Smaragdjungfer
gehalten und eventuell sogar Kampfsport betrieben. Trotzdem war sie erstochen worden, auch wenn sie sich wohl heftig gewehrt hatte.
Rambacher trat mit einem Aktenordner in den gummibehandschuhten Händen zu ihr. »Ich habe den Vertrag mit dem Escort-Service gefunden. Da steht nichts drin, woraus man Severin einen Strick drehen könnte. Das einzig Auffällige ist eine wahrhaft restriktive Verschwiegenheitsklausel. Sexuelle Handlungen mit Klienten der Agentur werden ausdrücklich als sittenwidrig untersagt. Sollten sie von den Klienten gefordert werden, müsste die Begleiterin sie verweigern. Sollten sie von der Begleiterin angeboten werden, berechtigt das Severin Escort Service zur fristlosen Kündigung.« Er klappte den Ordner zu. »Falls Frau Stojanovic also tatsächlich mit ihren Klienten geschlafen hat, wäscht Herr Severin seine Hände mit diesem Vertrag in Unschuld.«
»Mist. Aber das war ja nicht anders zu erwarten. Sonst hätten wir ihn schon vor Jahren hochgenommen. Haben Sie sonst irgendwas Ungewöhnliches entdeckt?«
»Nein.«
»Dann sind wir hier erst mal fertig. – Maja, wir nehmen diesen Kalender mit.« Paula hielt den Kroko-Optik-Terminplaner hoch.
»Alles klar.«
Paula verließ die Wohnung und kümmerte sich wieder nicht darum, ob Rambacher ihr folgte.
»Frau Rauwolf, ich wäre Ihnen sehr verbunden, wenn Sie mir sagen, dass Sie gehen wollen und nicht einfach verschwinden. Es könnte immerhin sein, dass ich noch etwas überprüfen will oder gerade was entdeckt habe. Können wir uns darauf einigen?«
Paula antwortete nicht. Sie fühlte einen Druck im Hinterkopf, der sich langsam nach vorn zur Stirn schob und wusste, dass sich ein Migräneanfall anbahnte. Das hatte ihr gerade noch gefehlt.
»Wohin fahren wir?«, wollte Rambacher wissen, als Paula an der nächsten Ampel nicht wendete, um zur Dienststelle zurückzukehren, sondern geradeaus weiterfuhr.
»Zu einer Informationsquelle in der NordseePassage.«
Rambacher wartete auf eine Erklärung, aber Paula hatte keine Lust, sie ihm zu geben.
»Was für fallrelevante Informationen erwarten Sie in einem Einkaufszentrum zu bekommen?«
Paula bog am Bismarckplatz in die Gökerstraße ein und gleich darauf in die Marktstraße, ehe sie den Wagen auf dem Parkplatz des Amtsgerichts abstellte. Den Rest des Weges gingen sie zu Fuß, da es in unmittelbarer Nähe der NordseePassage um diese Zeit schwierig war, einen Parkplatz zu bekommen.
»Jasmin Stojanovic war Romni«, geruhte sie endlich Rambacher eine Antwort zu geben, der mit verkniffenem Gesicht neben ihr herging. »Roma, die in derselben Stadt leben, kennen einander alle, auch wenn sie nicht miteinander verwandt sind. Im Celona arbeitet jemand, der sie deshalb vielleicht gekannt hat.«
Jetzt war Rambacher derjenige, der sie keiner Antwort würdigte, obwohl sie sich sicher war, dass ihm die Frage auf der Zunge lag, woher sie so gut über Roma Bescheid wusste. Seinem Gesichtsausdruck nach zu urteilen, hätte er sich aber lieber die Zunge abgebissen, als den Mund aufzumachen. Ihr war das recht, denn die Antwort darauf ging weder ihn noch sonst jemanden irgendwas an.
Das Cafe & Bar Celona im ersten Stock der NordseePassage brummte vor Leben. Paula kam regelmäßig hierher, um bei einem Cocktail abzuhängen und unter Menschen zu sein, ohne sich mit ihnen beschäftigen zu müssen. Das Gefühl zu haben, zum Stammpublikum zu gehören, ohne wirklich ein Teil davon zu sein. Davon abgesehen, mochte sie das ansprechende Ambiente und die hier herrschende Atmosphäre mit der spanischen Musik, die im Hintergrund aus den Lautsprechern drang.
Sie blieb am Eingang stehen und sah Rambacher an. »Setzten Sie sich irgendwo hin, bestellen Sie sich was und tun Sie so, als würden Sie nicht zu mir gehören.«
»Das fällt mir nicht schwer.«
Er blieb ein Stück zurück und wartete, bis Paula auf einem Barhocker direkt am ovalen Tresen in der Mitte des Lokals saß, ehe er sich einen Platz in ihrer Nähe suchte und die Karte studierte.
Eine dunkelhaarige Bedienung lächelte Paula freundlich zu, kam herüber und gab ihr die Hand.
»Paula, mi phen! T’aves sasti taj baxtali!« Mit den traditionellen Begrüßungsworten der Roma wünschte sie Paula, gesund und glücklich zu sein.
»T’aves vi tu, Ileana«, gab Paula denselben Wunsch zurück und erkundigte sich, wie es ihr ging. »Sar san?«
»Najis tuke, mišto sîm«, dankte Ileana für die Nachfrage und bestätigte, dass es ihr gut gehe. »Sar san?«
»Mišto
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