Smart Magic
ich da reingehe und sage, dass die Münze mir gehört, weil mir eine Gestalt im Nebel oder irgendein Rabe gesteckt hat, dass ich sie unbedingt brauche, geht der nette Mann in der Uniform bestimmt auch nicht sofort los und holt seine Schlüssel, um mir die Vitrine aufzusperren.
Unten schlug eine Tür zu, so laut, dass Alex und Tom aufschreckten.
»Tom! Komm sofort runter!«
Die Stimme des Alten peitschte durch den Flur, und in Toms Nacken stellten sich alle Härchen auf. Es schwang eine ungezügelte Wut darin mit.
»Scheiße«, hauchte Alex, kreidebleich und mit entsetzter Miene.
»Tom! Ich weiß, dass du da bist! Komm her!«
Obwohl er nicht wollte, stand Tom auf. Es war, als ob sein Körper von allein auf den Befehl des Alten reagierte. Sein Geist war wie betäubt, als wäre er gar nicht anwesend. Er schlurfte zur Tür, hinaus in den Flur. Niemand war zu sehen, und er hatte auch nicht damit gerechnet. Keiner der anderen würde sein Zimmer verlassen und den Zorn des Alten riskieren. Tom schlich die Treppe hinab.
Der Alte stand in der Küchentür. Er schien noch größer als sonst zu sein, und sein Gesicht war vor Wut völlig verzerrt. Siedend heiß fiel Tom die Münze ein, die unter der Innensohle seines Schuhs steckte.
Bevor er jedoch etwas sagen konnte, kam der Alte auf ihn zu und packte ihn schmerzhaft am Arm. Hinter der Tür zu Mutters Zimmer bellte Tyson aufgeregt und japste. Tom konnte die Stimme hören, die versuchte, den Hund zu beruhigen.
»Komm mit, du kleiner Bastard!« Der Alte schleifte ihn durch die Küche hinter sich her und bis in das erste seiner Zimmer. Alles war noch genau so, wie Tom es in Erinnerung hatte, sauber aufgeräumt und im Augenblick total angsteinflößend.
»Du dachtest doch nicht wirklich, dass du damit durchkommst, he?«
Irgendwo tief in sich fand Tom die Stärke, zu antworten: »Ich weiß gar nicht …«
Ein Schlag traf seine Wange, riss seinen Kopf herum. Der stechende, scharfe Schmerz trieb ihm Tränen in die Augen.
»Lüg mich nicht an!«
Unbewusst ballte Tom seine Hand zur Faust.
»Ich lüge nicht.«
»Als ich neulich nach Hause gekommen bin, da ist mir gleich aufgefallen, dass du dich irgendwie schuldbewusst benimmst«, begann der Alte lauernd. »Und dann war meine Tür auf, dabei schließe ich sie immer ab, weil ich euch diebisches Gesindel nur allzu gut kenne. Und es war ja nicht schwer zu erraten, dass du dahintersteckst, du verfluchter Zigeuner! Aber ich habe lange gebraucht, bis ich rausgefunden habe, was du mir gestohlen hast.«
»Ich habe nichts gestohlen«, widersprach Tom, und er wusste, dass er recht hatte. Im Gegenteil, es war der Alte gewesen, der ihm die Münze weggenommen hatte.
»Du hast dieses Medaillon, oder was es war, geklaut. Ich hatte schon gar nicht mehr daran gedacht, aber heute ist es mir wieder eingefallen. Was ist es, he? Ist es wertvoll? Willst du es zu deinesgleichen bringen und verhökern?«
Der Alte ließ Tom endlich los und baute sich so nah vor ihm auf, dass Tom den säuerlichen Schweißgeruch und das Bier in seinem Atem riechen konnte.
»Ich weiß nicht, was es war. Ich hab’s doch nur im Garten gefunden.«
»Du hast es irgendwo geklaut und dachtest, du könntest es mir auch klauen. Rück es raus, du Bastard, oder es setzt was!«
»Ich bin kein Bastard«, brüllte Tom, und für einen Moment, nur einen winzigen Augenblick, wich der Alte vor ihm zurück. Dann fing er sich wieder und schlug zu. Diesmal sah Tom den Schlag kommen. Er drehte sich mit, und es war nicht so schlimm wie beim ersten Mal. Dennoch klatschte die Hand auf seine Wange, und es schmerzte. Der Alte hörte nicht auf, sondern schlug wieder zu und wieder und wieder. Tom riss den freien Arm hoch, um sein Gesicht zu schützen, aber die Schläge trafen seinen Kopf und seinen Nacken, bis der Alte schwer atmend innehielt.
»Du bist ein Bastard«, sagte er kalt. »Niemand wollte dich. Nicht mal deine eigene Sippe, Zigeunerkind.«
In Tom stieg eine Wut auf, die mit einem Mal jede Angst vor dem Alten verdrängte. Er richtete sich auf, hielt den Kopf hocherhoben und blickte ihm direkt in die Augen. So standen sie sich gegenüber, und Tom konnte nicht sagen, wie lange. Er wusste auch nicht, was er tun würde, falls der Alte noch einmal zuschlug.
»Geh auf dein Zimmer«, brachte der Alte endlich mit heiserer Stimme hervor. »Du hast Stubenarrest, bis du mir sagst, wo du es versteckt hast. Ich melde dich gleich in der Schule krank, und du bleibst oben. Wenn ich dich hier
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