Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Smaragdjungfer

Smaragdjungfer

Titel: Smaragdjungfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mara Laue
Vom Netzwerk:
Berührung der glatten und vertrauten Oberfläche gab ihr jetzt den Bezug zur Realität zurück. Das Durchatmen gelang wieder. Sie wischte sich den Schweiß von der Stirn und stellte fest, dass ihre Hand zitterte. Sie drückte den Kiesel fester.
    Rambacher sah sie besorgt an. Wenigstens fragte er nicht dämlich, ob mit ihr alles in Ordnung war. Sie räusperte sich.
    »Tja, und weil ich nicht sofort Verstärkung gerufen habe – wäre ja auch problemlos möglich gewesen, wo uns die Kugeln um die Ohren geflogen sind und wir genug damit zu tun hatten, am Leben zu bleiben – und weil ich mich überhaupt in die Sache ›eingemischt‹ habe, wo ich doch am Kai gar nichts zu suchen hatte, und durch meine ›Eigenmächtigkeit‹ Christophers Tod ›verschuldet‹ haben soll, haben sie mich erst mal suspendiert. Und Breitenbach leitete mit Vergnügen die Ermittlungen gegen mich.«
    Wenigstens hatte er sich hinterher für sein unnachsichtiges Vorgehen entschuldigt, als feststand, dass sie keine Schuld trug. Paula hatte ihn bis heute nicht dafür um Verzeihung gebeten, dass sie ihm die Nase gebrochen hatte.
    »Was war mit Fischer?«
    »Der landete angeschossen im Hafenbecken. Charlies Leute dachten wohl, er wäre tot. Als er wieder aus dem Wasser raus war, hat er die restlichen Kerle unschädlich gemacht, die ich nicht erwischt hatte – unter ihnen Charlie – und die nicht mit ihrer kostbaren Fracht getürmt waren. Dann hat er die Kollegen und einen Krankenwagen gerufen. Aber Christopher war tot. Das war er schon, als ich ihn hinter den Wagen gezogen habe.« Sie presste die Lippen zusammen, aber dann brach es doch aus ihr heraus: »Ich habe das Liebste verloren, was ich auf der Welt hatte, ich wurde schlimm verletzt und laufe seitdem nur noch mit einer Niere und ein paar fehlenden Darmschlingen durch die Gegend. Und die Scheißkerle in der Chefetage hatten nichts Besseres zu tun, als mir die Schuld dafür in die Schuhe zu schieben.« Tränen schossen ihr in die Augen. Sie blickte zur Seite und wischte sie hastig weg. Unauffällig, wie sie hoffte.
    »Aber Sie wurden rehabilitiert.«
    Paula atmete tief durch. »Ja. Nachdem sich rausstellte, dass alles nur eine Verkettung von unglücklichen Umständen war. Doch das Gerücht, dass ich unerlaubt in Christophers Fall gegen Rasta-Charlie ermittelt hätte, ist einfach nicht totzukriegen. Sogar Jakob glaubt das, obwohl er das nie zugeben würde.« Sie blickte Rambacher kurz von der Seite an. »Zugegeben, ich bin der Typ, der unorthodox ermittelt, wenn’s mir so auskommt.«
    »Was Sie nicht sagen.«
    »Aber ich hätte niemals Christopher in Gefahr gebracht durch so eine Eigenmächtigkeit. Ich habe ihn geliebt, verdammt! Er … er hatte die Gabe, das Beste in mir zum Vorschein zu bringen. Ohne ihn«, sie bedachte Rambacher mit einer Grimasse, als hätte sie in eine Zitrone gebissen, »ist nur noch das Fleischerhundgemüt mit der Mülltonnensensibilität übrig.« Paula wandte das Gesicht ab und starrte aus dem Seitenfenster, ohne draußen etwas wahrzunehmen. Sie fühlte sich wieder in die Zeit vor sechzehn Monaten versetzt.
    Sie drängte die Gedanken an die Verzweiflung und den nicht enden wollenden Schmerz, das Krankenhaus, das Trauma, die Reha und die Psychiatrie zurück, tat einen tiefen Atemzug und blickte Rambacher an. »Das ist die ganze Geschichte. Sigurd kann sie Ihnen bestätigen.«
    »Ich glaube Ihnen auch so.« Er hielt ihr spontan die Hand hin. »Lukas.«
    Sie ergriff sie zögernd. »Paula.« Sie drückte seine Hand fest. »Also auf eine bessere Zusammenarbeit als bisher – Rammböckchen.«
    Er lachte kurz und schüttelte den Kopf. »Warum legst du eigentlich so großen Wert darauf, eine Kratzbürste zu sein?«
    Damit niemand auf den Gedanken kommt, mein Freund sein zu wollen. Von einem Freund verletzt zu werden, tut zehnmal mehr weh als wenn’s jemand tut, der mir gleichgültig ist. Und erst recht ertrage ich nicht noch mal, einen Freund zu verlieren. Also bin ich lieber eine einsame Kratzbürste, die keiner leiden kann. Damit kann ich umgehen, das bin ich gewöhnt, solange ich denken kann. Freundlichkeit nicht.
    »Hat sich so ergeben.« Ein Wischiwaschi-Satz. Ausweichend. Nichtssagend. Verlogen. Sie sah Lukas an. »Weil ich eine Scheißangst davor habe, dass mir noch mal jemand nahe kommen könnte. Also sorge ich dafür, dass keiner den Wunsch verspürt, hinter die Fassade zu blicken.«
    »Ich will dir nicht zu nahe treten, aber das stelle ich mir verdammt einsam

Weitere Kostenlose Bücher