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Smart Magic

Smart Magic

Titel: Smart Magic Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Hardebusch
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des Tages in abgerissenen Bildsequenzen und verstörenden Bilderfetzen auftauchten. Er versuchte, sich zu beruhigen, tief zu atmen, aber die Erinnerungen ließen ihn keine Ruhe finden. Ihm war, als könne er noch immer die schwarzen Augen des Raben sehen, der ihn in der Stadt begleitet hatte. Morgen, beschloss er. Morgen schaue ich mal, ob ich irgendetwas über meine Eltern herausfinden kann. Was immer der Alte auch schon über sie behauptet hatte, Tom hatte ernste Zweifel daran, dass sie schlimmer als der Alte selbst sein konnten.
    Als er schwere Schritte auf dem Flur hörte, rieb er sich die Augen, und dann kam Alex auch schon ins Zimmer und schaltete das Licht ein.
    »Mit Schuhen auf dem Bett … Sei froh, dass der Alte das nicht sieht.« Alex grinste und ließ sich auf sein eigenes Bett fallen, das an der gegenüberliegenden Wand stand. Das Gestell ächzte bedrohlich unter seinem Gewicht. Als die beiden Ältesten teilten sie schon seit Monaten dieses Zimmer miteinander, während die Jüngeren jeweils zu dritt waren. Es war ein Privileg – oder zumindest hatte der Alte es zu einem erklärt.
    Obwohl Tom es durchaus zu schätzen wusste, dass sie nun mehr Platz hatten und auch mal für sich sein konnten, gefiel es ihm nicht, den anderen vorgezogen zu werden. Der Alte machte das gern, lobte hier, tadelte dort, verteilte Belohnungen und Schläge und sorgte dafür, dass niemand sich sicher fühlen konnte. Das führte zu Eifersucht und Misstrauen untereinander. Es war noch keine drei Monate her, dass jemand dem Alten verraten hatte, dass Alex ihn ein Arschloch genannt hatte, und die darauffolgende Tracht Prügel war so schlimm gewesen, dass Tom gedacht hatte, der Alte würde Alex umbringen.
    Nein, außer Karo und Alex vertraute Tom niemandem im Haus.
    Beide Jungs blieben schweigend liegen. Tom kramte sein Handy aus der Tasche und surfte ein wenig herum, bevor er schließlich zu zocken begann. Das Spiel war simpel und wenig fordernd, genau, was er jetzt brauchte, um sich abzulenken. Sich ganz darin zu verlieren.
    Alex setzte sich seine Kopfhörer auf, und schon bald hörte Tom aus seiner Richtung nur noch das dumpfe Wummern der Bässe.
    Tom war so vertieft in sein Spiel, dass er den Alten erst bemerkte, als der zur Tür hineinsah.
    »So, Licht aus, jetzt.«
    Beide Jungen murmelten ein »Gute Nacht«, aber die Tür schloss sich bereits wieder.
    Tom schlüpfte aus seinen Klamotten und in ein verblichenes Bandshirt, das er vom Fußende seines Bettes hervorkramte, aber Alex machte keine Anstalten, sich umzuziehen. Als er Toms fragenden Blick bemerkte, setzte er die Kopfhörer ab und drehte die Musik leise.
    »Ich hau gleich noch mal ab. Treff mich mit Enno.«
    »Okay. Aber sei vorsichtig.«
    »Klar, Mama«, erwiderte Alex kopfschüttelnd. Dann zwinkerte er ihm zu, stahl sich zur Tür, öffnete sie behutsam einen Spaltbreit und zeigte Tom lässig den erhobenen Daumen, bevor er verschwand.
    In letzter Zeit ging Alex oft noch raus, nachdem alle anderen zu Bett geschickt worden waren. Tom kannte Enno und seine Freunde nur von einigen kurzen Treffen, aber er wusste, dass das ein ziemlich harter Club war. Alex verdiente sich mit ihnen gemeinsam Geld dazu, und Tom wollte gar nicht so genau wissen, womit er das tat.
    Er zog seinen Knöchel unter der Bettdecke hervor und tastete an der Schwellung herum. Der Fuß sah aus, als ob ihm jemand einen Tennisball unter die Haut gesteckt hätte. Es tat weh, aber schließlich konnte er den Fuß noch bewegen, also würde es wohl so schlimm nicht sein. Hastig machte Tom das Licht aus und schlüpfte zurück unter die Bettdecke. Dann griff er wieder nach dem Handy und spielte weiter. Er wollte erst richtig müde sein, bevor er versuchte zu schlafen. Obwohl er so wenig wie möglich über diesen Tag nachdenken wollte, spürte er in sich eine Unruhe, die ihn nicht losließ und sogar dafür sorgte, dass er beim Spielen immer wieder verlor.
    Es war kurz vor elf, als ihn ein leises Geräusch aus seinen Gedanken riss. Es klang wie ein Kratzen, und es kam aus der Richtung des Fensters. Überrascht legte Tom das Handy zur Seite und lauschte. Da war es wieder, kaum zu hören, als führe ein Ast über die Scheibe. Mit einem Mal fühlte sich Tom unwohl, so allein im dunklen Zimmer. Er wollte sich selbst auslachen, aber als das Geräusch erneut ertönte, zuckte er zusammen.
    »Hallo?«
    Seine eigene Stimme klang seltsam, leise und unsicher. Alex hätte sich sicherlich über ihn lustig gemacht, wenn er ihn

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