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Slant

Slant

Titel: Slant Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Bear
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Balustrade eines Palasts. Hinter ihnen erstreckt sich ein gewaltiger runder Saal, in dem sich wunderschöne Männer und Frauen tummeln, kleine und große, manche riesenhaft, andere kaum größer als ihre Hand, und alle bewundern raunend die Schönheit des Paars vor der Balustrade, während sich die uralte Stadt unter ihnen ausbreitet.
    Alice macht sich keine Gedanken über ihre Weiblichkeit, dazu fühlt sie sich viel zu mächtig. All ihre falschen Vorstellungen sind ausgelöscht und durch neue Verkörperungen ersetzt. In dieser Stadt, in diesem Saal geht es nur um das Spiel der Sinne. Tanzen ist die Erfahrung intensivsten Vergnügens in den Füßen, als könnten sie in Ehrfurcht schmelzen. Für Minstrel wird alles von ihr zerschmelzen; er kann befehlen, sie kann befehlen, und sie werden ineinander zerfließen.
    Alice und Minstrel setzen ihren Tanz auf dem Polster inmitten des Ballsaals fort, doch ihre Bewegungen wiederholen sich. Sie sind anderswo.
    Jake und schließlich auch Tim beobachten gemeinsam mit dem Rest des Publikums die Vid-Bildschirme und stimmen in die allgemeinen Aahs und Oohs ein. Tim vermeidet es, Alice direkt anzusehen; er scheint für das gesamte Spektakel unempfänglich zu sein. Er ist nur hier, weil Jake ihn darum gebeten hat.
    Alle Sim-Promis haben sich abgeschaltet und in eine Ecke zurückgezogen, um nicht im Weg zu stehen.
    Alice kennt diese Struktur; die höchste Abstraktion des Yox, rauschend und visuell und nun die intensive Erregung der Sinne, nur Haut und Muskeln, jedoch ohne Gelenke, nur drängende Bewegung, doch ohne Hebelkraft, und die Linearität ist zugunsten der unmittelbaren Befriedigung aufgehoben. Die Befriedigung wäre schal, wenn nicht die künstlerische Sinnlichkeit hinzukäme, eine eigene Art von Musik. Die Yoxiker haben sie zu einer eigenen Kunstform entwickelt und die Produzenten haben die besten Leute engagiert, um ihre neuartigen Verbesserungen zu demonstrieren.
    Für einen Moment vergisst Alice, wer und wo sie ist. Die Balustrade ist ein Universum, die Gestalten ringsum sind ihre Freunde, sie ist von Kopf bis Steiß, wie Minstrel es ausgedrückt hat, in soziale Bestätigung eingehüllt. Sterne funkeln an einem falschen Himmel, der besser als der wirkliche ist; die Sterne und der Mond sind ihre Freunde, die im Juwelenglanz der Anerkennung ihrer Verbindung mit dem Partner strahlen. Was sie sieht, wird verstärkt. Minstrel ist ihr Partner, aber seine kantigen Formen sind schöner als je, und seine Haut scheint in Moschus gebadet.
    »Deshalb sind wir hier«, sagt der Partner zu ihr und zieht sie näher an sich heran. Der Brokatstoff teilt sich über ihrer und seiner Brust, und sie spürt seinen Penis an ihren Brustwarzen. Ihre Brüste wollen von Milch und Honig überquellen. Sie sieht, wie die goldene Creme aus ihren Brustwarzen tropft und sich in seinem lockigen Haar sammelt, während sein Moschusgeruch intensiver wird, beinahe zum Gestank wird.
    Die Menge irgendwo ist gebannt verstummt; auf dicken Sätteln reiten die guten Yoxer das Pferd, das Alice ungesattelt reitet; die Nervenenden aller akzeptieren unkritisch die Empfindungen und alle suchen nach der Befriedigung, die kontrollierter und artefaktischer ist als ein Drogenrausch.
    Minstrel sagt ihr wieder, dass sie genau deshalb hier sind. Sie spürt seine Reaktion als Echo ihrer eigenen, dann als Verdoppelung, phasengleiche Wellenfronten. Sie werden von Tausenden Zuschauern voller Anerkennung beobachtet, und die Sterne sind überglücklich, dass diese Vereinigung unter ihrer Sphäre stattfindet. Kein Druck, kein ablehnendes Urteil, keine Kritik. Sie schleichen sich davon wie Teenager im rauschenden Strom der Neuronen, um festzustellen, dass alle beteiligten Familien es auf genau diese Weise arrangiert haben, die totale kulturelle und soziale Akzeptanz, die Feier der Freude, die Bestätigung aller Instinkte, und anschließend wird es eine große Party geben.
    Leere.
    Eis, zerbrochenes Glas.
    Diskontinuität //// wie eine Stockung im Strom.
    Ein neugieriges Gesicht starrt ihr vom Rand der Balustrade entgegen. Der junge Mann. Der Boden des Pavillons ist mit dickem, schwarzem Dreck bedeckt und Dampf steigt von der dunklen Wärme der Fermentation auf.
    »Sind Sie Alice Grale?«, fragt der Jugendliche. »Haben Sie Terence Crest kurz vor seinem Tod besucht?«
    Alice spürt ein Zerren und trennt sich von Minstrel.
    »Bitte sagen Sie es mir«, fordert der junge Mann sie auf. »Ich muss Gewissheit haben.«
    »Ja«, antwortet Alice

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