Skulduggery Pleasant 6 - Passage der Totenbeschwörer
wurden ausdrücklich zum Bleiben aufgefordert.
An diesem Nachmittag war der Hof leer. Sie stieg ab und führte das Pferd in den Stall. Dort nahm sie ihm den Sattel ab und hängte ihn mit Schwung oben über die Tür. Das Pferd liebkoste ihren Hals und China lächelte. Sie schüttete ein paar Gabeln frisches Heu in die Box und wollte gerade hinausgehen, als plötzlich ein Mann hinter ihr stand. China ließ ihren Ellbogen nach hinten schwingen und traf ihn am Kinn. Er schwankte, sie drehte sich um und kickte ihm die Beine weg. Er stürzte, rollte sich zur Seite, hielt dann inne und hob die Hände.
»China«, sagte Jaron Gallow, »ich bin nicht gekommen, um gegen dich zu kämpfen.«
China hob eine Augenbraue. »Gut. Das vereinfacht die Sache ungemein.«
»Ich bin gekommen, um zu helfen.«
»Was helfen?«
»Dir helfen.« Er rieb sich das Kinn und blickte zu ihr hoch. »Ich weiß, dass Eliza wieder in der Stadt ist. Ich weiß, dass sie mit diesem Idioten Prave zusammensteckt. Ich habe sie beobachtet. Ich habe gesehen, dass du ihnen einen Besuch abgestattet hast.«
»Jeder spioniert jedem nach«, stellte China fest. »Es erwärmt mir das Herz.«
»Kann ich aufstehen?«
»Natürlich. Ich kann dir nicht garantieren, dass ich dich nicht wieder umniete, aber versuchen kannst du es ja.« Er kniff die Augen zusammen und stand dann mit langsamen Bewegungen auf. Er war dunkelhaarig und elegant, wenn auch schmaler, als sie ihn in Erinnerung hatte. Sein Gesicht war eingefallen. Sie betrachtete ihn eingehend und erst da fiel ihr seine rechte Hand auf. Sie steckte in einem Handschuh.
»Als ich dich das letzte Mal gesehen habe, hast du dir den Arm abgehackt, damit die Gesichtslosen dich nicht als Trägerkörper missbrauchen konnten. Ist er nachgewachsen?«
»Der hier? Nein, es ist nicht meiner. Er gehörte einem Spender.«
»Freiwillig oder nicht?«
»Nicht.«
»Was willst du, Jaron?«
»Ich kann mir nur ungefähr denken, was Eliza Scorn gegen dich in der Hand hat. Deshalb hat sie dich angerufen, stimmt’s? Um dich zu etwas zu zwingen. Es muss etwas ziemlich Schwerwiegendes sein, was immer es ist.«
»Ich bin mir nicht im Klaren, ob du um den heißen Brei herumredest oder mich ganz bewusst langweilst.«
»Ich weiß, was sie Vorhaben. Ich weiß, dass sie die Kirche der Gesichtslosen auf der ganzen Welt groß machen wollen. Ich bin mir ziemlich sicher, dass Eliza sich als eine Art Papstfigur sieht. Sie glaubt, sie kann die Gläubigen in eine Welt führen, in der die Starken belohnt und die Schwachen ausgemerzt werden.«
»Genau die Welt, die auch du gern hättest«, erinnerte China ihn.
Er schüttelte den Kopf. »Nicht mehr. Die Menschen ändern sich, China. Du weißt das am besten. Du warst vor mir der Kopf der Diablerie, du hast mir alles beigebracht, was ich weiß. Du warst eine Fanatikerin durch und durch. Und jetzt schau dich an. Ist es so schwer zu glauben, dass ich dieselbe Verwandlung durchgemacht habe? Damals auf der Farm, als wir das Portal geöffnet haben und sie zurückgekommen sind ... da habe ich begriffen, was sie wirklich sind. Es sind keine Götter. Es sind Dinge. Kreaturen. Monster. Vielleicht so mächtig wie Götter, aber verehrt zu werden, verdienen sie ganz gewiss nicht.«
China lächelte. »Blasphemie.«
»Das ist es tatsächlich. Ich habe meinen Glauben verloren, China. Es gibt keine Hoffnung auf eine wunderbare Welt, wenn sie zurückkommen. Das war von Anfang an eine große Lüge. Die Vorstellung, dass wir Anhänger verschont blieben, dass man uns willkommen heißen würde, während alle anderen umkommen ... Lächerlich. Diesen Dingen sind wir vollkommen gleichgültig.«
»Okay«, meinte China, »dann hast du also einen Sinneswandel durchgemacht. Du bist erleuchtet und hast der Schlechtigkeit den Rücken gekehrt. Das ist alles ganz wunderbar. Aber warum sollte mich das interessieren?« »Ich bin hier, um sie aufzuhalten.«
»Eliza?«
»Eliza, Prave und sämtliche anderen. Ich bin hier, um der Kirche der Gesichtslosen ein Ende zu bereiten, aber dazu brauche ich deine Hilfe. Ich habe mich ihnen bereits wieder angeschlossen. Es wird sein wie in der guten alten Zeit. Dir trauen sie nicht, aber mir.«
»Du hast also ihre Organisation unterwandert - und jetzt?«
»Eliza will den Einflussbereich der Kirche ausweiten. Um das zu tun, braucht sie umfassende Informationen darüber, wie stark oder schwach die Kirche jetzt ist, jetzt in diesem Moment. Sie wird mit Namen aufwarten, mit Standorten,
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