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Slant

Slant

Titel: Slant Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Bear
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gebeten. Er ist ein großer Fan von dir – hat all deine Vids gesehen. Er hat gute Beziehungen, wie ich höre, und die Agentur hat ihn gecheckt.«
    »Weißt du, wer es ist?«
    »Nein.«
    »Ich vermute, er wird mich fragen, ob ich ihn heirate«, sagt Alice und legt ihre Finger ans Kinn, während sie ein Brennen in den Augen spürt.
    »Das ist nicht obligatorisch, Schatz. So etwas tun wir nie.«
    Alice kennt sich mittlerweile sehr gut mit Lisas Mimik aus. Lisa hat Alice acht Jahre lang bei Wellspring Temp vertreten und sie übernommen, als ihre erste Agentin vom Showgeschäft zur großen Wirtschaft befördert wurde.
    Call-ins sind in siebenundvierzig Staaten legal, werden in allen zweiundfünfzig toleriert, und in Rim-Staaten sind sie sogar in Reiseführern gelistet. Aber es ist ein Anfängerjob, eine gefährliche Rutschpartie, und es gibt einen weiteren Punkt, der ihr daran nicht gefällt.
    In letzter Zeit hat sie die Illusion genossen, sich ihre Arbeitskollegen aussuchen zu können – bei den wenigen Gelegenheiten, zu denen sie Arbeit bekommen hat.
    »Wann?«
    »Er möchte bis vier eine Bestätigung.«
    »Hat er gebürgt?«
    »Ich würde mich niemals ohne Bürgschaft auf so etwas einlassen. Das weißt du genau.«
    »Ja. Ich weiß. Seine Wohnung?«
    »Feudal, soweit ich verstanden habe. Dürfte recht unterhaltsam werden.«
    Alice schließt die Augen, denkt nach. Sie hat auf einen ruhigen Abend und Zeit zum Nachdenken gehofft. »Wie groß ist mein Anteil?«
    »Ich schätze, bei diesem Fischzug machst du einen Schnitt von fünfundsiebzig, wenn wir das Netz eingeholt haben.«
    Fünfundsiebzig Riesen könnten sie wieder kreditwürdig machen und ihr mehrere Monate Däumchendrehen finanzieren. Alice bemüht sich, nicht nach innen zu schauen. Sie setzt ihr Profi-Gesicht auf – die Alice, die stets knallhart, kompetent und unerschütterlich ist, die schon viel schlimmere Dinge erduldet hat, die Karrierechancen und langfristige Zielsetzungen realistisch einschätzen kann – und sagt zu Lisa: »Nun, wir wissen ja bereits, was ich bin. Wirf das Netz aus.«
    Lisa lächelt, aber Alice sieht genau, dass sie keineswegs Freudensprünge machen wird.
    »Was ist mit dir?«, fragt Alice plötzlich etwas spröder. »Sollte ich ablehnen?«
    »Nein, Schatz«, sagt Lisa. »Es ist ehrliche Arbeit.«
    »Lisa, in dieser Sache will ich eine Bürgschaft von dir. Du wirst mich nie wieder darum bitten, so etwas zu tun, und du wirst alle Hebel in Bewegung setzen, um mir Termine mit echten Produzenten zu verschaffen und nicht mit hörigen Yox-Fans.«
    »Abgemacht«, sagt Lisa. Dann folgt der abrupte Moment des Schweigens, mit dem sie Alice zu verstehen gibt, dass das Gespräch damit hoffentlich beendet ist, denn sie hat heute noch so viele andere Dinge zu erledigen.
    »Schick die nötigen Angaben an meinen Monitor«, sagt Alice.
    »Nicht nötig. Du wirst um sieben Uhr dreißig abgeholt und bist um null Uhr dreißig wieder zu Hause.«
    »Er kennt meine Adresse, aber ich weiß nicht mal, wer er ist?«
    »Wir kennen deine Adresse, Schatz«, sagt Lisa. »Es ist ein Agentur-Wagen. Wir übernehmen die Fahrtkosten. Bis dann.«
    Alice unterbricht die Verbindung und steht in der Küche, während sie sich mit einem Finger gegen die Lippen tippt. Ein Wirbel aus Gefühlen verschleiert ihr Sichtfeld und ihre Augen blicken ins Leere. Sie denkt daran, wie es war, als sie noch sehr jung und entschlossen war. Damals durfte sich ihr niemand in den Weg stellen, auch nicht die Männer und gelegentlichen Frauen, die sie sich nahm, wenn sie sie brauchte, für Geld oder kurze Leidenschaften. Sie erinnert sich an den Ausdruck ihrer Gesichter, wenn sie sie ausrangierte, weil sie nicht mehr unterhaltsam oder überflüssig geworden waren. Sie hatte zahlreiche Methoden entwickelt, kreative Techniken, es zu einer regelrechten Kunst verfeinert, Männer zurückzuweisen – jungenhafte Männer, die kaum größer als Kinder waren, in deren Gesichtern man wie in einem offenen Buch lesen konnte, und ältere Männer, die sich mit Geld und Prestige das kauften, was sie sich mit ihrem Aussehen nicht leisten konnten. Und jetzt ist sie wieder dort, wo sie angefangen hat, doch ohne die Techniken von damals.
    Seit jener Zeit hat sie ihre Rüstung abgelegt, beziehungsweise wurde sie ihr Stück für Stück vom Körper geschält, sodass ihre Seele nun fast ungeschützt freiliegt. Eine gläserne Seele.
    Dabei ist sie noch gar nicht so alt. Sie ist neunundzwanzig. Doch unter der Haut –

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