Skulduggery Pleasant -1- Der Gentleman mit der Feuerhand
ihn.
„Mr Pleasant“, sagte er, „Sie kommen zu früh. Der Rat hat sich noch nicht versammelt. Ich kann Ihnen den Warteraum zeigen, wenn Sie möchten.“
„Ich würde gerne die Gelegenheit nutzen und unseren Gast ein wenig herumführen.“
Der Mann blinzelte. „Tut mir leid, aber der Zutritt ist nur einem eingeschränkten Personenkreis erlaubt, wie Sie wissen.“
„Ich wollte meiner Freundin lediglich das Repositorium zeigen“, sagte Skulduggery. „Das Buch, um genau zu sein.“
„Verstehe. Nun, als Administrator des Sanktuariums müsste ich Sie natürlich begleiten.“
„Selbstverständlich, ich bitte darum.“
Der Administrator verbeugte sich, machte auf dem Absatz kehrt und führte sie einen Korridor hinunter. Auf dem Weg begegneten ihnen weitere Wachen in grauen Uniformen. Stephanie hatte sich fast schon daran gewöhnt, mit Leuten umzugehen, die keine Augen und keine Mimik hatten, doch diese hier hatten etwas an sich, das sie nervös machte. Skulduggery war zwar ein lebendes Skelett, doch im Grunde immer noch menschlich, wogegen diese Leute, obwohl sie ihre Gesichter lediglich hinter Helmen versteckten, ihr viel unheimlicher vorkamen.
„Wer sind sie?“, fragte Stephanie im Flüsterton.
„Sensenträger“, antwortete Skulduggery leise. „Wachleute, Gesetzeswächter und Soldaten in einem. Gefährliche Individuen. Sei froh, dass sie auf unserer Seite sind.“
Sie bemühte sich, sie im Vorbeigehen nicht anzuschauen. Um das Thema zu wechseln, fragte sie: „Wohin gehen wir?“
„Ich möchte dir das Buch der Namen zeigen“, erwiderte Skulduggery. „Manche behaupten, die Urväter hätten es erschaffen, aber tatsächlich weiß man nicht, wer es gemacht hat oder wie es gemacht wurde. Es enthält die Namen sämtlicher Menschen, die auf dieser Erde leben: die gegebenen Namen, die angenommenen Namen - ob und wann ein Name wieder genommen wurde - und die wahren Namen. Wann immer ein Baby geboren wird, erscheint ein neuer Name auf einer Seite. Und wenn jemand stirbt, verschwindet der Name.“
Stephanie blickte auf. „Dann steht also mein wahrer Name in dem Buch?“
„Genauso wie meiner und der von allen anderen auch.“
„Ist das nicht gefährlich? Wer immer das Buch in Händen hält, kann die Welt regieren.“ Sie ließ ein paar Augenblicke verstreichen. „Meine Güte! Und ich kam mir schon lächerlich vor, weil ich das gesagt habe!“
Der Administrator schaute beim Gehen über die Schulter. „Nicht einmal die Ältesten öffnen das Buch, zu groß ist seine Macht, und zu leicht kann es den Charakter verderben. Aber sie finden keine Möglichkeit, es zu zerstören - es lässt sich nicht zerreißen, es lässt sich nicht verbrennen, es lässt sich durch keine uns zur Verfügung stehenden Mittel vernichten. Wenn an den Legenden etwas dran ist und das Buch von den Urvätern erschaffen wurde, dann ist es nur logisch, dass allein die Urväter es auch zerstören können. Die Ältesten sehen es als ihre Aufgabe, darauf aufzupassen und es vor neugierigen Blicken zu schützen.“
Sie kamen zu einer Doppeltür. Der Administrator gab ein Zeichen mit der Hand, und die Türflügel schwangen langsam auf. Sie betraten das Repositorium, einen großen Raum mit Marmorsäulen, der, wie Skulduggery erklärte, einige der seltensten und ungewöhnlichsten magischen Hilfsmittel, die es gibt, beherbergte. Sie gingen an langen Reihen von Regalen und Tischen vorbei, auf denen Gegenstände lagen, die so bizarr waren, dass sie sich nicht beschreiben lassen. Der Administrator wies auf einen der merkwürdigsten, ein zweidimensionales Kästchen, mit dessen wundersamem Inhalt auch der Hunger nach den abartigsten Gelüsten gestillt werden konnte, das aber nur sichtbar wurde, wenn man sich ihm in einem rechten Winkel näherte. Im Gegensatz zu den verwirrend vielen Gegenständen entlang der Wände war die Mitte des Raumes so gut wie leer. Lediglich ein Stehpult stand da, und auf dem Stehpult lag ein Buch.
„Ist das das Namensbuch?“, fragte Stephanie.
„Ja, das ist es“, erwiderte der Administrator.
„Ich habe es mir größer vorgestellt.“
„Es ist so groß, wie es sein muss, nicht kleiner und nicht größer.“
„Und man kann es einfach so da liegen lassen?“
„Es ist nicht so anfällig, wie du vielleicht denkst. Als es hierhergebracht wurde, haben sich die Ältesten den Kopf zerbrochen wegen der Sicherheitsvorkehrungen. Wie sollte man es schützen? Wachen können überwältigt werden. Ein Schloss an der Tür
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