Smart Magic
von Natur aus unfassbar zäh sein.
Dank Matani fanden sie immer wieder Wasserstellen, kleine Teiche oder Bäche, an denen sie ihren Durst stillen konnten. Wenn sie ihr Lager aufschlugen, machte sie sich auf und sammelte Beeren und jagte. Es waren karge Mahlzeiten, und sie schliefen jede Nacht unter freiem Himmel, aber Tom kümmerte es nicht. Abends, wenn die Sonne unterging, überkam ihn die Müdigkeit, und er schlief tief und traumlos durch die Nächte. Er konnte seinen Körper spüren, seinen eigenen menschlichen Körper. Die Magie rann ebenso wie das Blut durch seine Adern, und er war mit seinem Raben und seinen Freunden zusammen. Für den Augenblick gab es nichts anderes, was er wollte, außer ihr gemeinsames Ziel zu erreichen und die Stämme zu warnen.
An sein Bett in Berlin dachte er kaum noch; ihre Reise hatte etwas Befreiendes. Er hörte sogar auf, die Tage zu zählen. Es war schlichtweg nicht besonders wichtig. Das Leben im Gräsermeer war simpel, es bestand nur aus den elementarsten Dingen. Das ständige Laufen vertrieb alle Gedanken aus Toms Geist, machte ihn leicht und frei, und er fand es tröstlich zu erkennen, wie wenig so manches eigentlich bedeutete, woran er sich einst geklammert hatte.
Es war am Mittag eines Tages, als Tom weit vor ihnen einen hellroten Fleck erspähte. Als er die Augen mit der Hand beschattete und genauer hinsah, erkannte er einen großen Felsen, geformt wie der Buckel einer sich sträubenden Katze, dessen Stein in der Sonne leuchtete.
»Wir sind bald da«, jauchzte Matani. »Das ist der heilige Fels.«
Mit diesen Worten rannte sie noch schneller, und Tom musste sich nur noch darauf konzentrieren, ihr zu folgen. Dennoch dauerte es bis zu den frühen Abendstunden, bis sie einige große Begrah-Herden passierten und die ersten Zelte in Sicht kamen.
»Es sind mehr Stämme hier als sonst«, erklärte Matani, als sie langsamer wurde. Menschen mit dunkler Haut sahen zu ihnen herüber, betrachteten den Troll und Tom, schienen aber nicht weiter besorgt zu sein. »Vermutlich hat unsere Geschichte längst die Runde an den Feuern gemacht. Im Winterlager verbreiten sich die größten Neuigkeiten am schnellsten.«
»Klar«, erwiderte Tom und wischte sich den Schweiß von der Stirn. »Sag mal, Winterlager … das klingt irgendwie kälter. Gibt es hier keinen Schnee?«
»Doch, manchmal schon. Aber noch ist es Herbst und entsprechend warm. Der Winter kommt schnell in der Steppe, wie ein Raubtier, das einer Begrah-Herde aufgelauert hat. Dann wird es kälter.«
Sie gingen durch ein kleines Zeltlager. Matani begrüßte links und rechts Fremde und tauschte ein paar Worte mit ihnen. Alle Mitglieder des Stammes trugen bunte Kleidung, ganz offensichtlich hatten sie sich herausgeputzt. Mit einem Mal wurde sich Tom seines abgerissenen Aussehens bewusst. Zwar hatte er sich an einigen Wasserstellen gewaschen, aber seine Klamotten waren trotzdem ziemlich schmutzig, und er hatte auf ihrem langen Lauf viel geschwitzt. Irgendwie war es ihm peinlich, obwohl die Kleidung der Menschen hier aus seiner Sicht auch nicht gerade schick war. Aber sie sahen ihn alle mit großen Augen an; selbst Resk zog weniger Aufmerksamkeit auf sich.
»Es gibt morgen früh eine Große Versammlung«, leitete Matani weiter, was sie in den kurzen Gesprächen erfahren hatte. »Alle Anführer und viele der Ältesten werden sich am heiligen Felsen treffen.«
»Ist das üblich?«, erkundigte sich Tom, und Matani zuckte mit den Schultern.
»Es geschieht, wenn es wichtige Dinge zu besprechen gibt.«
Niemand war aufdringlich, alle hielten Abstand, und dennoch fühlte Tom sich wie ein Freak, der von allen angegafft wird, als sie weitergingen.
»Man gewöhnt sich an die Blicke«, sagte Resk mit erstaunlich viel Einfühlungsvermögen. »Einfach nicht drauf achten.«
»Ich sehe aus wie ein Penner«, gab Tom missmutig zurück. »Ich will gar nicht wissen, was die alle von mir denken.«
Sie denken, dass du der Weltenwechsler bist und dass sie dabei sind, zu erleben, wie eine Legende Wirklichkeit wird. Der Rabe flog tief über ihren Köpfen her, drehte einen engen Kreis und landete auf einem Zeltdach. Das ist so, als ob du in Berlin plötzlich einen echten Magier treffen würdest. Oder einen Troll.
»Trolle in Berlin, ha, ha«, entgegnete Tom. Dennoch fühlte er sich nach der Erklärung des Raben ein wenig besser. Allzu lange musste er die Blicke aber ohnehin nicht ertragen, denn plötzlich stürmte Matani los.
»Da’ir!«
Sie warf
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