahrtschiffen gereicht wurde«.
Und trotz dieser üppigen Schlemmereien hatte sie bei unserer Ankunft in New York zwei Kilo abgenommen. Sie war entzückt; während der ganzen Überfahrt bezog ich leidenschaftlich Prügel von ihr.
Doch nach drei Wochen in dem Häuschen in Connecticut, einer zweigeschossigen Holzhütte, die über sämtliche Annehmlichkeiten verfügte, verschlechterte sich ihre Gemütsverfassung.
Sie hatte sechs Kilo abgenommen. Was das anging, war sie sehr zufrieden, doch die ungesunde Diät fing an, Wirkung zu zeigen. Sie fühlte sich die ganze Zeit schwach und müde (wir hatten kaum noch ein Sexualleben), sie erlitt einem Gichtanfall in einem der Fußgelenke, der sie zwang, den Fuß fünf Tage lang hochzulegen, und vor allem litt sie anhaltend unter Verstopfung.
Sie, die sowieso zu Verstopfung neigte, war auf einmal richtig geplagt davon. Diese Schwierigkeiten waren ebenfalls eine Begleiterscheinung der Methode Perkins, außerdem ein übler Mundgeruch, der ihr wahrscheinlich nicht bewusst war, und der es mir erleichterte, ihre körperliche Zurückhaltung zu respektieren.
Doch da sie weiterhin Gewicht verlor, wollte sie die Diät nicht aufgeben und hielt sich streng daran.
Ich muss gestehen, dass ich litt und von widersprüchlichen Gefühlen heimgesucht wurde. Mehr als einmal war ich kurz davor, ihr zu verraten, dass dies ein gefährliches Spiel war und dass sie ihre Gesundheit aufs Spiel setzte. In diesen Augenblicken fielen mir Onkel Patxis Worte angesichts meiner zerstörten Existenz an meinem Krankenbett wieder ein: »Wir sechs waren damit einverstanden.« Und ich erinnerte mich an die dreizehn Jahre meines Martyriums wegen der unbarmherzigen Entscheidung der sechs, mich zu opfern, und Blanca war eine von ihnen gewesen. Das weckte meinen Zorn von neuem und gab mir die Kraft, mit ihrer langsamen Auszehrung fortzufahren.
Um auf die Toilette gehen zu können, nahm Blanca Evacuol, ein starkes Abführmittel, das sie aus Spanien mitgebracht hatte. Doch trotz des Evacuol hatte sie schon sieben Tage keinen Stuhlgang mehr gehabt und war völlig erledigt von dem aufgeblähten Bauch und den heftigen Krämpfen. Sie bat mich, ihr aufgelöst in einem Glas Milch eine dreifache Dosis zu geben.
Ich schwöre, dass ich es nicht absichtlich getan habe, es war ein Versehen; und wenn es das nicht war, dann, weil mein hasserfülltes Unterbewusstsein sich gegen meinen bewussten Willen durchsetzte.
In dem Medizinschrank stand neben dem Evacuol ein Fläschchen Secorral, ein wirksames Mittel gegen Durchfall, das ich nahm, wenn ich mich wegen meiner Alkoholexzesse zu oft erleichtern musste.
Die Dosis war dreifach, das schon.
Blanca trank die Milch und kurz darauf sagte sie, dass es klappen könnte. Sie ging ins Badezimmer.
Sie strengte sich zu lange an. Ich hörte sie vor Schmerzen ein paar Mal schreien und schließlich das unverkennbare Geräusch eines Körpers, der zu Boden fällt.
Blanca Eresi sang nie die Aida in der Metropolitan Opera.
Da lag sie vor der Toilette mit vor Anstrengung verzerrtem Gesicht und war tot.
Als ich die Polizei von Connecticut anrief und mich in meinem mangelhaften Englisch verständlich zu machen versuchte, weinte ich bitterlich. Es war ein zu grausames Schicksal, das mir das Leben beschert und das ich angenommen hatte, ohne dass ich einen Ausweg daraus finden konnte.
Die Polizei belästigte mich nicht lange.
Der Gerichtsmediziner stellte Herzversagen fest, verursacht von der extremen Anstrengung, um den Stuhlgang zu erzwingen. Das geschwächte Herz und die hohen Werte von Cholesterin und Harnsäure waren nichts Ungewöhnliches bei einer übergewichtigen Person. Und dass ein Medikament verwechselt wurde, war ein häufiges Versehen in Privathaushalten. Pancho wurde von einem dicken Streifenpolizisten mitgenommen. Ich denke, er ist im Magen irgendeines Kunden von McDonald’s gelandet.
Das war der Beweis.
Wenn es noch einen
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