Smart Magic
älterer Mann mit einem Walross-Schnauzer in einem uniformähnlichen Anzug sah ihn streng an. »Zumindest nicht für dich.«
»Oh, Entschuldigung, ich dachte, das wäre Teil der Ausstellung.« Tom legte so viel Zucker in seine Worte, wie er konnte. »Ist ja alles total spannend hier.«
Die Miene des Mannes wurde etwas weicher. Kunst- und geschichtsinteressierte Jugendliche waren ihm wohl gleich weniger unsympathisch.
»Dahinter sind nur alte Lagerräume. Die wichtigen Ausstellungsstücke sind hier.«
»Danke, dann weiß ich Bescheid«, erwiderte Tom wahrheitsgemäß und lächelte freundlich. Der Mann nickte ihm noch einmal zu, sein Mund verzog sich unter seinem buschigen Schnurrbart zu etwas, was möglicherweise ebenfalls ein Lächeln sein sollte, dann ging er zu der Tür und steckte einen Schlüssel in das Schloss.
Tom trat einen Schritt zur Seite, so als ob ihn das gar nicht interessieren würde, und fixierte die Büste vor seiner Nase, als hinge sein Leben davon ab, sie genauestens zu studieren. Seine Hand glitt in seine Hosentasche, wo er die zusammengefaltete Skizze der Münze verstaut hatte. Eigentlich hatte sein Plan vorgesehen, sich bei jemandem nach der Münze zu erkundigen, indem er die Zeichnung vorzeigte.
Der Museumswächter ging durch die Tür, die langsam hinter ihm zufiel.
Schnell sah Tom sich um; er war allein im Raum.
Im allerletzten Moment sprang er vor und schob das gefaltete Blatt zwischen Tür und Rahmen, genau dort, wo das Schloss saß. Er hielt den Atem an, als das Papier knirschte, zog es ein winziges Stück zurück und lehnte sich gegen die Tür, damit sie von innen wie geschlossen wirkte.
Jetzt konnte er nur noch hoffen, dass das Walross keinen Verdacht geschöpft hatte.
Kein Abschied
Kein Abschied
Die Tage vergingen, und da Matani keine Möglichkeit hatte, sie sinnvoll auszufüllen, überließ sie sich mehr und mehr dem Halbdämmer, das die Hütte und ihre Bewohner einhüllte. In der Zeit zwischen den Mahlzeiten, wenn sie keine Pläne mit dem jungen Troll schmieden konnte, träumte sie oft einfach vor sich hin. Sie dachte an ihren Vater und ihre Mutter, an das Heimzelt ihrer Familie, an die Begrah, an den offenen, endlosen Himmel, blau über dem Gold des Gräsermeers.
Matani wurde von einem hellroten, pulsierenden Leuchten aus ihren Tagträumen gerissen. Das ganze Innere der Hütte war in dieses zuckende Licht getaucht, das aus dem Nichts zu kommen schien.
»Was ist das?«, keuchte sie entsetzt. Sie fuhr hoch und lauschte angestrengt.
Nevek richtete sich neben ihr auf. »Sie zaubern! Sie zaubern wieder!«
In die sonst so lethargischen Gefangenen kam Unruhe. Einige begannen zu weinen, andere stießen verzweifelte Rufe aus, und zwei nahmen ihre letzten Kräfte zusammen, wankten zur Tür und schlugen wütend mit den Fäusten dagegen.
»Steh nicht auf«, riet Nevek Matani. »Schließ die Augen. Versuch, nicht daran zu denken.«
Alarmiert blickte Matani sich um. Innerhalb von wenigen Herzschlägen hatte sich die Atmosphäre in der Hütte, über der zuvor eine nahezu unnatürliche Ruhe gelegen hatte, vollkommen verändert. Die Schreie, das Schluchzen, das donnernde Hämmern bildeten nun zusammen einen beinahe unerträglichen Lärm, während das übernatürliche Licht immer schneller pulsierte, bis es fast zu einem Flackern wurde.
Nur Dagu neben ihr reagierte nicht auf den Lärm und das Licht. Er lag zusammengerollt da, die Arme um die Beine geschlungen, den Kopf eingezogen, und wirkte dabei vollkommen teilnahmslos.
Matani kam Neveks Ratschlag nach. Sie ließ sich zurücksinken und lehnte sich mit dem Rücken an die Wand. Ihre Hände fuhren über den Boden, und sie wünschte sich nichts sehnlicher, als die Kraft der Erde zu spüren, sie durch sich hindurchfließen zu lassen und zu laufen. Weit fort von diesem Ort, fort von dem Zauber und den grausamen Absichten der Schwarzen Herren. Aber da war nichts als Holz. Sie war zu weit vom Erdboden entfernt, und es gab keinen beruhigenden Strom uralter Macht, der durch ihren Körper hätte fließen und ihn mit neuer Kraft hätte füllen können.
Stattdessen fuhr unvermittelt ein eiskalter Schmerz durch ihren ganzen Leib. Es kam so überraschend, dass sie ein Stöhnen nicht unterdrücken konnte. Um sie herum wurden die Schreie lauter, und das Heulen wurde durchdringender.
Dann verebbte der Schmerz, aber ein furchtbares Gefühl des Verlusts blieb zurück, das ihr die Kraft aus den Gliedmaßen saugte. Sie keuchte und hörte Dagu leise
Weitere Kostenlose Bücher