SLAM (German Edition)
dieser Erinnerung hörbar zu knurren und ihm wurde flau, als er kurz überschlug, wie lange er nichts mehr gegessen hatte. Hilfe suchend blickte er sich um, aber außer dem Wind, der unablässig durch die Stille der Oase strich, nahm er keine Regung wahr. Erschöpft ließ er sich in den Sand fallen.
Wieso hatte sie ihn nicht getötet? Die Frage dröhnte in seinem Kopf wie ein Gong, der ohne Pause geschlagen wird und jeden anderen Gedanken übertönt. Es hätte ein Leichtes für sie sein müssen, ihn endgültig seiner Existenz zu berauben . N ichts, was er tat, konnte den Lauf der Welt, so wie HAVVA2 sie ersonnen hatte , beeinflussen. Oder etwa doch? Ruckartig stützte er sich auf seine Ellbogen und blickte fragend über den endlosen Sand. Die Sonne versank in einem lodernden Inferno am Hori zont und tauchte alles in ein blutorangenes Licht, das dem in der gigantis chen Gebärfabrik glich . Unwillkürlich war Karims Erinnerung an jedes Detail wieder da, keine vergangene Sekunde verbarg sich mehr im Dunkel n, und eine erlösende Erleichterung überkam ihn. Es war nicht alles verloren. Er war hier, er lebte und er erinnerte sich wieder an jede Einzelheit. Jetzt galt es, sich zu konzentrieren, wenn er Hayat, die anderen Frauen und seine Welt retten wol lte.
Während er in die untergehende Sonne starrte und sich den Kopf darüber zerbrach, was es bedeuten konnte, dass HAVVA2 i hn am Leben gelassen hatte, registrierte er aus de m Augenwinkel eine Bewegung . Blitzschnell warf er sich herum und presste sich flach auf den Boden. Stück für Stück schob er seinen Kopf über den Kleiderhaufen, auf dem er sich eben noch abgestützt hatte , und lugte vorsichtig darüber hinweg.
Die Schlange bewegte sich zielsicher auf die Oase zu. Mit kräftigen schlängelnden Bewegungen erklomm sie die letzte Steigung, die sie noch vom Wasser trennte. Der Abend war für sie die Zeit der Nahrungsbeschaffung. Wenn die Hitze des Tages nachließ , würden sich unweigerlich alle Wüstenkreaturen hier einfinden, um Flüssigkeit zu sich zu nehmen – mögliche Beute, die ihr das Überleben sichern würde . Auch wenn ihre Jagd nicht jeden Abend erfolgreich war, lohnte die ständige Wiederkehr.
Im Schutz des Kleiderhaufens tastete Karims Hand nach einer Waffe. Dort war sein Essen! Er hörte Hayat mit spöttischer Stimme sagen: » Wüstenschlange. Leichter zu fangen als Vögel und schmackhafter als die Skorpione, die sich hier überall herumtreiben « und musste grinsen. Das kleine Messer, das sie offenbar ebenso hiergelassen hatte, würde ihm eine Chance geben, es ihr gleichzutun und etwas gegen seinen nagenden Hunger zu unternehmen. Die Wüste schenkt einem Nichts , murmelte er und robbte auf die Schlange zu, die gerade den Anstieg überwunden hatte und weiterhin auf das Wasser zuglitt .
Instink tiv näherte er sich ihr von hinten und hoffte, dass sie ihn nicht bereits entdeckt hatte, aber sie schien nur auf das Wasser fixiert zu sein und wand sich dem Ufer entgegen. Lautlos ging er in die Hocke, warf sich mit einem kräftigen Sprung auf das Tier und packte es hinter dem Kopf. Das Reptil begann augenblicklich, sich mit kräftigen Schlägen zu winden und schlug ihm mit dem Schwanz das Messer aus der Hand. Den peitschenden Körper weit von sich haltend tastete Karim mit der freien Hand auf dem Boden umher, seine Augen starr auf das geöffnete Maul der Schlange gerichtet.
Als er das Metall der Klinge spürte, atmete er erleichtert auf und setzte seinen Fuß auf den Kopf des Reptils, bevor er seine Hand davon löste. Ein kurzer Schnitt trennte den gefährlichen Rachen vom Rest des Körpers, dann lag der Torso zuckend im Sand und Karim stieß einen triumphierenden Schrei aus. Er hatte es getan. Er war in der Lage, in dieser unwirtlichen Umgebung zu jagen, genauso wie Hayat es konnte!
Mit dem noch träge zuckenden Schlauch in der Hand setzte er sich wieder unter die Plane und besah sich ratlos seine Beute. Er hatte gebadet, während Hayat die Schlange zubereitete, deshalb war ihm nicht genau klar, wie es jetzt weitergehen musste. An dem saftigen Stück Fleisch, das Hayat ihm auf dem Spieß hingehalten hatte, war keine Haut mehr gewesen, also musste er sie irgendwie vom Rest des Körpers lösen. Ungeschickt säbelte er an der ledrigen Oberfläche des Tiers herum, aber so sehr er sich auch bemühte, die Haut ließ sich nicht abziehen . Seufzend gab er auf, legte seine Beute zur Seite und machte sich daran, Feuerholz zu suchen. Hierbei wusste er
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