SLAM (German Edition)
verbergen . BEY saß ihm ruhig gegenüber und beobachtete ihn regungslos.
»Wo sind sie?«, brach es aus Karim schließlich heraus .
» Wer? « BEY schien plötzlich abgelenkt, fahr ig und unaufmerksam. Er blickte wieder hinter sich.
» Wo sind die Frauen jetzt, wenn es sie noch gibt? «, schrie Karim ihn an.
BEY sah ihn aus unendlich traurigen Augen an und öffnete den Mund. » Sie sind . .. «
Die Frau im hinteren Teil des Cafés schob quietschend ihren Stuhl zurück und drehte sich langsam um. Ihre zarte Hand hielt die Stuhllehne, sie schüttelte die blonde Mähne und … ein stählernes , zähnefletschendes Hundegesicht kam zum Vorschein, das Karim nur zu gut aus der Katakombe kannte ! Speichelfäden tropften an den vorspringenden Silberzähnen hinunter, seine glänzenden Lefzen verzogen sich zu einer Furcht einflößenden Grimasse , und aus seiner Kehle erklang das wohlbekannte tiefe, blecherne Knurren. Das Biest sprang au f die Beine und stieß dabei den Stuhl um.
Karim blickte H ilfe su chend zu BEY. Der erhob sich langsam und wandte sich dem Ungetüm zu. Das grüne Kleid fiel von dem Ding ab, als es zum Sprung ansetzte. Karim wich noch weiter zurück und suchte mit panischem Blick nach einem Ausweg. Aber das Ding hatte nicht ihn im Visier, sondern starrte unverwandt auf BEY, der reglos in der Mitte des Raumes stand und keine Anstalten machte, zu fliehen.
In der nächsten Sekunde hatte die Monströsität abgehoben und flog scheinba r schwerelos durch den Raum, d irekt auf BEY zu , der nun seine Arme öffnete, wie um seinen Vernichter zu empfangen. Die wirbelnden Scherenglieder und dolchartigen Hauer bohrten sich tief in den Alten hinein. Blut schoss aus der Wunde und spritzte über Tische und Stühle, auf den Boden, in das stählerne Gesicht der Bestie. Sie warf BEY mit sich zu Boden, kreischte laut, als sie wie wild auf ihn einhieb, doch der alte Mann zeigte nicht die Andeutung einer Gegenwehr.
Karim stand regungslos da , unfähig, seinem Freund zu h elfen. Wenn er jetzt zur Tür rannte, konnte er vielleicht entkommen, ehe die Bestie doch noch auf ihn ansetzte, aber wohin? Draußen sortierten die Greifer und Sucher unablässig das Erbe der Frauen, die im Namen der Religion verschwunden waren, fort, an einen Ort, den BEY ihm möglicherweise genannt hätte, hätte er die Gelegenhe it dazu gehabt. Die Hundebestie riss derweil knurrend am leblosen Körper seines Freundes, tobte sich obszön schmatzend durch das, was von ihm übrig war . Dann plötzlich hielt sie inne und hob ihren blutverschmierten Kopf, um Karim anzu starren .
Ihm war, als lähme ihn dieser Blick. Er wollte wegrennen, doch er konnte es nicht. Seine Glieder regten sich keinen Millimeter. Er konnte nur dastehen, die Hundebestie entsetzt anglotzen und warten, dass sie ihm die Kehle zerfetzte. Jetzt, im Angesicht s eines eigenen Todes überfiel ihn eine eigentümliche Trauer. E r hatte keine Angst mehr, an ihre Stelle war nagende Enttäuschung getreten. So weit war er gekommen, so viel hatte er erfahren , und doch wusste er nichts. Nie würde er die Gelegenheit haben, das Geheimnis ganz aufzudecken, die endgültige Lösung des größten Rätsels der Menschheit würde ihm auf ewig verborgen bleiben und damit auch seinen Brüdern. Wie lange mochte es dauern, bis wieder jemand hier herunter fand , beseelt und angeleitet v on diffusen Bildern und Träumen? W er würde jemals den Mut aufbringen, ins Unbekannte vorzustoßen?
Karim roch den Atem der Bestie, als sie knurrend auf ihn zukam . Es war der Geruch schweren Metalls. Mit ihren rot glühenden Augen schien sie jeden Zentimeter von ihm abzutasten. Doch das Knurren erstarb plötzlich, und ein jämmerliches, kehliges Jaulen erscholl aus ihrer Kehle, als sich ihre Gesichter, wie schon einmal, beinahe berührten.
In diesem Moment zerbarst die Schaufe nsters cheibe des Ladens mit ohrenbetäubendem S cheppern und hinein stürzte Karims Wirklichkeit gewordener Traum. Sie saß auf einem der spinnenbeinigen Pferde und trug ein langes Gewan d in der Farbe des Nachthimmels. U m ihren Kopf war nachlässig ein Turban aus dünnem Gewebe gewunden. Die Formen ihres Körpers waren durch den dünnen Stoff leicht zu erkennen , und sie verströmte eine Mischung aus Sinnlichkeit und Wildheit. Karim wusste augenblicklich, dass es sich bei ihr um die geheimnisvolle Gestalt aus der Katakombe handelte.
Sie brachte das tänzelnde Pferd zum Stehen, streckte ihre Hand in Karims Richtung und schri e: »S pring
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