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SLAM (German Edition)

SLAM (German Edition)

Titel: SLAM (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Akif Pirincci
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dass Karim sich fast in einem der Parks in der Stadt wähnte. Doch wo die Sonne die Landschaft wieder verdorrte, verlor sich das Leben, erstarb . Hilflos verzwei gte Äste wanden sich kahl gen Himmel wie Knochenskulpturen.
    Warum hatte Karim in achtundzwanzig Jahren nicht erfahren dürfen , welche Welt seine Stadt umgab? Hatte man ihn von ihr ferngehalten? Er hatte ein Leben in einem goldenen Käfig geführt, golden, ja, aber eben ein Käfig. Er riss die Knöpfe seines Hemdes auf, packte die Frau vor ihm an ihren drallen Hüften und rief gegen den Wind, der kühlend sein schweißnasses Gesicht umschmeichelte: »Allah, deine Welt ist wunderschön! Ich danke dir!«
    Die Frau drehte sich zu ihm um. Er lachte sie an, schloss seine Hände noch fester um sie und sagte: »Das alles hier ist so wundervoll. Ich fühl e mich wie im Paradies. Und zum ersten Mal sieht die Welt perfekt aus. Keine Riesenbauten, keine künstlich beschnittenen Bäume! Alles ist so, wie Allah es geschaffen hat.«
    »Dies ist eine Wüste, mein Freund. « Es klang wie eine Mahnung. »Wenn du hier etwas fals ch machst, wirst du schneller bei Allah sein, als du glaubst .«
    Karim begriff nicht. Was sollte er hier falsch machen? Er fühlte sich frei, ohne alle Zwänge und inmitten seiner geliebten Rundungen. Überall umgaben sie ihn, in den Bergen, den Pflanzen, dem Fleisch, das er berührte.
    »Sorge dich nicht«, sagte er leise. »Das alles scheint mir richtig.« Er schmiegte sein Gesicht an den Rücken der Frau und dankte dem Schöpfer für diesen Augenblick.
    Sie ritten weiter, stundenlang. Dem Tal mit den bizarren Bäumen folgte wieder ein Meer aus jenem gelben Untergrund. Die Spur ihres Reitapparats verlief wie eine schnurgerade Bahn hinter ih nen.
    »Wohin bringst du mich?«, fragte Karim nach einer langen Zeit schweigsamen Reitens.
    »Zu den Weibern.«
    »Zu d en Weibern?« Karim verstand nicht. Er hatte gedacht, sie bringe ihn zu Frauen, wie sie eine war. Er sp rach den Gedanken aus. Sie sah mit einem theatralisch ärgerlichen Ausdruck zum Himmel auf .
    Weiber, dac hte er. Wieder so ein Begriff   – wie Frauen   – , mit dem er nichts anzufangen wusste.
    »Binde dir das hier um den Kopf.« Über ihre Schulter reichte sie ihm ein langes Tuch in der gleichen Farbe, wie das, das sie sich um das Haupt gewickelt hatte. »Es schützt dich gegen die Sonne. Sie wird dir sonst dein Gehirn zerkochen.«
    Karim besah sich ihren Turban und bemühte sich, etwas Ähnliches zustande zu bringen. Als er mit seinen Bemühungen erfolgreich zu sein glaubte, tippte er der Frau auf die Schulter. »Meinst du so?«
    Sie sah sich zu ihm um, betrachtete ihn, hob dann ihre dunklen Brauen, verdrehte leicht die Augen und lächelte sogar ein wenig. Es war das erste Mal, dass sie das tat. Es ließ ihre weichen Züge noch runder erscheinen. Sie war wunderschön!
    »Es sieht ein bisschen gewöhnungsbedürftig aus«, sagte sie. » A ber ich denke, es wird seinen Zweck erfüllen .«
    Dann lächelte sie wieder.

12
     
    E s mochte ein halber Tag vergangen sein, dass sie nun durch die Wüste ritten. Karim tat der Hintern weh, aber seine schöne Begleiterin klagte nicht, also hütete er sich, selbst zu jammern. Die Sonne war bereits weit in den Westen gewandert und ihre Strahlen besaßen nicht mehr ganz die Intensität wie noch vor einigen Stunden. Trotzdem rann Karim der Schweiß in Bächen von der Stirn. Er war versucht, die Kopfbedeckung abzunehmen, doch er tat es nicht, weil die Frau die ihre so tapfer trug. Er hätte sie gerne nach ihrem Namen gefragt, hätte sie gerne so vieles gefragt. Stattdessen hielt er sich schweigend an ihr fest. Auch von ihr kam kein Wort.
    Seine Zunge klebte trocken an seinem Gaumen, und er fragte sich, ob sie irgendwann eine Pause einlegen würden, und vor allem: wo? Um sie herum war nichts als diese gelbe Einöde. Sie legte sich in wellenförmigen Erhebungen über den Horizont und schien niemals enden zu wollen.
    Ein Flimmern brach plötzlich eine Schneise zwischen Erde und wolkenlosem Himmel. Es glitzerte, als läge dort in der Ferne ein weites Meer, das von einem dichten Baumrand gesäumt wurde.
    »Sieh nur!« Karim deutete in die Richtung der Erscheinung. »Ist dort unser Ziel?«
    »Nein«, erwiderte sie tonlos. »Dort ist es wie hier.«
    »Aber das Wasser?«
    »Da ist kein Wasser. Nur Sand und Hitze.«
    Eine Fata Morgana! Karim hätte sich am liebsten auf die eigene Zunge gebissen. Er schämte sich dafür, dass er nicht selbst drauf gekommen

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