Smart Magic
kränklich und schwach wirkte, aber das wusste Tom bereits aus leidvoller Erfahrung. Bevor er seinen Fund verbergen konnte, hatte der Alte auch seine andere Hand ergriffen und zwang ihn, die Finger zu öffnen.
»Ah, das wolltest du verstecken!«, rief er triumphierend. »Ich hab’s heute doch gemerkt, dass du mir was nicht gesagt hast. Du wolltest mich bestehlen.«
»Nein, das lag da vorn, wirklich.«
»Sicher, so was liegt bei uns im Garten.« Der Alte schielte erst auf die Münze und packte Tom dann im Nacken und zog ihn unsanft zu sich heran. »Einfach so im Garten, ja?«
»Ja«, knurrte Tom. Der Griff wurde noch fester. Die langen Finger schlossen sich schmerzhaft um seinen Hals und drückten seinen Kopf herunter.
»Lüg mich nicht an, du verdammte Missgeburt.« Der Alte schob Tom vor sich her in Richtung Haus. »Ich kenne die Wahrheit.«
Tom wollte widersprechen, sich rechtfertigen, aber er ahnte, dass er damit alles nur noch schlimmer machen würde. Also schwiegen beide, bis sie die Terrassentür erreichten. Letztere stand weit auf, und der Alte schob Tom ins Haus. »Ab nach oben und ins Bett. Wehe, ich sehe Licht bei euch«, fauchte er, dann hielt er das Handy hoch. »Das hier behalte ich vorläufig, Freundchen. Und wenn ich dich noch einmal so spät im Garten erwische …«
Er musste seine Drohung nicht vervollständigen. Tom wusste genau, was ihm dann blühte. Ohne ein weiteres Wort schlich er sich davon, die Treppe hinauf und in ihr Zimmer, und warf sich auf sein Bett. Das Fenster stand noch offen, und die Nachtluft wehte kalt herein. Doch es war die Kälte in ihm selbst, die ihn erzittern ließ.
Großvater Atin
Grossvater Atin
Die Karawane zog langsam durch die Steppe. Zu gern wäre Matani bei den jungen Reitern gewesen, die nicht nur die Spitze des Zuges bildeten, sondern die gesamte Gegend erkundeten. Sie konnten ihre Pferde schnell laufen lassen und den Wind im Haar genießen, während der Rest des Stammes behäbig wie die großen Wagen folgen musste. Aber ihr Vater hatte Matani deutlich gemacht, dass es ihre Aufgabe war, bei den hölzernen Fuhrwerken zu bleiben, deren Räder ebenso groß wie sie selbst waren.
Die Füchsin hatte es sich auf einem der Wagen bequem gemacht, sich zusammengerollt, die Schnauze unter die Rute geschoben, und schlief. Sie lag auf dem großen Ballen, in dem das Heimzelt von Matanis Familie verstaut war. Fingerdicke Schnüre hielten es zusammen, und die Zeltbahnen waren in dickes Leder eingeschlagen, das eingefettet war, um es vor Regen zu schützen. Nicht, dass es nach Regen aussah. Die Alten des Stammes hatten gesagt, dass es noch viele Tage nicht regnen würde, und meist stimmten ihre Voraussagen.
Matani ritt ein wenig schneller, um zu den vorderen Wagen aufzuschließen. Die Füchsin öffnete ein Auge und sah ihr nach, nur um dann wieder einzuschlafen. Matanis Pferd war klein, aber zäh und ausdauernd. Sie hatte die Stute Vachir genannt, Pfeil, denn sie war schnell für ihre Größe.
Matani erreichte den zweitvordersten Wagen und ritt näher an ihn heran. Das Gefährt rumpelte, gezogen von zwei Begrah. Die großen, gutmütigen Tiere mit den geschwungenen Hörnern sahen kurz zu ihr herüber, zeigten aber weiter kein Interesse an ihr. Am Ende der Karawane lief eine ganze Herde Begrah, die auf ihrem Rücken die kleineren Heimzelte trugen. Manche zogen auch kleinere Wagen mit den Habseligkeiten ihrer Besitzer. Matani war im Umgang mit den Tieren geübt, aber das Band zwischen ihr und der Füchsin verhinderte, dass sie ihnen jemals so nah kam wie andere ihres Stammes.
Aus dem Augenwinkel warf sie einen Blick auf die Person, die auf dem Wagen neben ihr mitfuhr. Der Mann war alt und von seinen Jahren gezeichnet. Er saß mit dem Rücken in Fahrtrichtung. Sein Haar war grau, dünn und strähnig, und selbst die langen Zöpfe konnten das nicht verbergen. Er war in eine bunt bestickte Filzdecke gehüllt, deren Troddeln im Takt mit den rumpelnden Bewegungen des Wagens schwankten. Trotz der unzähligen Falten im Gesicht blickten die hellen Augen klar auf die Welt unter dem endlosen Himmel.
»Was möchtest du wissen, Matani?« Seine Stimme war brüchig und doch von einer Stärke, die den greisen Körper Lügen strafte.
»Verzeih mir, Großvater. Ich wollte dich nicht stören.«
»Oh doch, dass wolltest du.« Er wandte ihr das Gesicht zu und lachte, wobei er seine wenigen verbliebenen Zähne entblößte. »Obwohl ihr Jungen doch wisst, dass wir Alten den ganzen Tag nur
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