Skylark 3 - Die Skylark und die Sternenwanderer
halten kann, wurde der neue Zustand bald fast als normal angesehen, und als sich die Monate zu Jahren dehnten, arbeitete man bereits mit einer gewissen Routine dem grausamen Ende entgegen. Natürlich gab es da und dort noch einzelne, die die Nerven verloren und erschossen wurden. Und dann die Rücksichtslosen, die Egoisten, die Gauner, die kein Mittel scheuten, um ihre Rettung zu erreichen. Sie fraßen sich wie Würmer durch das Fleisch einer äußerlich gesunden Frucht. Aber die Wissenschaftler waren fast hundertprozentig loyal. Ihr Beruf war das Denken, und sie dachten klar und logisch und umgaben sich mit Soldaten und Wächtern, die ähnlich eingestellt waren. Alte Männer und Schwächlinge konnten keinen Platz finden in der Welt nach der Katastrophe, und der Raum reichte nur für die genau bestimmte Anzahl; deshalb konnten nur die ausgesuchten Kinder gerettet werden. Und was Bestechungen, Drohungen oder Erpressungen anging – was nützen einem zum Tode Verurteilten Macht und Reichtum? Welche Drohung kann ihn noch einschüchtern? Und mit der Zeit wurden die meisten Gauner aufgespürt und hingerichtet.
Die Zeit verging. Die Bunker wurden fertiggestellt. Man rüstete sie mit Vorräten, Bibliotheken, Werkzeugen und Geräten aus, die nötig waren, um eine zivilisierte Welt neu zu schaffen. Schließlich wurden die ›Kinder‹, die nun fast Erwachsene waren, in die Bunker gebracht. Sobald sich die massigen Türen hinter ihnen schlossen, gehörten sie einer anderen Welt an.
Man enthielt ihnen keine Information vor; ihre Bildung war perfekt; sie wußten genau, was ihnen bevorstand, sie wußten, was zu tun war, und wie sie es anpacken mußten.
Ihre Bunker waren von der Außenwelt abgeschnitten, und die Eingänge wurden durch gewaltige Explosionen mit vielen tausend Tonnen Felsgestein verschlossen.
Von Tag zu Tag stieg die Hitze. Gewaltige Stürme tobten, begleitet von endlosem Blitzen und ohrenbetäubendem Donnergrollen. Immer heftiger wurden die seismischen Störungen, als Valerons Kern im Griff der fürchterlichen kosmischen Kräfte zu erbeben begann.
Die Arbeit war beendet; die Apokalypse begann. Die Volksmassen hatten keine Kontrolle mehr über ihr Schicksal. Die Loyalen wurden von ihren aufgestachelten Mitmenschen erschlagen, die Hoffnungslosen ergaben sich dem Wahnsinn, die Stoiker drehten durch bei der Erkenntnis, daß es keine Zukunft mehr gab, die wenigen verbleibenden Gauner nutzten die unorganisierte Wut des Mobs für gezielte Angriffe auf die Bunker – dort lag ihre einzige Überlebenschance.
Doch vor jedem Bunker stießen die Horden auf unnachgiebige Mauern aus Wächtern, die bis zum Letzten loyal bleiben wollten. Zu diesen Wächtern hatten sich Wissenschaftler gesellt, deren Arbeit getan war und die nun auf das Ende warteten. Wächter und Wissenschaftler kämpften mit Gewehren, Strahlkanonen, Schwertern und schließlich auch mit Knüppeln, Steinen, Fäusten und Zähnen. Sie waren dem Mob zahlenmäßig unterlegen und starben, und die kreischende Menge trampelte über ihre Leichen hinweg. Doch der Angriff führte zu nichts. Die Schutzbunker sollten einer wildgewordenen Natur widerstehen – sinnlos waren die Versuche der aufgebrachten Menge, sich in die geschützte Tiefe vorzuarbeiten.
So starb die Gruppe der Loyalen, die ihre Zivilisation gerettet hatten; doch mit diesem Tod wurde jedem einzelnen ein Gefallen getan – sie waren schnell und gewaltsam gestorben, im Kampf um eine gute Sache. Sie starben nicht wie der von Entsetzen geplagte Mob ... voller Schmerzen ... allmählich – doch es soll der Schleier des Vergessens vor die Schrecknisse dieser kosmischen Vernichtung einer Welt gezogen werden. Die Sonnen folgten ihren vorgeschriebenen Bahnen und passierten einander. Die kosmischen Kräfte ließen in ihrer Wirkung nach, und auf dem durchgeschüttelten Planeten herrschte endlich wieder Frieden. Die überlebenden Kinder Valerons verließen ihre unterirdischen Bunker und machten sich sofort an die Aufgabe, ihre Welt wiederaufzubauen. Und sie gingen die Probleme des Aufbaus mit so glücklicher Hand an, daß nach wenigen Jahren auf Valeron eine Zivilisation und Kultur blühte, wie sie im Universum nicht ihresgleichen hatte.
Denn die neue Rasse war aus einem Unglück hervorgegangen. Sie war frei von physischen oder geistigen Schwächen und Fehlern – das Treibholz war durch das Feuer der kosmischen Katastrophe verbrannt worden. Sie war der alten Rasse in physischer, geistiger, moralischer und
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