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SLAM (German Edition)

SLAM (German Edition)

Titel: SLAM (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Akif Pirincci
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und blickte ihn aus zwei viel zu großen Anzugknöpfen an, die man ihr ins Gesicht genäht hatte. Ihr Haar aus nachlässig beschnittenen Wollfäden wurde an beiden Seiten des kleinen Kopfes von einem schmuddeligen Bändchen zusammengehalten. Das Kittelchen, in dem sie steckte, war verstaubt und voller Flecken, stellenweise eingerissen und fadenscheinig. Karim ging in die Hocke, hob die kleine Puppe vom Boden auf, legte sie in seine Hand und wischte ihr mit einer hilflos zärtlichen Bewegung den Staub vom K leid. Dann streifte er ihr eine Haarsträhne aus dem Gesicht und schob den kleinen Schuh, der lose an einem Fuß hing, an seinen Platz zurück. Mit einem tiefen Seufzer drückte er das kleine Stoffkind an seine Brust und legte schützend seine H and darüber .
    Schritt um Schritt schob er sich, die Puppe fest an sich gepresst, in die Halle hinein und bestaunte die Berge von Unrat, die dort aufgeschichtet lagen. Er achtete darauf, nic ht mit den Beinen eines der umherstampfenden Wesen zu kollidi eren, und trat näher an einen Haufen heran. Jetzt, nahe den arbeitend en Giganten, hörte er ein Brummen, halb mechanisch, halb organisch, ein Gluckern und Klicken, das von den weit über ihm schwankenden Sucher n zu ihm herunter drang.
    Je näher er den Stapel n aus willkürlich zusammenge würfelten Gegenständen kam, desto deutlicher wurde, dass es sich dabei nicht um herkömmlichen Müll handelte. Zögernd streckte Karim seine Hand aus, um e inen der Gegenstände aufzuheben. E ine kleine bunte Schachtel aus Zellulose, nicht größer als seine Hand und federleicht. S ie war geöffnet und leer. An sich zeichnete sie sich durch nichts Besonderes aus, weder Ornamente noch Arabesken waren auf ihren Flächen zu sehen , sondern Abbilder von Menschen mit lange n , rote n Haare n , volle n L ippen, geschwungenen Wimpern und lachende n Münder n . Dennoch offenbarte die Schachtel Ungeheuerliches. 15 Zentimeter Blasphemie lagen in seiner Hand und brannten die Bezeichnung »Henna« in sein Gewissen ein . Die Gesichter auf der Schachtel waren nicht männlich. W ieder diese weiche n, sinnliche n Wölbungen   – Wölbungen überall! Karim schleuderte die Schach tel auf den Stapel zurück. E in durchscheinender Arm schwebte von o ben herab, griff mit seinen vier Fingern nach ihr und hob sie na ch oben, um sie zu untersuchen.
    Karim sah sich nach anderen Schätzen um und fand einen kleinen Stoffbe utel, aus dem einige seltsame Dinge ragten. Schnell beugte er sich vor und sch nappte ihn sich. Die Oberfläche des Beutels fühlte sich weich und doch rau an , fast wie Fell; sein Schwarz schimmerte blau, je nachdem, in welche Ric htung man über das Fell strich. Zusammengehalten wurde er mit einer dünnen, gedrehten Kordel. Er schob die Puppe unter eine seiner Achseln, zog vorsichtig die Schnur auseinander und riskierte einen Blick ins Innere. Das, was er dort sah, erinnerte ihn schmerzlich an die Antiquität, die nun w ohl für immer im Zentralarchiv liegen würde: der » Bleistift « , den Soli ihm geschenkt hatte . Im Beutel steckten gleich m ehrere von diesen Stiften. A ls er einen davon herauszog , merkte er jedoch sofort, dass sie anders waren als der, den er besaß. Die Mine dieses Stiftes hinterließ einen dicken, cremigen schwarzen Strich auf seinem Handrücken. Ein anderer Stift markierte ihn mit einem stechend blauen Streifen. I n rascher Folge fügte er noch grün und braun hinzu. Ratlos betracht ete er die nutzlosen Fundstücke. M it ihnen konnte man sicherlich nicht zeichnen, dafür war ihr Inhalt viel zu weich. Wofür waren sie gedacht?
    Als Nächstes zog er ein merkwürdig geformtes Etui aus dem Beutel. Es lag weich und angenehm in seiner Hand und das, obschon es aus Metall gefertigt war und golden schimmerte. Binnen weniger Momente hatte es die Temperatur seiner Handfläche angenommen und schmiegte sich dort an, als wäre es genau für diesen Ort geschaffen worden . Karim drehte seine geöffnete Hand und betrachtete es von allen Seiten. So eine Form hatte er noch nie gesehen! Keine Kante, keine Ecke, an der man sich schmerzhaft stoßen konnte. E r könnte dieses Ding in seine Hosentasche stecken, ohne Sorge zu haben , sich daran zu verletzen. Dann bemerkte er ein winziges Häkchen und berührte es sacht mit seinem Fingernagel.
    Wie zwe i Teile einer Muschel klappte da s Etui auf , und Karim hätte es vor Schreck beinahe fallen lassen. Ein kleiner Spiegel fing das gleißende Licht der Deckenlampen auf der einen Seite ein,

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