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Small World (German Edition)

Small World (German Edition)

Titel: Small World (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Suter
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hölzerne Salatschüssel stand. Als er eine halbe Stunde später in die Küche ging (um Teewasser aufzusetzen), brannte die Salatschüssel und die Rolle Haushaltspapier neben dem Herd ebenfalls.
    Er hatte die Flammen gelöscht und die Beweisstücke verschwinden lassen. Rosemarie hatte er bis jetzt noch nichts von seinen Ausfällen gesagt. Er wollte sie nicht unnötig beunruhigen, er glaubte nicht, daß es sich um etwas Ernstes handelte. Das Blackout damals in Korfu führte er auf seinen Alkoholkonsum zurück. Und die Gedächtnisaussetzer und kleinen Schusseligkeiten der letzten Wochen waren wohl eine Art Entzugserscheinung. Davon abgesehen ging es ihm nämlich hervorragend.
    Rosemarie war das Beste, was ihm in fünfundsechzig Jahren passiert war. Sie unterstützte ihn bei seiner selbstverordneten Entziehungskur, ohne die Krankenschwester zu spielen. Sie war eine gute Zuhörerin und eine unterhaltsame Erzählerin. Sie konnte zärtlich sein und, wenn sie in Stimmung waren, auch sehr aufregend.
    Konrad Lang und Rosemarie Haug waren ein attraktives Paar: ein distinguierter reifer Herr mit seiner gepflegten, eleganten Frau. Sie gingen in den Tennisklub, ab und zu ins Konzert und gelegentlich in ihr Lieblingsrestaurant. Sonst lebten sie zurückgezogen. Konrad, der sich rasch als der bessere Koch erwiesen hatte, kochte oft aufwendige Abendessen, zu denen sie sich hin und wieder aus Übermut in Abendgarderobe warfen. Gelegentlich setzten sie sich zusammen ans Klavier, und fast jeden Abend spielten sie ein paar Partien Backgammon.
    Konrad Lang verbrachte seinen wohl glücklichsten Sommer. Als der Herbst kam, fühlte er sich weder einsam noch traurig. Vielleicht zum ersten Mal in seinem Leben.
    Elvira Senn war die Sache nicht geheuer. Als Thomas unverrichteter Dinge von Konrad zurückgekommen war, hatte er nur gesagt: »Ab sofort keinen Rappen mehr.« Mehr war nicht aus ihm herauszuholen gewesen. Dann war er nach Argentinien geflogen.
    Sie hatte Schöller gleich die nötigen Anweisungen geben wollen, aber dann doch gezögert. Solange sie nicht wußte, was bei der letzten Begegnung der beiden vorgefallen war, mochte sie kein Risiko eingehen. Sie wollte Konrad nicht unnötig in die Enge treiben. Wer weiß, wie er reagieren würde.
    Statt dessen gab sie Schöller den Auftrag, über Langs momentane Situation Informationen einzuholen. Schöller engagierte ein Büro, mit dem er ab und zu für solche Aufträge zusammenarbeitete.
    Noch bevor er seinen Bericht an Elvira Senn weiterleiten konnte, erhielt sie einen Brief von Konrad Lang, in welchem er sich sehr bedankte für ihre Unterstützung und sie bat, diese in Zukunft einzustellen. »Mein Leben hat eine entscheidende Wende genommen«, schrieb er. »Ich bin nicht mehr auf Deine materielle Unterstützung angewiesen, und ich hoffe, daß dieser Umstand unsere Beziehung und alte Freundschaft auf eine neue, unbelastetere Ebene bringt.«
    Wie sie kurz darauf von Schöller erfuhr, stimmte das mit der Wende. Er lebte mit Rosemarie Haug ein zurückgezogenes, bürgerliches Leben. Er schien tatsächlich mit dem Trinken aufgehört zu haben. Auf den Observationsfotos, die ihr Schöller zeigte, sah er besser aus denn je.
    Sie wies Schöller an, ein Auge auf Koni zu haben und die Unterstützung einzustellen. Dann spendete sie von einem Konto, von dem nicht einmal Schöller wußte, 100000 Franken an ein Kinderhilfswerk. Als Spender gab sie Konrad Lang an. Sie schrieb ihm einen herzlichen Brief, wünschte ihm für seinen neuen Lebensabschnitt alles Gute und legte den Spendenbeleg bei.
    Konrad Lang schrieb ihr einen gerührten Brief, in welchem er beteuerte, daß er ihr diese noble Geste nie vergessen werde.
    Genau das hatte sie damit beabsichtigt.
    Aber mit dem Nie-Vergessen war es bei Konrad so eine Sache.
    An einem unfreundlichen Novembertag beschloß er, Rosemarie mit einem Fondue zu überraschen. Er fuhr mit dem Taxi in die Stadt zum einzigen Käseladen, der seiner Meinung nach eine anständige Fonduemischung führte, kaufte dort eine rezente für drei Personen (er haßte es, wenn zu wenig Essen auf dem Tisch stand), suchte in der nahen Bäckerei ein passendes Halbweißbrot aus und besorgte Knoblauch, Maizena, Kirsch und Weißwein.
    Zu Hause sah er, daß Rosemarie dieselbe Idee gehabt hatte: Im Kühlschrank stand eine Tüte Fonduemischung vom selben Geschäft neben einer Flasche Weißwein vom selben Rebberg. Auf dem Küchenbüffet lag ein Halbweißbrot vom selben Bäcker neben einer Schachtel

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