Slide - Durch die Augen eines Mörders
Vee. Du hast nichts gesagt, oder?«
Ich beginne zu weinen, die Tränen brennen auf meinen Wangen. »Es tut mir leid, Sophie, ich wollte dir helfen. Ehrlich. Ich wusste nur nicht wie …«
»Quatsch«, zischt sie. »Du. Hast. Mich. Sterben. Lassen.«
Ihr Mund klappt auf, als hätte sie keinen Kiefer, und ich sehe die perfekten kleinen Zähne, die mich in Stücke reißen werden. Und ich weiß, dass ich es verdient habe.
11. Kapitel
D ie Türklingel reißt mich aus meinem Albtraum. Ich setze mich aufrecht hin. Mein Herz hämmert, ich bin mir sicher, dass Sophie gekommen ist, um mich zu holen.
Ding Dong. Ding Dong. Ding Dong.
Nein, es ist wirklich nur die Klingel.
Sophie ist nicht hier. Sophie ist tot.
Das Spätnachmittagslicht fällt schräg durch die staubige Luft auf den Holzboden. Ich stehe auf und wanke zur Tür, vorbei am Arbeitszimmer meines Vaters. Sein Kopf bewegt sich zu einer Musik, die ich nicht hören kann –, die aber offenbar zu laut ist, um die Türklingel zu hören.
Ein großer Mann mit ernstem Blick steht davor. Er trägt eine Polizeiuniform. Scheiße. Woher weiß die Polizei, dass ich dabei gewesen bin, als Sophie starb? Ich versuche, entspannt auszusehen.
»Hallo, ich bin Officer Teahen. Bist du Mattie Bell?«
»Nein, das ist meine Schwester. Hat sie etwas angestellt?«
»Nein, natürlich nicht. Ich muss ihr nur einige Fragen stellen. Sie war doch mit Sophie Jacobs befreundet, oder?«
Bevor ich antworten kann, spüre ich eine warme Hand auf meiner Schulter. »Kann ich Ihnen helfen?« Mein Vater schiebt sich kaum merklich vor mich und blockiert die offene Tür.
»Mr Bell«, sagt der Polizeibeamte höflich, »ich würde gern mit Ihrer Tochter Mattie über Sophie Jacobs sprechen. Ich möchte mir ein Bild von Sophies Zustand machen, bevor sie am Freitagabend … vor dem Zwischenfall. Kann ich sie sehen?«
Die Hand meines Vaters spannt sich an, doch er antwortet in herzlichem Ton: »Sie ist in ihrem Zimmer. Ich sehe nach, ob sie wach ist.« Er tritt zurück, zieht mich mit sich und öffnet die Tür so weit, dass der Polizist eintreten kann.
»Möchten Sie etwas trinken, Officer …?«
»Teahen«, erwidert der Mann und tritt in die Diele. »Ein Glas Wasser wäre schön.«
Mein Vater klopft mir auf den Rücken und schickt mich in die Küche. Ich bin zu neugierig, um mich darüber zu ärgern, dass er mich weggeschickt hat, hole ein Glas mit Comic-Aufdruck aus dem Schrank und lasse Wasser hineinlaufen.
Als ich mit dem Glas ins Wohnzimmer komme, sitzt Mattie im Fernsehsessel, und mein Vater und der Polizeibeamte sitzen auf der Couch. Ich gebe ihm das Glas, und er trinkt einen großen Schluck, bevor er es auf dem Couchtisch abstellt. Ich schleiche mich davon und setze mich auf die unterste Treppenstufe, wo man mich nicht sehen, ich aber alles hören kann.
Officer Teahen räuspert sich. »Nun, Mattie, könntest mir ein bisschen über deine Freundschaft mit Sophie erzählen?«
Seine Worte schweben in der Luft, und ich weiß genau, woran Mattie denkt. Das Nacktfoto, das Amber an die Footballmannschaft geschickt hat. Weiß der Beamte davon? Machen
Freundinnen
so etwas?
Als sie spricht, höre ich die Nervosität in ihrer Stimme. »Wir sind seit der achten Klasse beste Freundinnen. Wir waren zusammen bei den Cheerleaderinnen. Ich – ich habe sie geliebt.«
Matties Worte gehen in Schluckauf und Schluchzen unter.
Alle schweigen, bis sie aufgehört hat zu weinen.
Der Beamte spricht wieder, diesmal etwas herzlicher. »Es tut mir sehr leid, dass du sie verloren hast, Mattie. Du brauchst nicht nervös zu sein. Ich möchte nur nachvollziehen, wie sie sich an jenem Tag gefühlt hat. Kam sie dir geistesabwesend vor? Wann hast du zuletzt mit ihr gesprochen?«
Mattie wirkt jetzt etwas selbstsicherer. »Am Freitagmorgen, vor ihrem Spind. Sie sagte, ihr sei nicht gut. Das Zimtbrötchen aus der Cafeteria wäre wohl nicht in Ordnung gewesen.«
»Verstehe. Kam sie dir irgendwie niedergeschlagen vor?«
»Nein, nur krank.« Ich denke daran, wie Sophie auf der Toilette ihr Frühstück hochgewürgt hat, unmittelbar bevor ich in Amber gewandert bin und von deren Plan, Sophie eine Lektion zu erteilen, erfahren habe.
»Okay«, sagt Officer Teahen, »du hast sie also am Freitagabend gar nicht gesehen?«
»Nein, ich bin nach der Schule mit Amber zum Cheerleader-Training gegangen. Sophie war nicht da, aber ich dachte, sie wäre krank. Samantha hat uns nach Hause gebracht, und Amber hat bei mir
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