SLAM (German Edition)
war. Dann schloss er die Augen, weil er der eintönigen Landschaft müde wurde, hielt die Hände locker um diese wundervollen Hüften gelegt und wiegte seinen Köper im Rhythmus des Reitapparates auf und ab.
Mit einem Mal änderte sich der Klang, mit dem die Spinnenbeine im Sand versanken. Er wurde hörbarer, ein Klackern von Metall auf Stein. Karim öffnete die Augen und weitete erstaunt die Lider. Sie bewegten sich über kreideweißes Felsgestein. In akkuraten Ecken und Flächen ragte es aus dem Sand, als habe Allah hier mit Steinen gewürfelt und sein Spielzeug liegen lassen. Zwischen den quaderförmigen Felsen steckten vertrocknete Bäume im Sand. Sie ragten ein paar Meter über den Boden. Lange braune Wedel mit spitzen Blättern rauschten geisterhaft im schwachen Wind. In der Ferne erschien wieder ein trügerisches Wasser, wie er es unlängst schon einmal gesehen hatte, aber dieses Mal hielt die Frau genau darauf zu. Und je näher sie ihm kamen, desto deutlicher zeichnete sich ein dunkles Grün gegen das Gelb des Sandes ab, erhoben sich meterhohe Bäume mit langen Wedeln gegen den Himmel.
»Was ist das?«, fragte Karim. Die trockene Zunge schmerzte ihm beim Sprechen und fühlte sich pelzig an.
»Die Reste einer einstmals riesigen Oase«, sagte die Frau. »Sie erstreckte sich fast fünfzig Kilometer in die Breite und war doppelt so lang. Hier lebten damals viele Menschen und bewirtschafteten sie, um das Land mit Früchten zu versorgen. Aber die Wüste beißt seit Jahrhunderten Stück um Stück dieser Insel das Leben ab. Die Menschen haben ihr früher getrotzt und sie aufgehalten. Dann wurden sie von hier weggebracht, und die Wüste kann nun ungehindert alles mit ihrem Sand überschütten. Sie verschluckt alles unter ihren Dünen. Wo wir eben gerade entlanggeritten sind, standen einst prachtvolle Häuser. Nun ragen nur noch ihre flachen, weißen Dächer aus dem Boden. Vielleicht noch fünfzehn oder zwanzig Jahre, dann wird die Oase ganz verschwunden sein.«
Bald erreichten sie die gezogenen Schatten der sonderbaren Bäume. Ihre langen, dicken Stämme ähnelten den Säulen in der Halle, in der Karim dieser Frau zum ersten Mal begegnet war, nur waren sie leicht schräg gestellt. Sie hatten keine dichten, eckig zugeschnittenen Kronen wie die Bäume in der SLAM-Welt, sondern luden in meterlangen Wedeln aus. Diese waren mit spitzen, langen Blättern gespickt, und unterhalb der Baumkronen hingen voluminöse Büsche mit Früchten um die Stämme. Die Bäume umringten einen kleinen See, der so tiefblau war wie der Himmel über ihnen. Das Wasser flimmerte hier nicht, sondern spiegelte in sanften Wellenbewegungen vom darüberstreichenden warmen Wind seine Umgebung und den Sichelmond, der sich wie ein frecher Eindringling in den Spätnachmittagshimmel schob.
Zwischen den Säulenbäumen schimmerte eine rechteckige weiße Stofffläche. Die Frau sah dorthin, und das Reitgefährt schlug die entsprechende Richtung ein. Als sie näher kamen, erkannte Karim, dass dies eine Art Behausung war und der Stoff zum Schutz vor der Sonne diente. Unter ihm lagerte etwas Brennholz. Bunte Teppiche lagen ausgebreitet auf dem nackten Sandboden und auf ihnen Decken und Kissen. Bei ihrem Anblick überkam Karim Müdigkeit. Für einen Augenblick wünschte er sich nichts sehnlicher, als sich dort hinzulegen und bis zum nächsten Tag zu schlafen.
Sie stiegen von dem Reitapparat ab. Karim ließ sich auf die Teppiche und Decken fallen und streifte sich das Tuch vom Kopf. Die Frau blieb stehen. Sie wickelte den langen Schal in geübten Bewegungen von ihrem Haupt und schüttelte es. Langes schwarzes Haar fiel seidig glänzend über ihre zart gebräunten Schultern. Sie nahm sich den Umhang ab, der sie während des Ritts vor der Sonne geschützt hatte.
Als sie sich Karim zuwandte, war seine Müdigkeit wie weggeblasen. Nie zuvor hatte er so etwas Schönes gesehen! Die Frau schien unmittelbar seinen Sehnsuchtsträumen entstiegen, die er sich nie hatte erklären können. Langer dunkelroter Stoff umhüllte sie in weiten Bahnen, die Säume bestickt mit goldenen Ornamenten. Das Kleid fiel über ihre Schultern, Arme und Hüften und reichte bis zum Boden. Um die schmale Taille trug sie einen gut fünfzehn Zentimeter breiten schwarzen Gürtel, senkrecht durchwoben von roten Kordeln. Unterhalb des Gürtels teilte sich das Kleid und öffnete sich nach vorne wie ein Mantel. Die Beine der Frau waren von einer engen, schwarz glänzenden Hose bedeckt, innen und
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